Alle Artikel von Elke Rossmann

Die verschwundenen Mädchen von Monte Argento, Emanuela Valentini

Über zwanzig Jahre ist es her, das Saras dem Haus ihrer Oma im Bergdorf der Apenninen den Rücken kehrte. Sie verließ die Welt des Aberglaubens, um Medizin zu studieren und den schlimmsten Vorfall ihrer Kindheit zu vergessen. Den Tag, als ihre beste Freundin Claudia verschwand. Das kleine Mädchen tauchte nie wieder auf, bis man ausgerechnet bei Bauarbeiten am Fluss ihre Überreste findet. Jetzt weiß Sara, dass sie nicht länger fortlaufen kann, sie muss ihre Mitschuld an Claudias Verschwinden bezahlen, indem sie Rebecca findet. Die Kleine die nur Stunden nach Claudias Beerdigung verschwand.

Monte Argento ist nicht nur ein spannender Kriminalroman, er taucht auch ein in die zum Teil mystische Welt alter Bergdörfer und ihrer Bewohner. Wo das Kräuterhexlein und die Heilerin vor hundert Jahren dort noch ein Segen waren, um die abgeschiedene Bevölkerung irgendwie medizinisch zu versorgen, so sind diese wissenden Frauen mittlerweile fast ausgestorben. Oder etwa nicht? Weiterlesen

Ist Oma noch zu retten?, Marie Hüttner, Kinderbuch ab 10 Jahre

Eine prima Krimigeschichte, die Kindern viel Spaß machen wird. Es ist so eine Art Emil und die Detektive nur modern, emanzipierter (tut mir leid Herr Kästner) und dabei auch sehr lustig.

Maria Hüttner berichtet von den Abenteuern, die Pia erlebt, als sie ihre richtig coole Großmutter in den Ferien besucht. Es fängt nämlich schon eigenartig an, als sie am Bahnhof wie bestellt und nicht abgeholt wartet. In Omas Haus muss Pia feststellen, dass der Kater Schnorrer schon lange nicht mehr gefüttert wurde, ein bereits vertrocknetes Brot auf dem Tisch steht und von Oma jegliche Spur fehlt. Eines ist jetzt klar: Irgendetwas Schlimmes ist mit Oma geschehen! Gut, dass es noch Pepe Caruso gibt, den Mann für alle Fälle, auch wenn er nur der Nachbarsjunge ist. Beide nehmen die Ermittlungen auf im Fall MOL: Mission Oma Lore!

Die Abenteuergeschichte kann es mit Emil und den Detektiven und auch dem Doppelten Lottchen aufnehmen kann. Ein spannendes Buch über eine gefährliche Suche nach der verschwundenen Oma. Für Kinder ab zehn Jahren sehr zu empfehlen.

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Das dunkle Lied der Toten, Ben Creed – Revol Rossel-Serie Teil II –

Revol Rossel war ein sehr begnadeter Violinist, bevor seine Familie den politischen Ränkespielen der Stalinisten in die Hände fiel. Und so fielen im wahrsten Sinne des Wortes seine eigenen Hände dem Folterer, Major Nikitin von der Staatssicherheit zum Opfer. Mit verkrüppelten Fingern war seine Leidenschaft, die Musik, vorbei. Rossel wurde Polizist und landete nach einem spektakulären Fall, den er mit Major Nikitin gegen den Chef des Geheimdienstes Beria führte, im Gulag. Dort geht es dem ehemaligen Leutnant der Miliz nur noch ums nackte Überleben. Revol ist dem Tod durch Verhungern, Erfrieren oder durch die  Wori-Mafia nah, als Oleg Nikitin plötzlich in der Gulaghölle auftaucht und ihn rausholen will. Auf seine Frage, warum er in den Gulag gekommen ist, sagte Nikitin: »Warum sollte ich dich wohl schon brauchen? Es ist jemand ermordet worden.«

Und wieder arbeitete beide, als Zweckgemeinschaft des Hasses miteinander, um einen Serienmörder 1953 in Leningrad auszuschalten. Dass ihre Ermittlung genau in das politische Wespennest aus Staatssicherheit, militärischem Geheimdienst und Genosse Stalin selbst, sticht, ist nicht erstaunlich. Wenn jemand wie Revol Rossel von der Leine gelassen wird, dann ist die Lage hochexplosiv. Weiterlesen

Kommst du mit zum Mond, Nicolás Schuff und Ana Sender, Kinderbuch ab 3 Jahre

Bei den spanischen Kinderbüchern fällt mir immer wieder auf, dass sie entweder richtig lehrreich sind für Kinder oder einfach nur wunderschön und zum Träumen einladen. Kommst du mit zum Mond ist fürs Träumen und Wohlfühlen gedacht. Denn es erzählt die Geschichte von Emilio, der in den Ferien seinen Opa besucht. Sein Opi ist ein ganz großartiger alter Mann. Er lebt in einem einsamen Haus in den Wäldern und kennt tolle Geschichten. Aber vor allem kann man mit Opa herrliche Abenteuer erleben, zum Beispiel den Mond besuchen.

