Christof Gasser schafft es in seinen Krimis immer wieder, den Nichtschweizern unter uns, die rosarote Brille abzunehmen. Dass in dem kleinen so sauberen Land mit den idyllischen Bergen und seinem Käsefondue längst nicht alles im eidgenössischen Einklang harmoniert, wird einem bei seinen Geschichten schnell klar. Ob Prostitution von jungen Mädchen, mafiöse Clans oder korrupte Politiker, das Land, welches in etwa mit Niedersachsen an Fläche und Einwohnerzahl zu vergleichen ist, hat, was Kriminalität angeht, einiges im petto. Doch anders als bei seinen Solothurn Krimis bringt der Autor in seinem Standalone ›Spiegelberg‹ zusätzlich interessante Schweizer Nachkriegsgeschichte mit ins Spiel. Er beleuchtet die Jurafrage, die mit der Moeckli-Affäre 1947 den Stein des Anstoßes bildete und über viele Jahrzehnte bis zur endgültigen Abstimmung 2017 immer wieder zu Straßenschlachten führte. So siedelt der Autor einen seiner Hauptprotagonisten Gérard Murival genau in die Separatisten Szene des Jurabogens an. Durch einen Mord wird sein Leben zur ewigen Flucht, obwohl er der Erbe eines Millionen schweren Unternehmens werden sollte. Und seiner Tochter Camille erging es nicht besser.
Definitiv sind die Kriminalromane von Christof Gasser nicht nur spannend, sie sind genau wie die Solothurn-Krimis immer unglaublich klug, fundiert und sehr, sehr unterhaltend. Für mich liegt es daran, dass sie unglaublich real sind und nicht wie erfundene Geschichten wirken. Egal ob ein Standalone wie Spiegelberg oder die Solothurn-Reihe, ich liebe diese Schweizer Kriminalromane von Herrn Gasser.
Autorenfoto: Coyright ® Renate Wernli
Christof Gasser, geboren 1960 in Zuchwil bei Solothurn, ist seit 2016 Autor von Kriminalromanen und Kurzgeschichten. Zudem schreibt er als Gastkolumnist für die Solothurner Zeitung. In seinen Romanen, die regelmäßig Spitzenplätze auf der Schweizer Bestsellerliste belegen, spielt seine Heimatstadt stets eine wichtige Rolle. Gasser lebt mit seiner Frau unweit von Solothurn am Jurasüdfuß.
Die Journalistin Cora Johannis beobachtet während eines Festakts in Solothurn, wie ihre Freundin die ehemalige Botschafterin Frankreichs von einem Mann angegriffen wir. Noch am gleichen Abend verunglückt die Diplomatin. Im Krankenhaus ist ihre letzte Bitte, bevor sie ins Koma fällt, dass Cora eine gewisse Camille schützen soll. Recherchen sind Cora Spezialität und sie findet schnell heraus, wer Camille ist. Die Enkeltochter von Mathilde Murival, Eigentümerin der Ilios Watch SA, ein sehr solventes Unternehmen für Luxusuhren. Doch wie soll Cora eine Tote schützen, denn die junge Frau wurde ermordet. Und warum hat ausgerechnet Camilles Vater, der von der Polizei gesuchte ehemalige Separatist des Jurakonflikts, die Diplomatin angegriffen?
Als Mathilde Murival, seine Mutter und die Großmutter der verstorbenen Camille endlich etwas mehr Licht in die Sache bringt, werden weiter Morde begangen, die alle in Richtung Gérard Murival deuten. Doch mittlerweile ist selbst Cora klar, dass Gérard nur ein Sündenbock in einem weitaus gefährlicheren Spiel ist, dass von gewissen Leuten schon seit Jahrzehnten gespielt wird.
Spiegelberg, Christof Gasser, Emons Verlag, Klappenbroschur, Seiten 352, ISBN: 978-3-7408-2109-8, Euro 18,00, erschienen am 22. Oktober 2024.