Magda Birkmann eine der Herausgeberinnen nennt das Buch von Katrin Holland in ihrem interessanten Nachwort, ein seltsames Gemisch aus Sachlichkeit und veralteter Romantik. Ich schließe mich dem Gedanken an. Die erzählte Geschichte weckt beim Leser eine Erwartungshaltung, die in Richtung einer romantischen Liebesgeschichte Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts geht. Daher ist das Ende völlig unerwartet und versachlicht die Erzählung mit einem Mal so sehr, dass es sich schon fast kalt anfühlt. Diese Mischung macht den Roman erst richtig interessant und führt den leichtfüßigen fast komödiantischen Anfang der Geschichte am Ende ad absurdum.
Wer sich für die kaum beachteten Frauenromane dieser Zeit interessiert und einmal die mutigen und talentierten Autorinnen lesen möchte, ist mit diesem Buch genau richtig. Es ist bereits das zweite Buch (1.Stella Benson, Zauberhafte Aussichten) von Rowohlts, das ich in der Reihe wieder entdeckter Autorinnen gelesen habe. Es ist einfach großartig zu sehen, was diesen Schriftstellerinnen bereits vor fast hundert Jahren am Herzen lag.
Autorinnenfoto: Copyright ® Ullstein Bild – Fotografisches Atelier Ullstein
Katrin Holland, geboren 1910 oder 1914 (je nach Quelle) als Heidi Huberta Freybe in Rostock, war eine deutschamerikanische Autorin. 1930 erschien die Erstausgabe von «Man spricht über Jacqueline» unter dem Pseudonym Katrin Holland beim Ullstein Verlag. 1937 emigrierte Freybe, mit einem Umweg über Italien, nach Amerika und verfasste dort unter dem Namen Martha Albrand etliche Spionage- und Mysteryromane, die auch auf Deutsch erschienen. Sie wurde mit dem Grand prix de littérature policière für ihren Roman «After Midnight» ausgezeichnet und stiftete für den P.E.N. den Martha Albrand Award. Sie starb 1981 in New York. -Herausgegeben von Magda Birkmann und Nicole Seifert-
Jacqueline, alias Jack ist eine moderne Frau, die auf ihren Ruf reichlich wenig gibt, im Gegenteil, sie provoziert mit ihren Affären und dem unkonventionellen Auftreten absichtlich einen Skandal nach dem anderen. Dabei ist sie völlig glücklich, auch wenn sie Männerherzen bricht und auch den einen oder anderen Suizid ihrer verschmähten Lover in Kauf nehmen muss. So und nicht anders will sie leben. Bis ihr der konservative, überseriöse Michael Thomas begegnet. Seine Moralvorstellungen grenzen an eine gewisse Heiligkeit und genau das scheint Jack anzuziehen wie eine Motte das Licht. Sie verliebt sich unsterblich in den Mann, obwohl sie weiß, er würde sie nie heiraten, wenn er ihren Ruf kennt. So bittet sie ihre introvertierte, rechtschaffene Schwester June um Hilfe. Die soll den schlechten Ruf von J. Mamroth übernehmen. An der Stelle erwartet man nun das fröhliche, romantische Verwechslungsspiel, das es schon immer in der Literatur gab. Ein lustiges Durcheinander aller Beteiligten, welches im Normalfall für jeden gut ausgeht. Doch so hat sich die Autorin ihren Roman nicht vorgestellt. Doch lesen Sie selber.
Wenn ich eine kritische Bemerkung anbringen darf, die sich weder auf Katrin Holland noch auf ihren Originalroman bezieht, ist es die Nacharbeit bei dem Buch. So heißt es, bevor der Roman beginnt: „Für die Ausgabe wurde zum Zeitpunkt der Entstehung des Romans gewählte, heute als abwertend wahrgenommene Bezeichnungen für Schwarze Menschen und Sinti:zze und Rom:nja überwiegend mit * unkenntlich gemacht, um sie nicht zu reproduzieren.“ Zitat Ende
Kann man nicht eine Information dem Werk Vorabstellen, das es sich bei dem Werk um einen Zeitzeugen handelt, der auch durch die Sprache in einem historischen Kontext angesiedelt ist. Leider wurden in dieser Zeit abwertende Bezeichnungen gewählt, die nicht nur herabwürdigend waren, sondern unmenschlich und unakzeptabel sind. Der Leser soll bitte diese Tatsache beachten und diesen Sprachgebrauch in einem reinen historischen Kontext betrachten. So könnte das Originalwerk erhalten werden, wie die Autorin es geschrieben hat und dennoch würde dem Leser vor Augen geführt, dass heutzutage keinerlei rassistischer Sprachgebrauch mehr akzeptabel ist.
Man spricht über Jaqueline, Katrin Holland, herausgegeben von Magda Birkmann und Nicole Seifert, Verlag Rowohlt Taschenbuch, Seiten 224, ISBN: 978-3-499-01601-1, Euro 15,00, erschienen im November 2024.