 

Man verliebt sich sofort in die Illustrationen von Ana Sender. Die Geschichte hinterlässt selbst bei Erwachsenen ein Gefühl der Behaglichkeit und ein Lächeln auf den Lippen. Es ist ein Kinderbuch zum Ansehen und Vorlesen ab drei Jahre.

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Lügen über meine Mutter, Daniela Dröscher

Es ist ein berührendes, tief bewegendes Buch, über das ich noch lange nachdenken musste, nachdem es gelesen war.

Daniela Dröscher führt uns durch vier Jahre ihrer Kindheit, durch vier Jahre Ehe ihrer Eltern, die man als subtile Ehehölle bezeichnen sollte. Durch vier Jahre eines kaum auszuhaltenden Hunsrücker Landleben und dennoch durch Jahre einer relativ normalen Familie dieser Zeit. So leidet ihre Mutter, die nie mit Vornamen genannt wird unter ihrer Herkunft als Kriegsflüchtling aus Schlesien, unter ihrer Schwiegermutter, die sich was Besseres für den Sohn gewünscht hätte und vor allem unter ihrem Mann, der das Glück und den Frieden der Familie an jedem Gramm Körpergewicht seiner Frau festmacht. Und dennoch behält sich diese Frau, gefangen in familiären Konventionen und den gehassten Kilos immer ihren Blick für das Wesentliche. Den Mut jeden Tag für die zu kämpfen, sie sonst untergehen würden und weiter zu existieren, obwohl der Mensch in ihr, unter all den Fettpolstern nie gesehen wird.

Als Frau fand ich manche Erzählungen unerträglich und mich hielten die erklärenden Retrospektiven der Autorin nach jedem Kapitel über Wasser. Manches Mal störten mich die Anmerkungen der Autorin und mittlerweile erwachsenden Tochter. Doch ich konnte mir meine Meinung bilden und empfinde Respekt für die Mutter, die es viele Jahre aushielt, bis das letzte Kind alt genug war, um ihre persönliches Lebensinferno hinter sich zu lassen.

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Rabenkinder, Grit Poppe

Rabenkinder ist ein Krimi, wird sogar als ein Wende-Krimi bezeichnet. Damit spielt er um die Zeit des Mauerfalls und der Wiedervereinigung von BRD und DDR zu Deutschland. Die bedrückenden Erzählungen des zum Teil brutalen Jugendhof-Systems in der ehemaligen DDR sind wirklich schockierend. Denn wer als Jugendlicher oder sogar als Kind nicht anpassungsfähig war, wurde auf das Kollektiv eingeschworen, auch wenn dafür brutale Gefängnismethoden angewandt wurden. Mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn Grit Poppe ein Jugendbuch aus der Thematik gemacht hätte oder einfach nur eine Erzählung. Denn die Idee ist sehr gut und spannend zu lesen, doch was den Krimi angeht, fehlen mir ein paar eklatante Dinge, die einen wirklich mitreißenden Krimi ausmachen. Auch hapert es ein wenig an authentischen Protagonisten.

Dennoch ist Rabenkinder gut zu lesen und hat seine Spannungsmomente, doch zum Krimi des Monats, würde ich ihn nicht wählen.

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Wir zwei – Unsere ersten Abenteuer, Limitierter Sammelband mit drei Geschichten, Michel Engler und Joëlle Tourlonias, Kinderbuch ab 4 Jahre

Die Sonderedition der „Wir zwei“ Geschichten, der Abenteuer von dem wuschelig weichen Hasen und dem witzigen stachligen Igel, beinhaltet gleich drei Geschichten und ein paar Überraschungen. Das Kinderbuch ab vier Jahre ist bezaubernd illustriert und berührt jedes Kinder- und Erwachsenenherz. Die Geschichten sind lehrreich und sofort bekommt man Bilder in den Kopf, wie zwei unterschiedliche Kinder dicke Freunde werden. Wie ihre Freundschaft auf die Probe gestellt wird, wie man traurig wird, wegen der besten Freundin, des besten Freundes und das mit ein bisschen Verständnis für den anderen, alles wieder gut wird. Ein niedliches Häschen und ein putziger Igel sind die Paten für diese Kinderfreundschaft und das macht die Geschichten umso verständlicher.

Das tolle Kinderbuch ab 4 Jahre ist zum Vorlesen, zum Lesen und auch nur zum Anschauen. Eine kleine Überraschung am Ende des Buchs wird jeden kleinen Fan von Igel und Hase sehr freuen. Als Kinderbuch erhält dieses sehr kindgerechte Buch von mir das Prädikat wertvoll.

