Schlagwort: Trauer

Woran ich lieber nicht denke, Jente Posthuma

Erst einmal muss man sich an den Stil des Romans gewöhnen. Kurze Kapitel, die sprunghaft und von Gedanken, Situationen, manchmal Gesprächen oder Erinnerungen geprägt sind. Als Leser heißt es erst einmal, orientiere dich. Und hat man begonnen zu verstehen, ist kaum im Text angekommen, endet das Kapitel schon wieder. Auch die Gefühle, die sich hauptsächlich mit ihrem Bruder auseinandersetzten, sind sprunghaft und sehr ambivalent. Ich liebe dich, liebe ich dich? Du bist mir nah, du bist wie ich, eigentlich kennen wir uns nicht, so fremd bist du mir. Dennoch geht es um zwei Menschen, die immer zusammen waren, dabei so selbstverständlich, wie man sich selbst nahe ist. Und all diese zum Teil verstörenden Gefühle gehen nicht nur von der überlebenden Schwester aus. Eigentlich wir hier von der Tiefen Trauer des Bruders berichtet, der sein emotionales Leben nie in den Griff bekam und daher den für ihn einzig möglichen Schritt machte. Ein Schritt, der seine Seelenverwandte, sein Zwillingsschwester zurückließ.

Was wie ein zerstückeltes Tagebuch anmutet, versucht ein Gefühl der Leere wieder zu begraben, welches aufreißt, wenn ein geliebter Mensch in den Freitod geht. Jente Posthumas Stil ist jung, spritzig und für eine bereits fünfzigjährige Autorin erstaunlich konventionslos. Es ist ein Buch, das man schnell lesen kann, weil es einen verleitet noch ein Kapitel und noch ein Kapitel anzugehen, doch auch ein Buch, das einem am Ende nur schwer entlässt. Definitiv eine Leseempfehlung! Weiterlesen

Stefan Kuhlmann: Herr Winter taut auf | Interview: Fünf Fragen an den Autor

Was für ein Romandebüt! Gratulation. Flott, witzig, unterhaltsam, mit viel Tiefgang und wundervollen Charakteren. Allen voran Herr Winter, der Protagonist dieser Geschichte. Gerade als Finanzbeamter in Pension gegangen, verliert er seine Frau Sophia auf tragische Weise bei einem Autounfall. Sophia war AVON-Beraterin, der Keller ist voll mit Kosmetikprodukten, Kunden wollen ihre Bestellungen haben, was also tun? Sich weiterhin vor der Welt verkriechen und sich seinem Schmerz hingeben, oder Sophias großen Wunsch erfüllen und für sie den Titel AVON-Beraterin des Jahres holen? Der Mut – und Herr Winter – stellen sich die Wege kürzer vor. Es ist ein weiter Weg bis ihm Begriffe wie Mascara und Foundation leicht über die Weiterlesen

Pernille Hughes: Zehn Jahre du und ich

Wenn man der Liebe wegen die Heimat verlässt und in der Fremde sein Glück findet, lässt man sich auch für seine Liebesgeschichte und deren Charaktere etwas Besonderes einfallen – wie Pernille Hughes. Ihrer sterbenden Protagonistin Ally wird die Rolle der Kupplerin zuteil, damit die zwei Menschen, die sie am meisten liebt: Charlie, ihren Mann und Becca, ihre beste Freundin, zueinander finden können. Eine hoch emotionale Geschichte, deren Traurigkeit, Freude und Wut sehr spürbar sind. Mit gefällt, wie sich die Figuren von Charlie und Becca im Verlauf der Geschichte entwickeln, besonders der von Becca, die zum Schluss meine Freundin sein könnte. Und das spricht für die Autorin und deren Fähigkeit Personen zu entwickeln, Weiterlesen