Schlagwort: Liebesgeschichte

Natasha Pulley: Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit

Natasha Pulley hat hier etwas wirklich Meisterhaftes geschaffen: Technik und Struktur mit viel schillernder, unbeschreiblicher Intimität auf eine Weise ausbalanciert, die es unmöglich macht, sich dem zu entziehen. Das Ergebnis ist ein komplexer und sehr lebendiger Roman, der viel zu erzählen hat über Krieg und Zivilisation, Traumata und Erinnerung, Liebe und Opfer – und die Menschen, die darin herzzerreißend verstrickt sind. Aber das, was Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit wirklich ausmacht, ist die zentrale Liebesgeschichte. Die Charakterentwicklung in diesem Roman muss erlebt werden; der Autorin gelingt es, dass sich die Protagonisten ganz allmählich in das Unterbewusstsein schleichen und an Präsenz gewinnen. Ehe man es bemerkt, Weiterlesen

Pernille Hughes: Zehn Jahre du und ich

Wenn man der Liebe wegen die Heimat verlässt und in der Fremde sein Glück findet, lässt man sich auch für seine Liebesgeschichte und deren Charaktere etwas Besonderes einfallen – wie Pernille Hughes. Ihrer sterbenden Protagonistin Ally wird die Rolle der Kupplerin zuteil, damit die zwei Menschen, die sie am meisten liebt: Charlie, ihren Mann und Becca, ihre beste Freundin, zueinander finden können. Eine hoch emotionale Geschichte, deren Traurigkeit, Freude und Wut sehr spürbar sind. Mit gefällt, wie sich die Figuren von Charlie und Becca im Verlauf der Geschichte entwickeln, besonders der von Becca, die zum Schluss meine Freundin sein könnte. Und das spricht für die Autorin und deren Fähigkeit Personen zu entwickeln, Weiterlesen

Liebewesen, Caroline Schmitt, Eichborn

Habe ich jemals ein Buch mit so viel Schmiss über eine so unglaublich traurige und absurde Geschichte gelesen? Hab ich je so oft geschmunzelt über den Wortwitz eines abgrundtiefen Dramas? Wahrscheinlich nicht!

Caroline Schmitt schreibt mit einem Feuer, einer Verve über die Untiefen von Liebesbeziehungen und den schlimmsten Familienexzessen, dass man ihr entgegenrufen möchte: Schreiben Sie weiter, junge Frau. Ihr Stil ist unvergleichlich und Sie sind eine begabte Autorin. Gratuliere zu diesem Debüt!

Liebewesen, irgendwie ein Liebesroman, eine von Opferung geprägte Selbstfindung, die Beschreibung einer Kindheit mit sadistischer Mutter und am Ende eines Durchatmens und Verstehens. Das Ganze ist wie nebenbei erzählt, mit viel Humor und dennoch mit einer emotional fast unspektakulären Beteiligung der Hauptprotagonistin. Ein ziemlich irres, aber geniales Werk!  Weiterlesen

Xiaolu Guo: Eine Sprache der Liebe

Ich bin beeindruckt, wie die beiden Protagonisten eine gemeinsame Sprache – und nicht nur für die Liebe –  finden und damit das Fundament für ein gemeinsames Leben legen. Sie, gleichzeitig die Ich-Erzählerin: eine junge Chinesin, ausgestattet mit einem 3-Jahres-Stipendium für ihre Doktorarbeit für das King’s College in London. Ihre Eltern starben kurz vor ihrer Abreise aus China. Sie will alles hinter sich lassen und es wird ein weiter Weg für sie in ein neues Leben. Er: Deutsch-Australier, Landschaftsgärtner mit Fernweh. Die Autorin, die sich als schonungslose Beobachterin zeigt, zeichnet ein lebendiges, nicht sonderlich schmeichelhaftes Bild ihrer neuen Umgebung und erzählt ihre Geschichte über Liebe, Multikulti, Immigration und Feminismus mit Charme und Poesie, schlicht und reduziert. In leicht bissigen Sätzen beschreibt sie die Hochs und Tiefs der Beziehung ohne jegliche Sentimentalität. Was die Geschichte vorantreibt, ist zum Teil die Spannung, die über der aufkeimenden Beziehung liegt: hat unsere Heldin einen riesigen Fehler begangen, indem sie sich mit einem Bootsliebhaber mit Fernweh einlässt? Aber da ist auch etwas fesselndes an dem Ausmaß der Welt, die die Erzählerin bewohnt. Das Buch bewegt sich flott von den Nordlondoner Kanälen nach Schottland, Australien, Deutschland und China. Auf diesem Weg gelingt es Guo, Momente tiefster Dunkelheit zu berühren und dabei beißend, witzig und – letztendlich – lebensbejahend zu sein. Die Autorin lässt ihren Charakteren Raum zu leben und zu leiden, was dem Buch eine schwer erkämpfte Qualität verleiht, die Gewicht trägt.

Foto: Getty Images

Xiaolu Guo wuchs in einer kleinen Stadt in Südchina auf und ist eine der interessantesten chinesischen Künstlerinnen ihrer Generation. Sowohl in China als auch international machte sie sich als Filmemacherin und Autorin einen Namen. 2013 gelang ihr der Sprung auf die „Granta’s list of Best Young British Novelists“. Ihre Romane wurden vielfach nominiert und ausgezeichnet, „Eine Sprache der Liebe“ stand auf der Shortlist für den Goldsmith-Preis. Xiaolu Guo lebt mit ihrer Familie in London und Berlin.

 

Eine junge Chinesin kommt nach London. Sie lässt alles hinter sich, will ein neues Leben beginnen. Doch in der fremden Kultur und der fremden Sprache fühlt sie sich zunächst nur einsam und verloren. Bis sie sich in einen australischen Landschaftsarchitekten mit britisch-deutschen Wurzeln verliebt. Eine vorsichtige Annäherung beginnt. Voller Neugier auf die Fremdheit des Anderen, aber auch voller kultureller Missverständnisse. Beide versuchen, eine tragfähige Sprache als Fundament ihrer Liebe zu finden. Kann diese Liebe für beide zu einer neuen Heimat werden? Authentisch, offen, aber auch mit viel Selbstironie beschreibt Xiaolu Guo die vielfältigen Verwirrungen zwischen West und Ost und erzählt eindrücklich von einer ungewöhnlichen Liebe.

Penguin Verlag – gebunden – 304 Seiten – 24 € – ISBN 978-328-60215-6