Alle Artikel von Elke Rossmann

Briefe von morgen, die wir gern gestern schon gelesen hätten, Timur Vermes

Ach, wenn es nur nicht so ein realistisches Orakeln wäre, dass Timur Vermes uns in seinen Briefen von morgen präsentiert. Es ist pure Satire, die beißt und brennt, vor allem, wenn die Zeiten genau in diese Richtung zeigen. Als Erstes wird uns ein Brief an den neuen Bundeskanzler Herrn Merz präsentiert, den er aber erst zur nächsten Wahl lesen soll, wenn Herr Merz schon lange aus dem politischen Geschäft gedrängt wurde und er der AFD die Wege zur Macht geebnet hat. Das ist allerdings so bitter, dass mir der Lacher im Hals stecken blieb. Ganz anders der Brief einer Dame an ihre Versicherung, mit der Bitte die Kosten für einen zerschlagenen Pflegeroboter zu übernehmen. Auf dem Weg zu Vernichtung dieses Teils kann man wirklich in sich hineinkichern. Gut gefallen hat mir auch ein Brief von besorgten Eltern an die Direktorin eines Gymnasiums. Klein Meghan aus der 4b, wird nämlich ständig benachteiligt. Oder man füllt das Formular BBbyDesin aus, um sein Wunschkind schon vor der Geburt zu kreieren.

Ein genialer Querschnitt von KI über Politik, die Unterhaltungsindustrie und auch die Religion bekommt ihr Fett ab. Manchmal bleibt einem die Luft weg, denn einiges ist mehr als vorstellbar. Dennoch nennt man so etwas noch gute Satire. Nur schade, dass kein Brief in die USA verschickt wurde, doch wahrscheinlich kamen dem Autor bei dem Gedanken selbst die Tränen. Sehr lesenswert, wenn Sie den Zeitgeist mit Humor nehmen können.

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Das ist Glück, Niall Williams

Dies Buch ist wie ein kleiner, gemütlicher und liebenswürdiger Kurzurlaub im letzten Winkel von Irland. Das Dörfchen Faha dürfen wir, wie unsichtbare Voyeure kennenlernen. Es ist Noes Erzählung, die uns Leser mitten in dieses Idyll katapultiert. Noe noch keine zwanzig Jahre alt verbringt einige Zeit in den siebziger Jahren dort bei seinen Großeltern. Der Tod seiner geliebten Mutter hatte ihn nach der Schule ins Priesteramt getrieben. Doch plötzlich ging ihm der Glaube verloren und er muss sich eine Auszeit nehmen, um alles zu überdenken. Obwohl Ganga, der Großvater und Doady, seine Oma, jeden Sonntag wie alle Bewohner Fahas in die Kirche gehen, machen die beiden dem Jungen keinen Druck. Sie setzten eher auf Zeit und das ihr Noe schon die richtige Lösung findet. Außerdem ist es das Jahrzehnt, in dem endlich die Elektrizität auch die letzten Dörfer Irlands erreichen soll. Mit den Masten und Bauarbeitern kommt auch Christy. Ein welterfahrener, älterer Mann, der für das Stromunternehmen arbeitet. Er richtet sich zur Untermiete bei Noes Großeltern ein. Und mit diesem Mann kommt nicht nur eine ganz neue Welt zu Noe, er lernt die Liebe kennen und versteht zum ersten Mal, was Glück bedeutet. Und dass es etwas Magisches ist, das mit Christy ins Dorf kommt, merkt jeder einzelne seiner Dorfbewohner. Denn es hört plötzlich auf zu regnen!

Es ist eine Geschichte die zu Herzen geht, die innere Uhr etwas langsamer ticken lässt und sich voller Humor und Liebenswürdigkeit einem an die Seele schmiegt. Eine Geschichte die nicht viel berichtet, nur das Wichtigste, was man im Leben erfahren kann. Sie sollten dieses Buch nicht verpassen. So verzückt von einem Buch war ich das letzte Mal bei der Bücherdiebin von Markus Zusak. Weiterlesen

Graphic Novel: Thomas Mann 1949

Am 6. Juni 2025 würde Thomas Mann 150 Jahre alt werden. Er war einer der größten deutschen Autoren des Zwanzigsten Jahrhunderts und erhielt 1929 für sein Werk ›Die Buddenbrooks‹ den Literaturnobelpreis. Aber bereits 1933 nach Machtergreifung der Nationalsozialisten musste er während einer Reise emigrieren. Nach verschiedenen Zwischenstationen kam Thomas Mann mit seiner Familie, noch bevor die Nazis ihn in Schutzhaft nehmen konnten in die USA. 1949 kehrt Thomas Mann für eine Reise und um den Goethe Preis entgegen zu nehmen, ins zerbombte Nachkriegsdeutschland zurück. Diese Reise durch Deutschland und nicht durch Zonen, wie Thomas Mann es nannte, ist in dieser Graphic Novel sehr beeindruckend beschrieben. Denn die Illustrationen sowie der Text erfassen den richtigen Ton, wie auch die Stimmung. Denn man weiß aus Manns Tagebucheinträgen und den Reiseberichten, dass es für ihn und seine Frau Katia keine einfache Reise war. Ich habe mich gefragt, was würde Thomas Mann wohl über das heutige Deutschland aber auch über die heutige USA denken?

