Rebecca F. Kuang: Yellowface

Rebecca F. Kuangs neuer Roman “Yellowface“ wird allgegenwärtig gehypt: Autorenkollegen, Kritiker, Blogger, Verlagsmitarbeitende, überschlagen sich in ihrem Lob für diesen – wie er genannt wird – Krimi, denn die Protagonistin June Hayward ist kriminell. Sie ist eine Diebin. Genau genommen ist sie eine kriminelle, diebische, schreibende Opportunistin. Zugegeben, sie veredelt das Manuskript, das sie ihrer auf tragische Weise verstorbenen Autorenfreundin gestohlen hat fast, und hier liegt die Betonung auf fast, bis zur Unkenntlichkeit. Aber: …wer ein Werk oder die Umgestaltung vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich weitergibt…  begeht eine Straftat nach dem Urheberschutzgesetz §106 und riskiert eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren oder eine Geldstrafe, zumindest in Deutschland. Lange fällt niemandem auf, dass der Roman „Die letzte Front“ zwei Autoren hat: Juniper Song, alias June Hayward, amerikanische Amerikanerin, bislang als Autorin nicht sehr erfolgreich und Athena Liu, chinesisch-amerikanisch, die mittlerweile verstorbene literarische Überfliegerin. Juniper Song, alias June Hayward, der neue Stern am literarischen Himmel leidet unter der Angst entdeckt zu werden, was sich als selbsterfüllende Prophezeiung erweist. Und darunter, dass sie wieder abliefern muss. Kuang geht klug vor und lässt ihre Protagonistin und Ich-Erzählerin wohl dosiert Hinweise und Fakten offenlegen. Das Cover ist ein Hingucker schlechthin, an dem man nicht vorbeikommt. Und wer neugierig genug ist und den Schutzumschlag entfernt, erlebt eine kleine, gelungene Überraschung. Leider hält für mich der Inhalt nicht ganz das, was die Aufmachung verspricht. Die Story über Praktiken und Rassismus in den Verlagshäusern und die Gnadenlosigkeit der Social Media ist für meinen Geschmack etwas schlicht geraten. Wie die Charaktere. Sie sind weder vielschichtig noch sonderlich sympathisch und dieser Eindruck vertieft sich noch im weiteren Verlauf. Dank der klaren, schnörkellosen Sprache, der sich die Autorin bedient, erhält die Story ihre Dynamik. Fazit: lohnenswert ist der fünfte, satirische Roman von Rebecca F. Kuang, der die Zeitgeistthemen aufgreift und es schafft, dass Leserinnen und Leser Stellung beziehen, allemal.

Foto: Kobi C. Felton

Rebecca F. Kuang is the #1 New York Times bestselling and Hugo, Nebula, Locus, and World Fantasy Award nominated author of Babel, the Poppy War trilogy, and the forthcoming Yellowface. She is a Marshall Scholar, translator, and has an MPhil in Chinese Studies from Cambridge and an MSc in Contemporary Chinese Studies from Oxford. She is now pursuing a PhD in East Asian Languages and Literatures at Yale.

June Hayward und Athena Liu könnten beide aufstrebende Stars der Literaturszene sein. Doch während die chinesisch-amerikanische Autorin Athena für ihre Romane gefeiert wird, fristet June ein Dasein im Abseits. Niemand interessiert sich für Geschichten „ganz normaler“ weißer Mädchen, so sieht es June zumindest.

Als June Zeugin wird, wie Athena bei einem Unfall stirbt, stiehlt sie im Affekt Athenas neuestes, gerade vollendetes Manuskript, einen Roman über die Heldentaten chinesischer Arbeiter während des Ersten Weltkriegs.

June überarbeitet das Werk und veröffentlicht es unter ihrem neuen Künstlernamen Juniper Song. Denn verdient es dieses Stück Geschichte nicht, erzählt zu werden, und zwar egal von wem? Aber nun muss June ihr Geheimnis hüten. Und herausfinden, wie weit sie dafür gehen will.

Eichborn Verlag – gebunden – 384 Seiten – 24,00 € – ISBN 978-3-8479-0162-4

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