Schlagwort: Thriller

Tanzpalast, Harald Gibers

Berlin 1950, der Ostsektor grenzt sich immer mehr vom Westen, den Amerikanern, ab. Ein kalter Krieg beginnt in einer Stadt in der immer noch Hunger und Armut herrscht. Aber durch die Alliierten blüht auch das Nachtleben. Man verdient sich den Lebensunterhalt als tanzender Gigolo. Deutsche Fräuleins werden die Geliebten der amerikanischen Offiziere, nur um an die köstlichen Lebensmittel der PX ranzukommen oder einen warmen Hintern, in einer beheizten Wohnung zu haben. Auch Lotte lässt sich aushalten, bis sie eines Nachts verschwindet. Rita eine Freundin von Kommissar Oppenheimer bittet ihn um Hilfe. Dabei ist es als deutscher Polizist nicht so einfach im Kreise des amerikanischen Militärs Nachforschungen anzustellen. Als die junge Frau tot gefunden wird, ist ihre Leiche absurd in Szene gesetzt. Oppenheimers Team tappt im Dunkeln. Die Dance Hall Luxor, in der sowohl Lotte als auch ihr Mann René gearbeitet haben, ist der einzige Anhaltspunkt. Leben kommt erst in die Ermittlung, als die Ehefrau eines US-Offiziers ebenfalls verschwindet. Jetzt tickt für Oppenheimer die Uhr und die MP macht ebenfalls Druck.

Dies war mein erster Oppenheimer-Krimi und ich muss sagen, er hat mir sehr gut gefallen. Die Adaption der Geschichte im Berlin der Fünfziger kommt sehr authentisch rüber, genau wie die Protagonisten. Gerne fügt der Autor auch das eine oder andere geschichtliche Ereignis mit ein. Und man merkt, wie viel Ahnung er davon hat. Solider Krimi, spannend und sympathisch! Ich für meinen Teil werde mir mal die ersten Teile der Kommissar Oppenheimer-Ermittlungen vornehmen.

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Anna O, Matthew Blake

Eines muss man Matthew Blake lassen, Anna O. ist ein außergewöhnlicher Thriller mit einem hohen Spannungspotenzial. Vor allem ist es eine ungewöhnliche Geschichte, denn er beschreibt das Resignationssyndrom, eine Komaschlaf, in den besonders Kinder fallen, die furchtbare Traumata hinter sich haben. So geschehen bei Kindern, die im Flüchtlingslager Moria waren und beobachtet bei Flüchtlingskindern in Schweden. Doch einen Thriller daraus zu machen ist eine heikle Sache. Da muss man als Leser doch hier und da die medizinischen Möglichkeiten sehr weit interpretieren und mit den psychischen Möglichkeiten, auf Menschen einzuwirken, großzügig umgehen. Auch konnte ich am Ende die Gründe für das ganze Debakel schwer nachvollziehen und hätte als perfider Mörder oder Mörderin, erst einmal andere Opfer auf meiner Liste gehabt.

Nichtsdestotrotz spannend bis zur letzten Seite, wenn man nicht darauf besteht, dass jeder Thriller immer völlig realistisch sein muss.

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Die Sehenden und die Toten, Ane Riel

Ein guter spannender Krimi mit dem Potenzial eine gute Serie zu werden. Auch wenn einige der beschriebenen Dinge etwas übertrieben anmuten. Denn es ist für meinen Geschmack ein bisschen zu viel Boshaftigkeit aus allen Richtungen. Etwas weniger wäre bestimmt mehr gewesen. Doch da die Protagonistin Carla Seidel sehr gut ausgearbeitet ist, mit ihrer Vergangenheit und den dadurch nachvollziehbaren Ängsten, ist zu hoffen, dass der zweite Teil der Serie mit weniger Drama auskommt. Ich für meinen Teil freue mich auf ein weiteres Buch mit Wendland-Ermittlerin Carla Seidel und ihrer überaus sympathischen Tochter Lana.

Ein solider Regionalkrimi, der einem gewiss die Zeit vertreibt!

