Rebecca F. Kuangs neuer Roman “Yellowface“ wird allgegenwärtig gehypt: Autorenkollegen, Kritiker, Blogger, Verlagsmitarbeitende, überschlagen sich in ihrem Lob für diesen – wie er genannt wird – Krimi, denn die Protagonistin June Hayward ist kriminell. Sie ist eine Diebin. Genau genommen ist sie eine kriminelle, diebische, schreibende Opportunistin. Zugegeben, sie veredelt das Manuskript, das sie ihrer auf tragische Weise verstorbenen Autorenfreundin gestohlen hat fast, und hier liegt die Betonung auf fast, bis zur Unkenntlichkeit. Aber: …wer ein Werk oder die Umgestaltung vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich weitergibt… begeht eine Straftat nach dem Urheberschutzgesetz §106 und riskiert eine Freiheitsstrafe Weiterlesen
Schlagwort: Rassismus
Denene Millner: Die Farbe meines Blutes
Nun, das war schwere Kost und viel zu verdauen! Millner präsentiert in ihrem Debütroman nicht nur eine bissige Chronik schwarzer Frauen in den USA, die von großen wie kleinen Belastungen gequält werden, die ihrer Freiheit, ihrer Würde und ihres Selbstwertgefühls beraubt werden. Sie erzählt eine ausladende Mehrgenerationengeschichte anhand von Maw Maw (Großmutter), Grace (Maw Maws Tochter und Mutter von Rae), Delores, (Adoptivmutter von Rae) und – Rae. Die Autorin hat ihre Geschichte chronologisch strukturiert, beginnend 1965 – 1969, dieser Teil, betitelt Das Buch Grace ist der Großmutter Maw Maw gewidmet. Im zweiten Teil, Das Buch Delores, (1967 – 1999) geht es um LoLo, die Adoptivmutter von Maw Maws Enkeltochter Rae und in den Jahren 1999 – 2004, Das Buch Rae, steht Rae und ihr Werdegang im Mittelpunkt. In diesen Teilen wird deutlich, wie Weiterlesen
NIKOLE HANNAH-JONES (HRSG.): 1619, EINE NEUE GESCHICHTE DER USA
Es ist erstaunlich das eine Nation, die unterschiedliche Menschenrassen als Einwohner bezeichnet es aber nicht fertig bringt, diese in die Geschichte der Nation einzubinden. Dies versucht dieses Werk für die Schwarzen Amerikas. Dabei kommen die verschiedensten Autor*Innen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen zu Wort, um den Begriff der Sklaverei, in den vielfältigsten Ausformungen, auf zu zeigen. Dabei kann es zu nicht chronologischen Reihenfolgen kommen. Für die Herausgeberin des Werks sind bei der Schaffung dieses aufwendigen Werkes erstaunliche Ergebnisse zustande gekommen. Das Werk hat den renommierten Pulitzer Preis gewonnen und wird wohl auch neueren Unterrichtsstoff für Amerikanische Geschichte bilden. Weiterlesen
Gloria Naylor: Die Frauen von Brewster Place
Mit ihrem Debütroman »Die Frauen von Brewster Place« legte Gloria Naylor vor 40 Jahren den Grundstein für ihre äußerst steile Karriere und inspirierte Oprah Winfrey eine erfolgreiche Miniserie basierend auf dem Buch zu produzieren, in dessen Zentrum sieben schwarze Frauen stehen. Jede Geschichte in Die Frauen von Brewster Place für sich genommen ist fesselnd und obwohl jede Geschichte nur tangential mit jeder anderen Geschichte verbunden ist, bietet die Autorin eine Gesamteinheit, die den Roman trägt. Und zwar nicht in herkömmlicher linearer Struktur, sondern unter Verwendung von mehreren Miniplots, die das Leben der einzelnen Protagonistinnen beleuchten und der Autorin ermöglichen, sich auf die Charaktere zu fokussieren. Und es gelingt Naylor ihre Figuren überzeugend zu entwickeln. Jede Frau wird mit ihrer eigenen einzigartigen Persönlichkeit präsentiert, die fein ausgearbeitet ist, so dass sie sowohl einprägsam als auch kraftvoll daherkommt. Weiterlesen
