Hinter jedem intelligenten Mann steht eine noch clevere Frau. Im Fall von Nicolas Barreau ist es Daniela Thiele. Mit deutscher Gründlichkeit hat sie ihrem Pseudonym nicht nur eine Vita, sondern auch ein Gesicht verpasst. Charmant, jungenhaft lächelt der vermeintliche Barreau in die Kamera. Als „Das Lächeln der Frauen“ erscheint, soll er Anfang 30 sein und nur zu gern hält die Leserschaft ihn für einen unverbesserlichen, französischen Romantiker. Nur Elmar Krekeler, Kritiker bei „Die Welt“ äußert bereits in seiner Rezension zu „Das Lächeln der Frauen“ den Verdacht, dass es sich bei Barreau um ein Pseudonym von Daniela Thiele (*1956) handelt. Allerdings fehlten ihm die letzten Beweise. Weiterlesen
Schlagwort: Romantik
Florian Illies: „Zauber der Stille. Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten“
Gastrezension: Dr. Ulrike Bolte
Fundiert, in gewohnter Manier, gelingt es Florian Illies mit dem „Zauber der Stille“ die Biographie Caspar David Friedrichs collagenartig mit zeitgenössischen Ereignissen oder Ausblicken in die Zukunft wie der Rezeptionsgeschichte zu verflechten. Thematisch gegliedert in die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft ( zu denen Illies möglicherweise durch die Pastellmalereifolge von der Malerin Rosalba Carriera angeregt wurde) erfahren wir im ersten Kapitel von den verheerenden Bränden zu Lebzeiten, die sein Werk dezimierten wie der Brand seines Geburtshauses in Greifswald, den späteren Verlusten zu Kriegszeiten wie in den Berliner Flaktürmen oder dem verheerenden Feuer, dem der Glaspalast in München zum Opfer fiel 1931 mit 110 Bildern der Romantik. Aus dieser Erfahrung heraus entwickelt Friedrich ein Feuerleitsystem als Brandschutz für Greifswald anhand der Kirchenglocken. Ein weiteres Element der Kulturgeschichte sind die schmalen Friedrichbändchen, die die deutschen Wehrmachtsoldaten in den Schützengräben über dem Herzen in den Brusttaschen tragen – doch das Buch kann sie ironischerweise nicht vor Kugeln und Granaten schützen. Weiterlesen
Kerstin Gier: Ein unmoralisches Sonderangebot
Seit 1993 der Roman „Ein unmoralisches Angebot“ von Jack Engelhard mit Robert Redford und Demie Moore verfilmt wurde, hat das Thema immer wieder Autorinnen und Autoren inspiriert, Szenarien für Charaktere zu kreieren, die amoralisches Handeln ausprobieren dürfen und dann sehen, ob es ihnen gefällt. War es im Film ein Milliardär, schickt Kerstin Gier einen Multi-Millionär ins Rennen. Und das bereits 2005. 2023 veröffentlichte Lübbe eine Neuauflage des Romans mit neuem, modernen Cover. Zurück zur Geschichte. Er, Fritz, will Opa werden! Die drei Kinder seiner Tochter zählen da wohl nicht und ihre Namen kann er sich auch nicht merken, weshalb er sie „Dings“ nennt. Also, er will Opa werden, koste es, was es wolle. Dafür ist er bereit, moralische Skrupel über Bord zu werfen und seinen Geiz zu Weiterlesen
Janne Mommsen: Die Weihnachtsliste
Mommsens charmante Weihnachtsgeschichte führt die Leserschaft nach Friedrichstadt. Tatsächlich bin ich vor Jahren – ganz kurz – und ohne um die Besonderheit und die Bedeutung dieses Ortes zu wissen, in Friedrichstadt gewesen. Schade! Vielleicht hätte ich mit etwas Glück den magischen Spielzeugladen von Onkel Hein entdeckt. Aber zur Sache, bzw. zum Buch: Großonkel Hein hinterlässt sein Haus samt Spielzeugladen seinem vagabundierenden Großneffen Ben. Schon auf dem Sprung nach Singapur muss Ben vor der Abreise die Angelegenheiten seines Großonkels regeln. Das Inventar verkaufen, einen Interessenten für das Haus finden und – den traditionellen Weihnachtsbasar zu Gunsten eines afrikanischen Waisenhauses am 4. Advent für die Weiterlesen
