Kategorie: Buchbesprechungen

Das ist Glück, Niall Williams

Dies Buch ist wie ein kleiner, gemütlicher und liebenswürdiger Kurzurlaub im letzten Winkel von Irland. Das Dörfchen Faha dürfen wir, wie unsichtbare Voyeure kennenlernen. Es ist Noes Erzählung, die uns Leser mitten in dieses Idyll katapultiert. Noe noch keine zwanzig Jahre alt verbringt einige Zeit in den siebziger Jahren dort bei seinen Großeltern. Der Tod seiner geliebten Mutter hatte ihn nach der Schule ins Priesteramt getrieben. Doch plötzlich ging ihm der Glaube verloren und er muss sich eine Auszeit nehmen, um alles zu überdenken. Obwohl Ganga, der Großvater und Doady, seine Oma, jeden Sonntag wie alle Bewohner Fahas in die Kirche gehen, machen die beiden dem Jungen keinen Druck. Sie setzten eher auf Zeit und das ihr Noe schon die richtige Lösung findet. Außerdem ist es das Jahrzehnt, in dem endlich die Elektrizität auch die letzten Dörfer Irlands erreichen soll. Mit den Masten und Bauarbeitern kommt auch Christy. Ein welterfahrener, älterer Mann, der für das Stromunternehmen arbeitet. Er richtet sich zur Untermiete bei Noes Großeltern ein. Und mit diesem Mann kommt nicht nur eine ganz neue Welt zu Noe, er lernt die Liebe kennen und versteht zum ersten Mal, was Glück bedeutet. Und dass es etwas Magisches ist, das mit Christy ins Dorf kommt, merkt jeder einzelne seiner Dorfbewohner. Denn es hört plötzlich auf zu regnen!

Es ist eine Geschichte die zu Herzen geht, die innere Uhr etwas langsamer ticken lässt und sich voller Humor und Liebenswürdigkeit einem an die Seele schmiegt. Eine Geschichte die nicht viel berichtet, nur das Wichtigste, was man im Leben erfahren kann. Sie sollten dieses Buch nicht verpassen. So verzückt von einem Buch war ich das letzte Mal bei der Bücherdiebin von Markus Zusak. Weiterlesen

Graphic Novel: Thomas Mann 1949

Am 6. Juni 2025 würde Thomas Mann 150 Jahre alt werden. Er war einer der größten deutschen Autoren des Zwanzigsten Jahrhunderts und erhielt 1929 für sein Werk ›Die Buddenbrooks‹ den Literaturnobelpreis. Aber bereits 1933 nach Machtergreifung der Nationalsozialisten musste er während einer Reise emigrieren. Nach verschiedenen Zwischenstationen kam Thomas Mann mit seiner Familie, noch bevor die Nazis ihn in Schutzhaft nehmen konnten in die USA. 1949 kehrt Thomas Mann für eine Reise und um den Goethe Preis entgegen zu nehmen, ins zerbombte Nachkriegsdeutschland zurück. Diese Reise durch Deutschland und nicht durch Zonen, wie Thomas Mann es nannte, ist in dieser Graphic Novel sehr beeindruckend beschrieben. Denn die Illustrationen sowie der Text erfassen den richtigen Ton, wie auch die Stimmung. Denn man weiß aus Manns Tagebucheinträgen und den Reiseberichten, dass es für ihn und seine Frau Katia keine einfache Reise war. Ich habe mich gefragt, was würde Thomas Mann wohl über das heutige Deutschland aber auch über die heutige USA denken?

Die Graphic Novel ist sehr gelungen, sowohl die künstlerische Gestaltung als auch die Texte. Und zum 150 Geburtstag eine Ehrung an den großen deutschen Schriftsteller als auch eine Mahnung die dunkelsten Jahre Deutschlands nie wieder heraufzubeschwören.

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Martin Mosebach: Die Richtige

Es scheint gerade so, als hätte die deutschsprachige Kritikerelite auf Martin Mosebachs neuen Roman „Die Richtige“ gewartet und feiert ihn begeistert und gebührend. Aber auch die Juroren diverser Preise haben reagiert und „Die Richtige“ zum Beispiel auf die Shortlist für den Buchpreis der Leipziger Buchmesse gesetzt.