Kerstin Cantz: Fräulein Zeisig und der amerikanische Freund
Fräulein Zeisig ist ein Paradebeispiel dafür, dass man ein Buch weder nach Aufmachung noch nach Titel beurteilen sollte. Denn: Fräulein Zeisig ist eine absolute Bereicherung für die deutsche Krimi-Landschaft! Und es ist bei weitem mehr als ein spannender Krimi mit einer glaubwürdigen Geschichte, einem schönen, durchgängigen Spannungsbogen und verschiedenen Erzählsträngen, die am Ende glaubhaft aufgelöst werden. Dank erkennbar umfangreicher Recherchen zeichnet die Autorin ein dichtes gesellschaftspolitisches Bild Münchens Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts mit all seinen Strömungen. Kerstin Cantz scheut sich weder den allgegenwärtigen Rassismus noch Homosexualität, damals noch strafbar, zu thematisieren. In diesem zweiten Kriminalroman um Fräulein Zeisig, durchaus verständlich, auch wenn man den ersten Band nicht gelesen hat, lässt die Autorin ihre Kommissarin in der Welt der amerikanischen Soldaten-Frauen ermitteln. Elke Zeisig tut dies mit so viel Fingerspitzengefühl, Empathie und kriminalistischem Gespür, dass selbst der amerikanische Ermittler von ihr beeindruckt ist. Kerstin Cantz hat mit Fräulein Zeisig eine junge Kommissarin geschaffen, die sich wohltuend von anderen Ermittlern abhebt. Ein Kriegskind, dem eben nicht Schule und Bildung offen stand, das sich gegen den mütterlichen Widerstand durchsetzen musste, um das Berufsziel zu erreichen und dem dann immer noch nicht die Möglichkeiten offen stehen, wie den männlichen Kollegen. In Hauptkommissar Manschreck und Hauptkommissarin Sailer findet Elke Zeisig Förderer und man darf gespannt sein, wie es für Fräulein Zeisig weitergeht. Weiterlesen
Tupoka Ogette: Und Jetzt Du
Mit Neugier und Interesse und bemüht vorurteilsfrei bin ich, nachdem ich das Interview mit der Autorin im Stern gelesen hatte, an das neue, und für mich erste Buch von Tupoka Ogette herangegangen. Dass bei dem Thema Rassismus eine emotionale Ebene mitschwingt, ist verständlich und eine Sache, ein emotionales Dauer-Trommelfeuer zu zünden ist eher ermüdend und eine ganz andere Sache. Und nur weil ich vielleicht in den Augen der Autorin rassistisch bin, heißt es nicht, dass ich auch unkritisch bin. Mit dem Duzen des Lesers vermittelt die Autorin das Gefühl einer flachen Hierarchie, wiegt den Leser in Sicherheit: wenn Du tust, was ich Dir sage, wird alles gut! Ist das so? Überwinden wir Rassismus durch ideologische Vorgaben oder verordnete Denkmuster, die das Denken narkotisieren? Oder sind es nicht vielmehr Denkanstöße, die Prozesse in Gang setzen? Wenn man sich einem so wichtigen Thema wie Rassismus nähert, dann sollte man versuchen die Leserschaft einzubeziehen und sich auf eine Verständnisebene begeben, die Menschen erreichen kann und vielleicht eher bei einem respektvollem „Sie“ bleiben. Weiterlesen
Ta-Nehisi Coates: The Beautiful Struggle – Der Sound der Strasse
