Die 75. Frankfurter Buchmesse ist zu Ende gegangen. Ein positives Fazit: Das Interesse an Büchern ist ungebrochen, und zwar bei Jung und Alt. Mein Kollege Stephan Schwammel und ich haben uns wie so viele andere in das Getümmel gestürzt und sind begeistert von der Stimmung und dem Angebot. Während Stephan Schwammel sich bei den renommierten, großen Verlagen umgesehen hat und mit vielen Rezensionsexemplaren zurückkam und wir uns schon jetzt auf die Buchvorstellungen freuen können, habe ich mich bei den „kleinen“, spezialisierten Verlagen und den Indie Verlagen umgesehen. Weiterlesen
Schlagwort: Frankfurt
Michel Bergmann: Der Rabbi und der Kommissar: Du sollst nicht begehren
Nun da auch in Frankfurt das Judentum eine Jahrhundertealte Tradition hat, gibt es einen pfiffigen Rabbi als Ermittler in seinen jüdischen Kreisen. Als nichtjüdische Leserinnen und Leser lernen wir hier aus dem spannenden Kriminalroman eine ganze Menge über jüdische Gepflogenheiten. Überrascht stellt man fest, dass viele Ausdrücke in der Umgangssprache aus dem jüdischen stammen. Der Autor baut viele zeitlich nahe Ereignisse in seinem Roman ein. Wenn sich Juden jüdische Witze erzählen, wie dies in diesem geschieht, ist das besonders lustig.
Susanne Popp: Der Weg der Teehändlerin
Um es vorwegzunehmen: man muss den ersten Teil dieser Familiensaga um die Tee-Dynastie Ronnefeldt nicht gelesen haben, um den letzt erschienenen zweiten Teil zu verstehen. Aber es wäre schade. Zum einen, weil der dritte Band für das Frühjahr 2023 angekündigt ist. Zum anderen, weil es sich bei Susanne Popps Geschichte um eine mitreißende, flott geschriebene Geschichte im Frankfurt des 19. Jahrhundert handelt. Und was die Geschichte noch spannender macht ist, dass das Teehaus Ronnefeldt heute noch existiert. Der Autorin ist es wunderbar gelungen, Dichtung und Wahrheit zu einer stimmigen Geschichte zu verweben. Dank der ausführlichen Recherche und den daraus resultierenden Schilderungen gelingt es der Autorin, Weiterlesen
Andreas Pflüger: Ritchie Girl
Wieder einmal ist es Andreas Pflüger gelungen einen Roman vorzulegen der in vielfacher Hinsicht besticht. Zum einen hat der Autor eine Unmenge an Daten und Fakten recherchiert und sie in einen Kontext gebracht der für viele eine Überraschung sein wird. Zum andern lässt er uns einen Blick auf ein Deutschland und besonders auf ein Frankfurt am Main und Umgebung werfen der uns in der heutigen schnelllebigen Zeit vielleicht ein Stück innehalten lässt. Auf dem Cover Bild des Buches ist das IG Farbenhaus, das die Universität Frankfurt heute beheimatet, zu sehen. Die IG Farben waren seinerzeit, vor dem Krieg, eng mit anderen multinationalen Firmen verflochten. Geschäfte wurden vor und während des Krieges gemacht. Dabei wurde die Partei der Nationalsozialisten großzügig unterstützt und das Deutsche Reich mit Milliarden gestützt. Diese Verflechtungen und der Vernichtung jüdischen Lebens in Deutschland und in eroberten Gebieten nehmen breiten Raum in diesem Roman ein. Er zeigt ein intensives Bild von außen auf die Jahre 1943-1948 in Deutschland, dass man so selten findet. Weiterlesen
Uli Ächtner, Dieter Aurras, Eric Barnert, Franziska Franz, David Frogier de Ponlevoy, Christiane Geldmacher, Markus Hoffmann, Ivonne Keller, Michael Kibler, Ralf Köbler, Bernd Köstering, Richard Lifka, Andreas Roß, Andreas Schäfer, Roger Strub, Leif Tewes, Ella Theiss, Belinda Vogt, Fenna Williams: Banken, Bembel und Banditen, Mord in Rhein-Main