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Film: Hieronymus Bosch, Schöpfer der Teufel, Ein Film von Pieter van Huystee, DVD

Über Hieronymus Bosch, den Maler der Abgründe, einem für sein Jahrhundert so progressiven und außergewöhnlichen Künstler haben Sie bestimmt schon einmal gehört. Es ist der Maler, der religiöse Motive, vor allem höllische Abgründe detailversessen, mit zu meist Ölfarben auf Holztafeln erschuf. Im Rahmen zu den Vorbereitungen des 500. Todestages 2016 hat das Bosch Research and Conservation Project Gemälde in Venedig, Madrid, Brügge, Berlin und Washington untersucht. Das Ergebnis war, dass 21 Gemälde und 20 Zeichnungen als von Bosch eigenhändig bewertet wurden. Um diesen Prozess, der Bewertung, des Vergleichs mit außergewöhnlichen Techniken, wie Röntgendiagnostik, Infrarot-Fotografie und Spektralanalysen, geht es in dieser Dokumentation. Eine Gruppe von Kunsthistorikern und Technikern versuchen, das Geheimnis von Hieronymus Bosch zu lüften.

Als Kunstliebhaber und vor allem als Bosch Liebhaber ist die Dokumentation ein Schmankerl. Dann nimmt man gerne den deutschen Untertitel in Kauf, denn es wird meist Holländisch oder Englisch gesprochen.

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Erdschwarz, Tove Alsterdal, Teil II der Trilogie

Wie schön, dass recht schnell der zweite Teil der schwedischen Krimireihe um die Polizistin Eira Sjödin erscheint, denn diese Protagonistin hat das gewisse Etwas. Noch vor Kurzem hatte Eira kaum Zeit zu schlafen, doch plötzlich ist in ihrem Leben zu viel Zeit. Ihre Mutter musste ins Pflegeheim, da ihre fortschreitende Demenz nichts anderes mehr zulässt. Ihr Bruder Magnus wird immer noch für Jahre weg sein, nur weil er einer Jugendliebe und seinem Wort treu bleibt. Und jetzt sitzt die Polizistin alleine in ihrem Elternhaus.

Der Fall des vermissten Hasse Runne ist auch nicht eindeutig, wahrscheinlich nur ein Mann, der sich in der Midlife-Crisis eine Auszeit nimmt. Doch da irrt sich Eira gewaltig, denn der Mann wird im Keller eines verlassenen Hauses gefunden, verdurstet, verhungert und ihm fehlen zwei Finger. Ein Mafia-Mord? Zum Glück holt Chefermittler Georgsson von der Abteilung Gewaltverbrechen sie in sein Team. Gerade rechtzeitig, denn sie entdeckt einen zweiten ähnlichen Fall, nur dieses Mal hat das Opfer überlebt. Und dann verschwindet eine weitere Person und es wird für Eira sehr persönlich.

Auch Erdschwarz lebt von der außergewöhnlichen, aber komplizierten Ermittlerin. Die junge Frau, die so ein untrügliches Gespür für Verbrechen hat, aber sich als Mensch so sehr anzweifelt. Und natürlich endet der zweite Teil mit einem Cliffhanger im Privatleben von Eira Sjödin. Darum freuen wir uns auf Nebelblau, der im Juli 2023 veröffentlicht wird.

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Wilsberg, sein erster und sein letzter Fall, Jürgen Kehrer

Ich muss zugeben, ich kannte die Buchreihe mit Georg Wilsberg, dem ehemaligen Rechtsanwalt und dann vermeidlichen Privatdetektiv nicht. Auch die Verfilmungen gingen mir durch die Lappen, dabei existiert die Reihe seit 1990. Nun gut, ich geriet an Wilsberg ersten und letzten Fall in einem Buch.

In seiner kleinen und schäbigen Kanzlei vertritt Wilsberg vermeidliche Tierschützer, Partygänger und einen abgehalfterten Rockstar. Doch dann wird er für einen spektakulären Mordfall engagiert. Mit der Aussicht auf das große Geld und Berühmtheit hängt sich der junge Wilsberg voll in den Fall. Gleichzeitig verliebt er sich und seine Flamme Shirin hilft ihm tatkräftig, die Unschuld seines Mandanten zu beweisen. Wie sehr man ihn damit über den Tisch zieht, merkt er, als er zu spät ist und dreiunddreißig Jahre später, soll ihn das den Kopf kosten.

Spannend mit Münster Lokalkolorit und enormen Wortwitz. Da ich Wilsberg nicht kannte und er kein alter Hut für mich ist, kann ich das mit frischen Augen beurteilen. Richtig guter Regiokrimi mit tollen Protagonisten. Das wird nicht mein letzter Wilsberg sein, auch wenn dieser der Letzte ist!

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