THE BEAUTIFUL STRUGGLE ist eine bewegende Vater-Sohn-Geschichte über die Herausforderungen der gesellschaftlichen Realität, in die wir hineingeboren werden, und über die Liebe, die uns davor beschützt. Die Einblicke, die Ta-Nehisi Coates mir in seine von Rassismuserfahrungen, Gewalt, Drogen und Bandenkriminalität geprägte Kindheit und Jugend gewährt, haben mich teilweise erschüttert, aber auch berührt. Das Baltimore dieses Heranwachsenden ist nichts für schwache Nerven und weist keine Gemeinsamkeiten mit dem Baltimore auf, dass ich in den 80igern kennenlernte. Überhaupt erscheint mir die Geschichte weit weg, hallt aber enorm in mir nach und lenkt gleichzeitig den Blick auf die Situation im eigenen Land, legt die Parallelen frei und bekommt dadurch Allgemeingültigkeit. Dank des sehr ausführlichen Namen- und Begriffsglossars von Julian Brimmer kenne ich jetzt Wörter, nach denen ich mich bislang nicht getraut habe zu fragen. Dass der Weg des Autors nicht in die Kriminalität führte, sondern er es bis nach Harvard schafft, ist an sich schon eine Lebensleistung. Weiterlesen
Horst Eckert: Die Stunde der Wut
Es ist dieser tägliche Alltagsrassismus den Menschen erleiden müssen und der in den letzten Jahren immer deutlicher wurde. Das Menschen die für unsere Sicherheit zuständig sind auch nicht gegen diese rassistischen Vorurteile gefeit sind macht dieser Kriminalroman sehr deutlich. Es wird aber auch sehr deutlich, dass diese Vorurteile dazu dienen, Macht und Einfluss auszuweiten oder sicherzustellen. Horst Eckert verarbeitet dies in hoch spannende Art und Weise die auch im täglichen Leben unserer Republik in den Zeitungen nachzulesen ist. Der NSU 2.0 Komplex ist dazu beispielhaft. Wenn diese Verbindung auch in die höheren Kreise des Verfassungsschutzes reichen, wird er einem als Leser die Gefahr in welcher diese unsere Republik steht deutlich sichtbar. Weiterlesen
Ryan Gattis: Das System
Das vorliegende Buch, lässt einen tiefen Einblick in das amerikanische Rechtssystem zu. Der Autor zerlegt quasi mit dem Skalpell die einzelnen Akteure, die bei einem Fehlverhalten in Amerika in Aktion treten. Das sind zum einen die Täter, die Polizeibehörden und die Justizbehörden. Jedes Mitglied dieser Behörden kocht sein eigenes Süppchen und zieht Vorteile aus dem System ohne auf die Anderen Rücksicht zu nehmen. Koste es was es wolle! Und es kann schon einiges an Jahren im Gefängnis kosten. Ryan Gettis führt uns vor Augen, wie es sein kann wenn Profitgier und Drogenkriminalität überhandnehmen. Sozialen Verhältnisse haben sich wesentlich in Amerika seit 1993 weiter verschlechtert, sodass es in Amerika, in dem Gefängnisse privat betrieben werden, zu Überfüllung gekommen ist, sodass Häftlinge vorzeitig entlassen werden mussten. Weiterlesen
Dieter Aurass: Rheinlandbastard
Bislang kam die Zeit um 1920 und das Rheinland in dieser Zeit wenig in Kriminalromanen vor. Deutschland hatte den Krieg verloren und musste hohe Reparationszahlungen an Frankreich leisten dass es im Krieg verwüstet hatte. Da Deutschland zahlungsfähig war besetzte Frankreich das Rheinland. Zu den Besatzungssoldaten gehören auch Afrikaner.Das sorge für Zündstoff. Der Roman spielt Koblenz das durch die Festung Ehrenbreitstein dominiert wird. Hier sitzt der französische General der durch Morde an seinen Soldaten aufgeschreckt wird. Er veranlasst das sein Mordermittler mit einem deutschen Kommissar zusammenarbeitet. Je mehr Morde passierten desto enger wird die Zusammenarbeit zwischen den Mordermittlern. Der Autor zeigt uns, wie die Menschen in dieser Zeit dachten und handelten. Die aufkommenden faschistischen Tendenzen bleiben dabei nicht unberücksichtigt. Gut recherchiert und mit Sicherheit werden wir von den beiden Ermittlern noch lesen. Weiterlesen