Nun, Maler und Modell haben schon immer die Fantasie der schreibenden Zunft beflügelt, später waren sie auch Inspiration für Filmschaffende und so ist es nicht nur der bildhaften Sprache des Autors zu verdanken, dass man schon gleich auf der ersten Seite eine eigene Vorstellung vom Atelier des Malers Louis Creutz hat. Martin Mosebach ist im Wort-Zirkus der Wort-Akrobat, der Wort-Jongleur, der Bändiger der Worte, balanciert sie auf dem Drahtseil, wirft die Wörter in die Höhe, fängt sie geschickt und geradezu elegant wieder auf, dreht Pirouetten und – reiht die Worte zu einer wunderbaren Sprache aneinander. Nach Weiterlesen

Klaus Bädekerl: Die letzte Favoritin

Klaus Bädekerl, ein erfahrener Geschichtenerzähler und Drehbuchautor mit Oscar-Nominierung, hat sicherlich nicht zufällig die Form und den Stil seiner Erzählung gewählt, die an die Fernsehspiele der 60iger und 70iger Jahre des letzten Jahrhunderts erinnert. Es ist ein reizvoller Kontrast. Auf der einen Seite ein Mann in den Achtzigern, der sich mit einem Gutachter auseinandersetzt, um die von seiner Tochter Melanie beantragte Entmündigung abzuwehren und auf der anderen Seite dieser alte Mann, der sich mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz und virtueller Realität seine Traumfrau erschafft. Das Treffen mit dieser Traumfrau hätte ihm fast das Leben gekostet, dennoch will er sie wiedertreffen, was seine Tochter notfalls mit der Entmündigung verhindern will. Der alte Mann hat sich gut auf den Termin mit dem Gutachter vorbereitet. Er ist zynisch, sarkastisch, Weiterlesen

Elissavet Patrikiou: Meine griechische Dorfküche

Zweifelsohne ist „Meine griechische Dorfküche“ eine Hommage der Autorin an ihre zweite Heimat Griechenland und insbesondere an das Heimatdorf ihrer Mutter. Optisch und grafisch nimmt Elissavet Patrikiou die Lesenden in ihrem neuen Kochbuch direkt mit ins 20. Jahrhundert. Dieser Eindruck wird durch die schwarzweißen Aufnahmen noch verstärkt. Dörfliche Szenen, ältere Frauen in Kittelschürzen, dazu die persönlichen Erinnerungen der Patrikious. Im Norden Deutschlands gab es bereits in den frühen 1970iger Jahren griechische Lokale. Einige der Gerichte kommen mir bekannt vor, vermutlich, weil auch die Küche der ersten griechischen Lokale in Deutschland auf Familienrezepten basierte. Mit den vorliegenden Weiterlesen

Kohle, Stahl und Mord, Das 13. Opfer, Elin Akay und Jana Fäller ermitteln

Ich glaube nicht, dass man wie ich aus dem Pott sein muss, um diese, Krimi zu lieben. Klar hilft es aus Castrop-Rauxel zu kommen, wo mein Oppa nach dem Krieg noch auf Zeche Viktor Kumpel war. Wo ich als Sechsjährige morgens sauber und adrett zu Frau Kuptschicks Laden ging und gegen Mittag dreckig war vom Ruß ausse Schlote. Klar, wenn man das kennt, ist man in dem Roman Kohle, Stahl und Mord vom ersten Satz an zu Hause, auch wenn ich mehr als fünfzig Jahre von Zuhause fort bin.

