Schlagwort: Familiendrama

Die Frau des Serienkillers, Alice Hunter

Ziemlich starker Tobak dieser Thriller. Aber so ist es wohl, wenn sich ein Familienidyll, mit Cottage auf dem Land, einer wunderbar süßen Dreijährigen und einem kleinen Café in dem die Kekse duften und man dazu noch Keramikbemalung angeboten bekommt, plötzlich in Luft auflöst. Eigentlich ist es schlimmer als eine Auflösung, denn auf dieses Leben fällt eine Atombombe, als der geliebte, gut aussehende und liebevolle Ehemann nicht nach Hause kommt. Stattdessen stehen zwei Kriminalbeamte in Beth Küche und fragen nach ihrem Mann, ohne weitere Erklärungen abzugeben. Als Tom dann viel später am Abend nach Hause kommt, nimmt man ihn gleich mit auf Revier. Beth ahnt nicht, dass sie nie wieder die Chance hat, mit ihm alleine zu reden. Denn schon am anderen Tag landet ohne Kaution in der Untersuchungshaft. Es geht um Mord und für Beth und ihre kleine Poppy bricht die Welt zusammen. Ihr Mann soll ein perfider Mörder sein! Solch eine Neuigkeit macht sich nicht gut in einem kleinen Dorf der Provinz und so beginnt die Hexenjagd nicht nur für Tom. Plötzlich wird getuschelt, die Presse hetzt die junge Mutter und auch den Müttern aus der Kita ist nicht zu trauen. Beth ist am Ende, bis Adam, ein Mann und Vater, der erst kürzlich auf tragische Weise seine geliebte Frau verlor, ihr eine helfende Hand reicht. Vielleicht eine fatale Entscheidung?

Ein spannender Thriller der das Idyll vielleicht ein bisschen zu sehr in Szene setzt und mit den überkandidelten Müttern manchmal an Desperate Housewives erinnert. Doch die Story hat es in sich. Vor allem am Ende, wenn alles auf den Tisch kommt. Definitiv lesenswert mit unerwarteten und heftigen Wendungen. Auch wenn mir die Mischung von, auf der einen Seite zu viel Friede, Freude Eierkuchen im Vorstadtidyll und auf der anderen Seite plötzlich knallharter Thriller an dem Hannibal Lektor Freude hätte, mittlerweile eine Nuance zu hart ist. Aber ich bin sicher, der Thriller findet seine Liebhaber.

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Spiegelberg, Christoph Gasser

Christof Gasser schafft es in seinen Krimis immer wieder, den Nichtschweizern unter uns, die rosarote Brille abzunehmen. Dass in dem kleinen so sauberen Land mit den idyllischen Bergen und seinem Käsefondue längst nicht alles im eidgenössischen Einklang harmoniert, wird einem bei seinen Geschichten schnell klar. Ob Prostitution von jungen Mädchen, mafiöse Clans oder korrupte Politiker, das Land, welches in etwa mit Niedersachsen an Fläche und Einwohnerzahl zu vergleichen ist, hat, was Kriminalität angeht, einiges im petto. Doch anders als bei seinen Solothurn Krimis bringt der Autor in seinem Standalone ›Spiegelberg‹ zusätzlich interessante Schweizer Nachkriegsgeschichte mit ins Spiel. Er beleuchtet die Jurafrage, die mit der Moeckli-Affäre 1947 den Stein des Anstoßes bildete und über viele Jahrzehnte bis zur endgültigen Abstimmung 2017 immer wieder zu Straßenschlachten führte. So siedelt der Autor einen seiner Hauptprotagonisten Gérard Murival genau in die Separatisten Szene des Jurabogens an. Durch einen Mord wird sein Leben zur ewigen Flucht, obwohl er der Erbe eines Millionen schweren Unternehmens werden sollte. Und seiner Tochter Camille erging es nicht besser.

Definitiv sind die Kriminalromane von Christof Gasser nicht nur spannend, sie sind genau wie die Solothurn-Krimis immer unglaublich klug, fundiert und sehr, sehr unterhaltend. Für mich liegt es daran, dass sie unglaublich real sind und nicht wie erfundene Geschichten wirken. Egal ob ein Standalone wie Spiegelberg oder die Solothurn-Reihe, ich liebe diese Schweizer Kriminalromane von Herrn Gasser.

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Die vergessenen Kinder, Emily Gunnis

Die vergessenen Kinder ist ein typischer Sonntagsnachmittagskrimi. Ganz spannend, nett zu lesen, etwas zu lang und nicht immer ganz logisch. Dennoch war ich überrascht bei einigen Wendungen und hatte den Mörder eigentlich nicht auf dem Schirm. Daher kann ich das Buch guten Gewissens empfehlen, wenn man Val McDermind oder Elisabeth George nicht zur Messlatte macht.