Die Metropole Rhein-Main ist nicht nur wirtschaftlich sehr stark, sie hat auch in ihrem Dunstkreis schreibstarke Kriminalautoren und Autorinnen. Immer wenn wir Krimis in Kurzgeschichten lesen, sind wir erstaunt, vielfältig und überraschend kurzweilig verschiedenen Autoren ihre Geschichten erzählen. Die Autorinnen und Autoren wissen selbst, wo es Hotspots ihrer Gegend gibt. Wer diese Autoren und Autorinnen sind, wird hin im Anhang ausführlich beschrieben. Dass die jeweilige Autorin oder Autor einen einsamen Krimi abgeliefert haben, ist nicht der Fall. Viele Autorinnen und Autoren sind der Redaktion von anderen Büchern wohlbekannt. Dieses Buch macht Lust sich über die 19 vorgestellten Werke mit den jeweils anderen Büchern der Autoren zu beschäftigen. Das Rhein-Main-Gebiet von seiner kriminellen Seite. Weiterlesen
Harald Lüders: Lass Gott aus dem Spiel, Mitch Bergers dritter Fall
Wenn Geld, Religion und politische Ränke zusammen kommen ist das ein hochexplosives Gemisch. Dieses Gemisch schildert uns der Autor unter Hochspannung. Das Frankfurter Bahnhofsviertel als Schauplatz dieser Aktivitäten ist geradezu ideal. Der Investitionsdruck vom benachbarten Bankenviertel, die Rotlichtkriminalität mit den benachbarten Hinterhofmoscheen und der politische Einfluss der Amerikaner in Frankfurt als ehemaliges Hauptquartier der 5. Armee ist überall brennglasmäßig zu sehen oder zu spüren. Der Hauptdarsteller ist ein neugieriger Journalist und ihn trifft des Amors Pfeil was ihn verwundbar macht. Klasse geschrieben, gut recherchiert ein echter Pageturner. Weiterlesen
Jürgen Heimbach: Die Rote Hand
Frankfurt 1959, in dieser noch vom Krieg zerstörten Stadt, tummeln sich Kriegsgewinnler Geheimdienste und andere üble Gestalten. Einen Bombenanschlag auf einen Waffenhändler in Frankfurt nimmt der Autor zum Anlass, daraus eine auf Tatsachen beruhende spannende Geschichte zu schreiben. Die rote Hand hat tatsächlich existiert. Es war der Deckname des französischen Geheimdienstes, der in Deutschland Waffenschieber und Waffenhändler bedroht hat, die Waffen an die algerische Widerstandsbewegung geliefert haben. Eine spannende Geschichte die in einer Atmosphäre spielt, die jeder der in Frankfurt einmal gelebt hat, nachvollziehen kann. Weiterlesen
Jan Seghers: Menschenfischer
Mit seinem Kommissar Marthaler hat Jan Seghers einen festen Platz unter den Krimibestenlisten. Er erzählt flüssig und spannend. Diesmal hat er den Aufsehen erregenden Fall des Timo Aus Frankfurt – Höchst zugrunde gelegt. Im Gegensatz zum tatsächlichen Fall löst Marthaler diesen. Zu diesen Fall verzweigen sich aber Handlungen zu anderen Fällen die sich in Frankfurt und Frankreich abspielen und die genau so spektakulär sind. Krimiunterhaltung auf gewohnt hohem Niveau. Weiterlesen
Dieter Aurass: Frankfurter Schattenjagd
Ein was wäre wenn, Roman. Was wäre, wenn es 1989 nicht nur in Tschernobyl zu einer Reaktorkatastrophe gekommen und es in 200 ähnlichen Reaktoren in China Japan, Korea, Indien und Pakistan zu einem Super GAU gekommen wäre. Aurass setzt fiktiv eine riesige Völkerwanderung nach Europa in Bewegung. Die Folgen beschreibt er intensiv. Dabei macht er Frankfurt zur Europäischen Hauptstadt und setzt eine internationale Polizeitruppe ein, um verbrecherische Organisationen, die natürlich mit eingewandert sind, zu bekämpfen. Interessante Gedankenspiele die auch die heutige Situation der Einwanderung beleuchten. Kriminalromane, zumal spannende, wie dieser, decken auch diese Themen ab. Weiterlesen
Ursula Neeb: Die Siechenmagd, Historischer Roman
Ein Roman, der Frankfurt aus der Perspektive der Unberührbaren zeigt. Genau so, wie im heutigen Indien, gab es im Frankfurt um 1500 eine Kaste der Unberührbaren. Das war der Henker und der Abdecker mit deren Familien. Die Autorin befasst sich mit der Situation der Leprakranken und deren Pflege. In den Mittelpunkt stellt sie eine junge Frau, die in diese Kaste der Abdecker hineingeboren wird und die keine Chance auf Veränderung hat. Auch das Gerichtswesen sowie die Ungleichbehandlung zu dieser Zeit, lässt die Autorin sehr drastisch vor den Augen der Leserschaft entstehen.