Gloria Naylor: Linden Hills
Nach ihrem fulminanten Debütroman Die Frauen von Brewster Place ließ Gloria Naylor fünf Jahre später den fiktiven Roman» Linden Hills« folgen. Was es ihr und ob es ihr etwas bedeutet hätte, dass die beiden Bücher neuaufgelegt in deutscher Sprache erschienen sind, werden wir nicht erfahren und müssen uns mit Mutmaßungen begnügen. Wahrscheinlich wäre sie stolz und zufrieden. Zieht man in Betracht wie sie sich zeitlebens mit gesellschaftspolitischen Themen auseinandergesetzt hat und Literatur und Kreatives Schreiben an diversen amerikanischen Universitäten unterrichtet hat, würde sie sich vielleicht fragen, ob aus dem derzeitigen Hype um schwarze Literatur ein dauerhaftes Interesse an dieser bleibt. Thema ihres zweiten Romans ist der amerikanische Traum. Naylor schreibt darüber leidenschaftlich, scharf und schnörkellos und gewährt dem Leser einen anspruchsvollen Einblick in die moderne Klassenhierarchie, eingebettet in die schwarze Kultur. Weiterlesen
Sophie Irwin: Wie man sich einen Lord angelt
Ja, wie angelt man sich einen Lord? Erstens: man muss zur Ballsaison in der Hauptstadt sein. Zweitens: sollte man nicht das Glück haben in die Londoner Gesellschaft hineingeboren zu sein und dadurch Zugang zu den Bällen und Soireen zu haben, sollte man a) über ein außergewöhnlich gutes Aussehen, Charme, Esprit, Witz, nicht zu vergessen tadelloses Benehmen und b) über Einfallsreichtum und Entschlossenheit verfügen. Des Weiteren ist es äußerst wichtig sich mit den Damen der Gesellschaft bzw. den Müttern geeigneter Kavaliere gut zu stellen. Denn auch wenn man in einer Männerwelt lebt, haben die Frauen das Sagen, wenn es darum geht, welcher Debütantin der eigene Sohn den Hof machen darf. Und man braucht eine einem wohlgesonnene Autorin – in diesem Fall Sophie Irwin, die alle Irrungen und Wirrungen ihres Debütromans im Regency London zu einem guten Ende bringt. Weiterlesen
Gloria Naylor: Die Frauen von Brewster Place
Mit ihrem Debütroman »Die Frauen von Brewster Place« legte Gloria Naylor vor 40 Jahren den Grundstein für ihre äußerst steile Karriere und inspirierte Oprah Winfrey eine erfolgreiche Miniserie basierend auf dem Buch zu produzieren, in dessen Zentrum sieben schwarze Frauen stehen. Jede Geschichte in Die Frauen von Brewster Place für sich genommen ist fesselnd und obwohl jede Geschichte nur tangential mit jeder anderen Geschichte verbunden ist, bietet die Autorin eine Gesamteinheit, die den Roman trägt. Und zwar nicht in herkömmlicher linearer Struktur, sondern unter Verwendung von mehreren Miniplots, die das Leben der einzelnen Protagonistinnen beleuchten und der Autorin ermöglichen, sich auf die Charaktere zu fokussieren. Und es gelingt Naylor ihre Figuren überzeugend zu entwickeln. Jede Frau wird mit ihrer eigenen einzigartigen Persönlichkeit präsentiert, die fein ausgearbeitet ist, so dass sie sowohl einprägsam als auch kraftvoll daherkommt. Weiterlesen