Dennoch liebe Leser lassen Sie sich fangen in einer Atmosphäre aus Kohle, Staub und Freundschaft. Es geht um die Grube, um Kumpels, um Ruhrpott Kneipen, um die Vergangenheit und den Zusammenhalt der Kumpels im Berg vor vierunddreißig Jahren. Es geht um ein Unglück, bei dem zwölf Männer der Zeche Ludwig in Essen ihr Leben verloren aber nie gefunden wurden. Das wandernde Dutzend genannt. Als der alte Steiger Werner wieder auf Ludwig einfährt, geht es nur um eine Überprüfung der Elektrik, damit das zukünftige Bergbaumuseum auf Sohle sieben in tausend Meter Tiefe endlich gebaut werden kann. Der junge Mann an seiner Seite ist ein Frischling und weiß nicht, dass Werner einer der Überlebenden des damaligen Unglücks ist. Kaum sind sie unten, bebt der Berg. Wassereinbruch und das Leben hängt am seidenen Faden. Der Berg ist gnädig zu den beiden, doch spült Leichen auf die Sohle sieben. Die Knochen des wandernden Dutzends wurden endlich freigegeben, doch der Schädel, der vor Werner liegt, ist Nummer dreizehn und hat ein Einschussloch.

Eine tolle Story, mit viel Hintergrund über die Zechen, die Kumpel und den Kohleabbau. Woran ich mich als Kind erinnere, ist alles haargenau getroffen, als wäre es gestern passiert. Dazu kommt eine spannende Ermittlung, die sowohl in der Gegenwart spielt als auch ergreifende Rückblicke auf die jungen Bergmänner und ihre Familien preisgibt. Gelungen, spannend, aktuell und mit Protagonisten, die man einfach lieben muss. Das nenne ich einen richtig guten Regio-Krimi! Weiterlesen

Leon Morell: Der sixtinische Himmel

Als die Erstausgabe von Leon Morells „Der sixtinische Himmel“ 2013 erschien, feierten die Fresken, die im Mittelpunkt des Historienromans stehen ihren 500. Geburtstag. Ob Zufall oder Kalkül – wer will das wissen. Bemerkenswert hingegen, dass die italienische Renaissance die Menschen immer noch fasziniert, begeistert und dazu inspiriert, sich mit dieser Zeit und ihren Künstlern auseinander zu setzen und 4 Jahre des eigenen Lebens mit der Recherche und dem Schreiben einer Geschichte über diese Zeit zu verbringen. 4 Jahre, so lange hat Michelangelo benötigt, um die Fresken der Sixtinischen Kapelle fertigzustellen. Nun, Morell hat die Zeit gut genutzt und zeichnet ein stimmiges, vielschichtiges Bild des Italiens des 16. Jahrhunderts sowie ein lebendiges Bild des Vatikans zu dieser Zeit. Dabei thematisiert Weiterlesen

Das Haus der Bücher und Schatten, Kai Meyer

Dies ist mein erstes Buch von Kai Meyer und ich war erstaunt, noch nie von ihm gehört zu haben. Denn sein Schreibstil ist nicht nur gefällig, ich würde ihn als schön beschreiben und dabei vermisst das Buch weder Spannung noch Ausdruckskraft. Der Roman, eigentlich ein Krimi, der in zwei Zeitsträngen spielt, 1913 und 1933, führt den Leser durch zwei Geschehnisse, die sowohl mysteriös, historisch solide, dramatisch und ungemein fesselnd sind. Natürlich verknüpfen sich beide Geschichten am Ende zu einer großen, überraschenden Aufklärung, die den übernächtigten Leser, weil man das Buch einfach nicht zur Seite legen kann, zufrieden mit einer guten Geschichte entlässt.

Ein solider Krimi, mit leicht gruseligen, schwer einzuschätzenden Mystery-Elementen in einem gut beschriebenen geschichtlichen Rahmen. Eine absolute Leseempfehlung von mir!

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Steffi Faigle, Kalorien können mich mal! Schritt für Schritt zur Wunschfigur

Ach, schon wieder ein Diätbuch mit neuen Schritten zur Traumfigur? Gibt es wirklich etwas Neues? Oder trifft gleich nach dem Lesen der Jo-Jo-Effekt ein und man hat 5 Kilogramm mehr auf dem Körper, deutlich sichtbar, nicht nur auf der Waage? Sie merken, meine Skepsis gegenüber Diätempfehlungen, ob Bücher, Pülverchen, indischen Gurus folgen oder Sonstiges. Bis auf die Gurus habe ich alles probiert. Irgendwann war ich wieder mehr als vorher.  Genauso ist es auch Steffi Faigle gegangen. Als Kind und junge Frau mit Adipös belastet, mit allen Folgen von Mobbing und Ausgrenzung hat sie laut ihrem Buch, indem sie es richtig plastisch beschreibt, wie es ist, wenn man einfach DICK ist. Man(n) fühlt sich jedenfalls, ich, richtig verstanden. Trotz meiner Skepsis Diätbüchern gegenüber, gibt man die Hoffnung nie auf, vielleicht hat Frau Faigle doch die rettende Idee.