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Lina Bengtsdotter, Flammenschwestern, Hochatmosphärischer Thriller

Du kannst der Vergangenheit nicht entfliehen! Ein Hoch an Lina Bengtsdotter, besser, imposanter beeindruckender kann man nicht das Leben und das Erwachsen werden in einem kleinen Dorf in Schweden beschreiben. Da Lina Bengtsdotter in so einer Kleinstadt aufgewachsen ist, hoffe ich nur, dass es nur ein Roman ist und nicht doch autobiographisches dran ist. Die Geschichte spielt in dem schwedischen Dorf Silverbro. In solchen kleinen Orten ist das Gemeinschaftsgefühl stark ausgeprägt, jeder kennt jeden. Bei den Gegebenheiten und Situationen in den einzelnen Häusern kennt man sich aus. Man trifft sich im selben Pub, beim selben Wirt. Duldet die Andersdenkenden, die Abgerutschten, verdrängt die Gerüchte über häusliche Gewalt bis hin zum Missbrauch. Man weiß es, aber spricht nicht drüber. Man mischt sich nicht ein. Die Jugend wächst damit auf, sucht den Halt in den Freundschaften, privaten Feten und im Alkohol. Die Erwachsen erzählen von den vielen Mythen und Sagen, auch von Silverbro, von dem vor Jahren verschwundenen Mädchen Sofia, die nie wieder aufgetaucht ist.

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Claire Douglas: Girls Night

Atmosphärisch dicht, mit Spannung, interessanten Charakteren und Lokalkolorit geht Autorin Claire Douglas der zentralen Frage dieses Thrillers auf den Grund: wie können drei junge Mädchen sich in Luft auflösen? Um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, muss die Mauer des Schweigens eines ganzen Dorfes Stück für Stück durchbrochen werden, was nicht ungefährlich ist, wie Jenna, eine Journalistin, feststellen muss. Denn es wird offensichtlich, wie quälend der vor 20 Jahren eingetretene Verlust immer noch für die Bewohner ist, und dass sie etwas zu verbergen haben. Für meinen Geschmack manchmal etwas zu blauäugig, gerät Jenna immer wieder in brenzlige Situationen, während sie versucht, Licht ins Dunkel zu Weiterlesen

Twelve Secrets, Robert Gold

Twelve Secrets von Robert Gold

Twelve Secrets ist ein über vierhundert Seiten starkes Debüt. Und für ein Debüt ist es wirklich stark. Doch eigentlich kein Wunder, denn der Autor kommt aus dem Journalismus und arbeitete jetzt für einen Verlag. Ein Mann, der schreiben kann und ein enormes Gefühl für Spannung und Pausen besitzt. Der Thriller selbst ist eine raffiniert aufgebaute Geschichte, die mit allen Abgründen des menschlichen Daseins spielt. Macht, Lust, Kontrolle und Reichtum führen zu einer Verkettung von Umständen, die gebrochene Herzen und Familien mit sich ziehen. Nur langsam löst sich der verschlungene Knoten. Obwohl Robert Gold immer wieder falsche Fährten legt, kann man fast am Ende eine Ahnung bekommen, wer hinter allem steckt. Doch das WARUM ist eine große Überraschung.

Robert Gold ist ein neues Thrillertalent, von dem wir hoffentlich noch viel hören werden.

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Ingenium, das erste Rätsel, Danielle Trussoni

Es war 2010, als ich meine erste Rezension verfasste, für das Buch Angelus von Danielle Trussoni. Ich war damals angetan von der Fantasie-Autorin. Jetzt 2023 hat Danielle Trussoni wieder einen mystischen Thriller herausgebracht und ich konnte natürlich nicht an diesem Buch vorbeigehen. Ingenium ist definitiv ein schneller, atemloser Thriller, der ungemein gut recherchiert wurde und es mit dem Da Vinci Code aufnehmen kann. Sie baut nicht nur das Savant-Syndrom, eine Inselbegabung, in diesem Fall, die Fähigkeit Muster und Rätsel zu erkennen in ihren Roman ein. Es geht vor allem um den jüdischen Glauben und die Legende von Rabbi Löw, der um 1580 in Prag eine von ihm gefertigte Tonfigur, einen Golem, für kurze Zeit mit Leben erfüllt hat. Die alten Mythen, jede Menge Rätsel, habgierige Milliardäre, die nach ewigen Leben trachten und eine unschuldige junge Frau, die im Gefängnis sitzt für einen Mord, den sie nicht begangen hat, halten den Leser in Atem!