Jo Hamilton hat nur noch eine Woche zur Pensionierung, als eine sehr alte Leiche gefunden wird. Von Anfang an hat Jo das Gefühl, es handelt sich um die vermisste Holly Moore, die vor Jahrzehnten verschwand. Die Polizistin in ihr ist nicht nur versessen darauf, den Mord aufzuklären, sie hat auch das Gefühl es Molly und ihrer Schwester Daisy schuldig zu sein. Denn es war Jo, die damals zu einem Fall von häuslicher Gewalt zur Familie Moore gerufen wurde. Und sie gibt sich immer noch die Schuld daran, dass die Mutter von den beiden Mädchen damals umkam. Wie eng das Schicksal der beiden Mädchen jedoch mit Jos eigener Familie verwoben ist, kann sie nicht ahnen.

Nicht der beste, nicht der schlechteste Krimi, wobei die Idee wirklich super war, nur die Umsetzung hätte besser sein können.

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Die Quellen, Marie-Hélène Lafon

Die unglaublichen Stärken von Madame Lafons Literatur sind ihr einmaliger Erzählstil und das sie einfach weiß, wovon sie spricht. Ob sie in ihrer Kindheit im Cantal in der Auvergne einfach nur eine gute Beobachterin war oder ob es ihr so ging, wie einer der Kinder in diesem Buch, werden wir nicht erfahren. Doch sie beschreibt die Einsamkeit, Not, Bedrohung und Verzweiflung ihrer Protagonisten mit solch berührenden Worten, die ganz nebenbei fallen, als wäre sie in jeder Sekunde dabei gewesen. Genau wie das Buch Die Annonce und auch Die Geschichte des Sohns sind Die Quellen wieder atemraubend. Ihre Bücher kann man nicht zur Seite legen, keines das ich bisher besprochen habe. Erst wenn die letzte Seite gelesen ist, klappe ich es zu.

Die Quellen erzählen zwei Tage, den 10. und 11.Juli 1967 einer Bauersfrau mit drei Kindern und einem gewalttätigen Mann. Dann erfahren wir die Gedanken vom 19.Mai 1974 des Bauern und am Ende, am 28. Oktober 2021 kommt Claire die Tochter zu Wort. Vier Tage in einem Leben, die ein Leben beschreiben und sowohl Melancholie aber auch Hoffnung hinterlassen. Hoffnung darauf, dass wir die Leser, uns nie zu Gefangenen von Verpflichtungen machen und dabei vergessen zu leben. Chapeau Madame Lafon!

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Yaniv Iczkovits: Fannys Rache

Yaniv Iczkovits Roman ist wie das pralle Leben und ihn auf ein Genre zu reduzieren, würde diesem Werk nicht gerecht werden. Sicher, es ist ein Historienroman, immerhin spielt er im 19. Jahrhundert. Iczkovits ist sogar präzise: die Geschichte beginnt am 8.2.1894, es ist ein Freitag, und ist in 12 Teile gegliedert mit Angabe des genauen Datums. Die Geschichte ist also im zaristischen Russland Nikolai I. angesiedelt. Die jüdische Bevölkerung leidet unter Diskriminierung und Ausgrenzung und die gesamte Bevölkerung unter Ausbeutung, Denunzierung und den Schergen des Zaren – den Agenten der Ochrana, der Geheimpolizei. Da hätten wir dann den Agententhriller. Sie halten die Menschen in Schach, vermuten hinter jedem Baum einen Spitzel oder Attentäter Weiterlesen

Sadie Jones: Die Skrupellosen

Die Skrupellosen stellt ernsthafte Fragen über die menschliche Natur, Geiz und Gerechtigkeit, gehüllt in die rasanten Rhythmen eines Thrillers. Sadie Jones hat die Geschichte mit einer Art Sparsamkeit und einem großen Augenmerk auf die Nuancen familiärer Grausamkeit geschrieben. Bea, die entschlossen ist, dass Erbe ihrer Eltern abzulehnen und durch bedeutungsvolle private Aktionen Unrecht ihrer Eltern wiedergutzumachen, ist das moralische Zentrum des Romans, was sich im Spitznamen ihres Vaters für sie widerspiegelt: St. Beatrice. Jones schenkt ihr sogar „ein kleines Flammen-Tattoo im Nacken“, das sie sich an ihrem 18. Geburtstag „für Dantes Beatrice“ angeeignet hat. Dan sieht Bea als „sein führendes Licht“, das dazu bestimmt ist, ihn zu einem besseren Leben zu führen. Aber kann sie? Alex hat bereits versucht, seine alte Haut Weiterlesen

