Schlagwort: Historienroman

Yaniv Iczkovits: Fannys Rache

Yaniv Iczkovits Roman ist wie das pralle Leben und ihn auf ein Genre zu reduzieren, würde diesem Werk nicht gerecht werden. Sicher, es ist ein Historienroman, immerhin spielt er im 19. Jahrhundert. Iczkovits ist sogar präzise: die Geschichte beginnt am 8.2.1894, es ist ein Freitag, und ist in 12 Teile gegliedert mit Angabe des genauen Datums. Die Geschichte ist also im zaristischen Russland Nikolai I. angesiedelt. Die jüdische Bevölkerung leidet unter Diskriminierung und Ausgrenzung und die gesamte Bevölkerung unter Ausbeutung, Denunzierung und den Schergen des Zaren – den Agenten der Ochrana, der Geheimpolizei. Da hätten wir dann den Agententhriller. Sie halten die Menschen in Schach, vermuten hinter jedem Baum einen Spitzel oder Attentäter Weiterlesen

Simone Meier: Die Entflammten

Hat sich Simone Meier in ihren voran veröffentlichten Romanen im hier und heute bewegt, greift sie in ihrem heute erschienenen Roman „Die Entflammten“ die historische Lebensgeschichte der Jo van Gogh-Bonger auf. Sie verwebt – auf unterschiedlichen Erzähl- und Zeitebenen – die fiktive Familiengeschichte der Ich-Erzählerin Gina, Studentin der Kunstgeschichte mit schriftstellerischen Ambitionen mit der realen Geschichte von Vincent van Goghs Schwägerin, die mit Vincents jüngerem Bruder Theo verheiratet ist. Sehr schnell wird klar: hinter jedem Mann – ob erfolglos, depressiv, oder mit Syphilis infiziert – steht eine starke Frau! Ginas Mutter ermutigt und unterstützt ihren Mann darin, ein Buch zu schreiben und finanziert mit ihrer Arbeit den Weiterlesen

Markus Gasser: Lil

Ich kann nur staunen, was Markus Gasser alles in rund 240 Seiten zu packen vermag. Ein wahrer Künstler des Komprimierens. Es wimmelt nur so von Figuren und Nebenfiguren, Gedanken, Ideen, Geschichten und Nebengeschichten, dass ich mich zeitweise wie auf der Achterbahn fühle. Innerhalb von drei Seiten weiß ich, dass die Ich-Erzählerin Sarah aufgrund einer Krebs-OP und der damit einhergehenden Strahlentherapie von ihrem Job als Journalistin des Wall Street Journals beurlaubt wurde und sie die Ur-ur-ur-urgroßenkelin der Titelgebenden Protagonistin Lil (Lilian Cutting) ist. Gasser erzählt seine Geschichte nicht chronologisch, sondern springt munter von einer Zeitebene in die andere – vom Krankenbett im hier und heute ins New York Weiterlesen

Àlvaro Enrigue: Von Königreichen hast du geträumt

Álvaro Enrigues Geschichte um das Treffen der Protagonisten Moctezuma, Azteken Herrscher und Hernán Cortés, spanischer Eroberer in der aztekischen, schwimmenden Hauptstadt Tenoxtitlán im Jahre 1519, ist eine Hommage an die Möglichkeiten der Erzählung: dessen, was ist, was es war, es hätte sein können, muss gewesen sein oder sonst noch was. Es ist ein außergewöhnlicher Roman, der in Mysterien, Gewalt, Machtgefühl und Träume gehüllt ist. Enrigue nimmt sich seiner Geschichte mit der Inspiration eines alten Schamanen, als unerschütterlicher Schöpfer an, statt sich den historischen  Beweisen der Vergangenheit zu beugen. Und man kann sich gut vorstellen, dass der Autor viel Spaß beim Schreiben jeder einzelnen Seite hatte. Es strotzt nur so von lebendigen Details Weiterlesen

Robert Harris: Königsmörder

Der Autor lässt die Zeit um 1660 in England und Amerika für die geneigte Leserschaft auferstehen. Er schildert die gnadenlose Verfolgungsjagt König Karl II auf die „Mörder“ seines Vorgängers Karl I. Dieser wurde von Oliver Cromwells Männern verurteilt und hingerichtet nachdem vorher ein blutiger Bürgerkrieg losgetreten wurde. Die fanatischen Verfolger sind den 50 Unterzeichnern des Todesurteils in Europa und Amerika auf den Fersen. Die Lebensumstände der handelnden Menschen werden authentisch widergegeben. Der Kampf gegen die Natur und die Indianer sowie der innere Kampf der religiösen Eiferer wird ausgiebig geschildert. Blutig sind auch die Schilderungen der Hinrichtungen der Richter und Unterzeichner des Todesurteils. Weiterlesen

Rebecca Gablé: DRACHENBANNER, Ein Waringham-Roman

Um es einmal ganz flapsig zu sagen: die Frau Gablé hat‘s einfach drauf. Ihre Bücher die die Fangemeinden nunmehr mit Bd. 7 enthusiastisch begrüßt haben, sind einfach in ihrer Erzählweise stimmig. Sie flicht die romanhafte Erzählung in den tatsächlichen historischen, der tatsächlich sehr verwirrend ist, Kontext so ein, dass es eine runde und spannende Geschichte wird. Dabei lernen wir, dass dieses Mittelalter keine romantische Angelegenheit war, sondern eine blutige von Hunger und Rechtlosigkeit geprägte Zeit. Auf der anderen Seite sehen wir die Fürsten und Könige seinerzeit gefeiert und ihre Marotten ausgelebt haben. Die Engländer hatten mit ihrer Magna Charta eigentlich die erste demokratische Basis für ein Parlament geschaffen das dann aber durch den König zurückgenommen wurde. Die Autorin schafft es uns diese Zeit des Umbruchs mit allen Höhen und Tiefen nachvollziehbar und manchmal sehr drastisch vor Augen zu führen. Weiterlesen

Die Buchhändlerin, Ines Thorn

Gendermäßig würde ich als eine männliche Person bezeichnet. Lese ich jetzt ein Frauenbuch? Was ist überhaupt ein Frauenbuch? Bücher in denen die Geschichte sich um Frauen und mit Frauen dreht?  Sind Biografien über Frauen Frauenbücher? Dürfen Männer Frauenbücher lesen? Oder ist es gerade gut, wenn jetzt emanzipierte Männer Bücher von emanzipierten Frauen lesen?

Ich habe jedenfalls mit Freude den neusten Roman von Ines Thorn „Die Buchhändlerin“ gelesen. Eine Geschichte über den Werdegang und den Wünschen einer jungen Frau vom Ende des Nationalsozialismus bis in die fünfziger Jahre. Und am Ende war ich enttäuscht, nicht über das Buch, das ist großartig, nein, dass es zu Ende war. SCHADE!

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