Das ist dann der Stoff, aus dem die Bücher geschrieben sind, die man in einem Rutsch liest, weil man sie einfach nicht aus der Hand legen kann. Ich bin auf jeden Fall dabei, wenn nächstes Jahr der nächste Teil kommt.

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Andreas Pflüger: Wie sterben geht

Jahrzehntelang beflügelte der Kalte Krieg die Phantasie von Autoren weltweit und das Genre Spionage stand in voller Blüte. Spannende Konflikte, mutige und unerschrockene Agenten der CIA und des MI5 – allen voran James Bond, retteten die westliche Welt vor den Machthabern im Kreml. Leser: innen, die glauben, alles zu diesem Thema gelesen und gesehen zu haben, sollten erst Andreas Pflügers neuen – heute erscheinenden Thriller Wie sterben geht – vor einer endgültigen Einschätzung lesen. Wie schon in seinen vorangegangenen Thrillern besticht Pflüger mit seiner aufwendigen Recherche und siedelt seinen spannenden, glaubwürdigen Plot in den frühen 1980er Jahren an und setzt ihn in Kontext mit den weltpolitischen Ereignissen dieser Zeit. Pflüger schickt eine Agentin ins Rennen: Nina Winter, jung, ehrgeizig und wagemutig, die die erste Chance, die sich ihr bietet nutzt und den Schreibtischjob gegen den aktiven Dienst – in Moskau – tauscht. Dass sie russisch wie ihre Muttersprache spricht ist selbstverständlich. Dass sie dem russischen KGB-Offizier Rem Kukura durch ihre Stellungnahmen aus ihrer Zeit als Analystin bekannt ist, deutet darauf hin, dass er kein kleines Licht auf der KGB-Torte ist. Pflüger mag seine Protagonistin, man kann es lesen und spüren, auch wenn er ihr nichts schenkt. Weiterlesen

Rachel Hawkins: Windnacht

Windnacht ist unheilvoll, intensiv und suchterzeugend: ein cineastischer Thriller, der gekonnt Gothic Atmosphäre mit einem idyllischen Setting auf einer einsamen Insel verbindet. Dazu eine Würzmischung aus dunklen und gefährlichen Geheimnissen und – eine Romanze. Wenn also „escape dispense“ Ihr Ding ist, greifen Sie zu einem Exemplar von Windnacht und setzen Segel in Richtung Meroe Island. Dabei werden Ihnen fesselnde Charaktere begegnen, die impulsiv, geheimnisvoll und mit sich selbst beschäftigt sind. Die Prosa ist präzise und klar. Und die Geschichte entwickelt sich schnell und lässt das Gespinst aus Lügen, Geheimnissen, Eifersucht, Betrug, Drama, Manipulation, Verzweiflung, Verrat, Gewalt und Mord erahnen. Sechs Menschen auf der Weiterlesen

Witwenwald, Kristoffer Bark Reihe II, Anna Jansson

Wie es scheint setzt Anna Jansson auf ihr Erfolgsrezept vom ersten Band. Denn ihre Protagonisten sind auch in Witwenwald wieder eine Ansammlung von reichlich kaputten Seelen, die sich alle mehr oder weniger verdächtig machen. So stolpert man als Leser wieder durch die recht spannende Geschichte und möchte jedem der Charaktere inklusiver Kristoffer Bark helfen. Denn logisches Handeln ist selbst bei einer Polizistin nicht selbstverständlich. Obwohl, wenn man einen richtigen Burn-out hat, fehlt vielleicht die Logik?

Fazit: Prima Fortsetzung mit viel Spannung. Manchmal zu brutal aufgetischt, das hätte auch mit leiseren, raffinierteren Effekten passieren können. Hier und da eine Wiederholung zu viel für meinen Geschmack. Nichtsdestotrotz wächst einem Kristoffer Bark ans Krimiherz und sein Team wächst so langsam auch! Weiterlesen