Joanna Quinn: Das Theater am Strand

Joanna Quinn gehört zu den Menschen, die den Lockdown nutzten und endlich das taten, was sie schon immer machen wollten. Die Journalistin schrieb ihren ersten Roman. Und was für ein Debüt! Am Ende der 720 Seiten hatte ich das Gefühl, Jahre mit dieser lebhaften, fiktiven Familie verbracht zu haben. Dank der umfangreichen, guten Recherchen von Ms. Quinn ist die Geschichte reich an beschreibenden Passagen und Elementen, Authentizität und Bildhaftigkeit. Der Abschnitt über das Erwachsenwerden, die Schmerzen und der Prunk der Kindheit auf dem englischen Landgut ist eindringlich und kenntnisreich. Schillernd zeigt die Autorin die seltsame, einfallsreiche Magie auf, die von einer Gruppe von Kindern heraufbeschworen werden kann, wenn sie von selbstsüchtigen Erwachsenen vernachlässigt werden. Beaufsichtigt von einer vagen französischen Gouvernante bilden sie sich mit Büchern weiter, die aus dem Arbeitszimmer gestohlen wurden. Weiterlesen

Die dunkle Stille des Waldes, Nalini Singh

Aufgewachsen im modernen Neuseeland, aber in einer Art reicher Enklave von Indern, Asiaten und Multimillionären, war Aaravs Kindheit nicht einfach. Vor allem aber begleiten die bitteren Streits zwischen seinem eiskalten Vater und seiner zu schönen, aufreizenden Mutter den Jungen während seiner Kindheit. Bis zu dem Abend, als er den Schrei hörte, ihren Jaguar wegfahren sieht und seine Mutter nie wiederkommt. Da eine Viertelmillion in Vaters Safe fehlen unterstellt dieser, dass die Schlampe, wie er seine Frau nennt, sich abgesetzt hat. Zehn Jahre später ist aus dem Jungen ein Mann und dazu erfolgreicher Schriftsteller geworden. Ein böser Autounfall zwingt ihn wieder in sein Elternhaus in die Cul-de-Sac zu ziehen, umgeben von Jugenderinnerungen und den Menschen, die seine Mutter Nina alle kannten. Dann steht die Polizei vor der Tür. Man fand Ninas Jaguar im Busch, keine fünf Kilometer vom Haus entfernt und ihre Leiche auf dem Beifahrersitz.

Aarav glaubt fest an einen Mord und will den Mörder finden. Denn es war keine Gelegenheitstat und es scheint, nicht nur sein Vater hatte genug Motive Nina zu töten. Doch Aaravs Kopfverletzung trübt seine Wahrnehmung immer mehr. Kann es wirklich sein, dass er selbst seine Mutter tötete? Weiterlesen

Film: Miniserie, Der Palast

Das doppelte Lottchen zwischen Ost und West. Junge Unternehmerfrau aus dem Westen trifft in Ostberlin durch Zufall ihre Doppelgängerin. Und das bei einer Tanzshow im Friedrichstadt-Palast. Die beiden Zwillingsschwestern hatte nie eine Ahnung davon, dass es sie gibt. Denn über die dramatischen Familienereignisse kurz vor dem Mauerbau wurde auf beiden Seiten das Tuch des Schweigens gebettet. Natürlich reisen die beiden jetzt unter falscher Identität hin und her, um Vater im Westen und Mutter im Osten kennenzulernen. Nichts Neues und als Miniserie Schulz & Schulz mit Götz George wesentlich witziger verfilmt. Auch hat es nichts mit dem Realdrama Weissensee zu tun, das mit den Stasi-Methoden in der DDR kurzen Prozess machte.

Aber der Palast ist nette Unterhaltung, eine Mischung aus Familien und Tanzfilm, bei dem man keine Angst haben muss, dass die Bösen gewinnen.

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Film: Igby goes down, Nichts ist verrückter als der Rest der WElt, DVD und Blu-Ray

Auf Geld und Status pfeift Igby, solange er nicht endet wie seine Familie. Der Vater schizophren und in eine Anstalt abgeschoben, die Mutter eine kaltherzige, von Pillen abhängige High Society Lady, der Patenonkel ein skrupelloser Immobilienhai und sein angepasster Trendsetter Bruder, ein schöner Fiesling. Igby passt da nicht rein, weder in die Eliteschulen, Internate und auch nicht auf die Militärakademie, von denen er reihenweise fliegt. Er will ein anderes, sinnvolles Leben mit Gefühlen.

Der Film trifft den Nerv des damaligen Lebensstils, der schönen und reichen New Yorker. Und dem ewigen Kampf eines jungen Erwachsenen auf der Suche nach sich selbst.

Prima Unterhaltung mit hochkarätigen Schauspielern und völlig kuriosen fast absurden Wendungen. Dabei jedoch so lebensecht.

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