Steffi Faigle blickt auf eine 30-jährige Diätgeschichte zurück: vom adipösen Kind, über die essgestörte Jugendliche, bis hin zur Erwachsenen auf Dauerdiät. Mit Sportsucht und Heißhungerattacken. Mit viel Selbstironie beschreibt sie ihren Weg aus dem Jo-Jo-Teufelskreis in ein natürliches Leben und bietet dir klare Handlungsweisen. Die gebürtige Schwäbin und zertifizierte Ernährungsberaterin erkannte im Laufe ihrer eigenen Abnehmreise, dass Essen nicht die Wurzel ihres Gewichtsproblems ist und beendete ihre Leidensgeschichte mit einer neuen Herangehensweise. Heute ist sie erfolgreich als Coach, Podcasterin und Speakerin tätig und begleitet mit ihrem Coach-Programm „Zack! Schlank“ Tausende von Personen dabei, aus dem Jo-Jo-Wahnsinn auszubrechen, ohne Verzicht alles essen und gleichzeitig schlank bleiben zu können. Steffi Faigle lebt mit ihrem Partner, ihren beiden Kindern und Hund in der Nähe von Stuttgart.

Dieses Buch beginnt erstmal mit dem Leidensweg von Steffi Faigle. Wie schreibt sie so schön: ich habe mich nackisch gemacht. Bis sie ein Schlüsselerlebnis in einem bekannten Fastfood-Restaurant hatte, wo sie genüsslich in den Burger biss und die überzuckerte süße Brause genoss. In diesem Moment erkannte sie, dass sie sich nicht über die Kalorien Gedanken machen musste, sondern über ihr Essverhalten. Frustessen, Heißhungerattacken etc. Sie bietet einen anderen Ansatz zum Abnehmen der auf Verzicht auf Kalorien, Ausbremsung von Lebensmittel, Fett, Zucker auskommt. Steffi Faigle legt ihren Fokus auf Erkenntnis zur Selbstliebe und Erfahrung auf natürliche Essgewohnheiten. Sie empfiehlt sich Gedanken über sein Essverhalten zu machen und positiv das umzuändern. In ihrem Buch teilt sie ihre Erfahrungen und gibt praktische Handlungsempfehlungen. Wie sie, liebe Leser, ihre Einstellung zu sich selbst. Ihren Körper und somit nachhaltig ihre Ernährung ändern, ohne auf etwas verzichten zu müssen und trotzdem schlank werden und bleiben. Getreu nach Steffi Faigle Motto: „Zack! Schlank“.

Kalorien können mich mal!  Steffi Faigle, mvgverlag, ISBN: 978-3-7474-0634-2, Taschenbuch, € 17,00, erschienen Januar 2025.

Edvard Hoem: Der Geigenbauer

Man muss nicht Geige spielen, um der Magie und dem Charme des Geschichtenerzählers Edvard Hoem zu erliegen. Seine bildhaften, poetischen Beschreibungen lassen das ausgehende 18. und das beginnende 19. Jahrhundert lebendig werden und ziehen die Lesenden in seinen Bann. Wie überall war auch in Norwegen das Leben der Bauern hart und entbehrungsreich, Bildung kaum jemandem zugänglich, dafür die Kirche all gegenwärtig. Hoem hat seine interessanten Protagonisten und Charaktere detailliert ausgearbeitet. Man merkt, er mag sie. Zusammen mit den ausführlichen Beschreibungen des täglichen, bäuerlichen Lebens zeichnet er ein umfangreiches, überzeugendes und authentisches Bild der damaligen Zeit. Hoem veranschaulicht die ländlichen Strukturen der norwegischen Westküste, die Macht der Dienstherrschaft und zeigt dabei auf, wie abhängig und ausgeliefert das Gesinde war.  Bald zeichnet sich ab, das Lars, das Weiterlesen