Die Graphic Novel ist sehr gelungen, sowohl die künstlerische Gestaltung als auch die Texte. Und zum 150 Geburtstag eine Ehrung an den großen deutschen Schriftsteller als auch eine Mahnung die dunkelsten Jahre Deutschlands nie wieder heraufzubeschwören.

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Kohle, Stahl und Mord, Das 13. Opfer, Elin Akay und Jana Fäller ermitteln

Ich glaube nicht, dass man wie ich aus dem Pott sein muss, um diese, Krimi zu lieben. Klar hilft es aus Castrop-Rauxel zu kommen, wo mein Oppa nach dem Krieg noch auf Zeche Viktor Kumpel war. Wo ich als Sechsjährige morgens sauber und adrett zu Frau Kuptschicks Laden ging und gegen Mittag dreckig war vom Ruß ausse Schlote. Klar, wenn man das kennt, ist man in dem Roman Kohle, Stahl und Mord vom ersten Satz an zu Hause, auch wenn ich mehr als fünfzig Jahre von Zuhause fort bin.

Dennoch liebe Leser lassen Sie sich fangen in einer Atmosphäre aus Kohle, Staub und Freundschaft. Es geht um die Grube, um Kumpels, um Ruhrpott Kneipen, um die Vergangenheit und den Zusammenhalt der Kumpels im Berg vor vierunddreißig Jahren. Es geht um ein Unglück, bei dem zwölf Männer der Zeche Ludwig in Essen ihr Leben verloren aber nie gefunden wurden. Das wandernde Dutzend genannt. Als der alte Steiger Werner wieder auf Ludwig einfährt, geht es nur um eine Überprüfung der Elektrik, damit das zukünftige Bergbaumuseum auf Sohle sieben in tausend Meter Tiefe endlich gebaut werden kann. Der junge Mann an seiner Seite ist ein Frischling und weiß nicht, dass Werner einer der Überlebenden des damaligen Unglücks ist. Kaum sind sie unten, bebt der Berg. Wassereinbruch und das Leben hängt am seidenen Faden. Der Berg ist gnädig zu den beiden, doch spült Leichen auf die Sohle sieben. Die Knochen des wandernden Dutzends wurden endlich freigegeben, doch der Schädel, der vor Werner liegt, ist Nummer dreizehn und hat ein Einschussloch.

Eine tolle Story, mit viel Hintergrund über die Zechen, die Kumpel und den Kohleabbau. Woran ich mich als Kind erinnere, ist alles haargenau getroffen, als wäre es gestern passiert. Dazu kommt eine spannende Ermittlung, die sowohl in der Gegenwart spielt als auch ergreifende Rückblicke auf die jungen Bergmänner und ihre Familien preisgibt. Gelungen, spannend, aktuell und mit Protagonisten, die man einfach lieben muss. Das nenne ich einen richtig guten Regio-Krimi! Weiterlesen

Das Haus der Bücher und Schatten, Kai Meyer

Dies ist mein erstes Buch von Kai Meyer und ich war erstaunt, noch nie von ihm gehört zu haben. Denn sein Schreibstil ist nicht nur gefällig, ich würde ihn als schön beschreiben und dabei vermisst das Buch weder Spannung noch Ausdruckskraft. Der Roman, eigentlich ein Krimi, der in zwei Zeitsträngen spielt, 1913 und 1933, führt den Leser durch zwei Geschehnisse, die sowohl mysteriös, historisch solide, dramatisch und ungemein fesselnd sind. Natürlich verknüpfen sich beide Geschichten am Ende zu einer großen, überraschenden Aufklärung, die den übernächtigten Leser, weil man das Buch einfach nicht zur Seite legen kann, zufrieden mit einer guten Geschichte entlässt.

Ein solider Krimi, mit leicht gruseligen, schwer einzuschätzenden Mystery-Elementen in einem gut beschriebenen geschichtlichen Rahmen. Eine absolute Leseempfehlung von mir!

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Film: Megalopolis, by Francis Ford Coppola, DVD und Blu-ray

Ich glaube, es ist mir noch nie so schwer gefallen, eine Rezension für einen Film zu schreiben. Dazu muss ich sagen ich bin ein Coppola Fan. Auch wenn die heroische Darstellung der Mafia im Paten eine berechtigte Kritik, genau wie die zwiespältige Meinung, ob ›Apocalypse Now‹ ein anti oder ein kriegsverherrlichender Film ist, völlig legitim sind. Dennoch habe ich den ›Paten‹, und zwar Teil I, II und III mehr als fünf Mal gesehen, genau wie ›Apocalypse Now‹. Denn es war und ist immer noch großes Kino. Jetzt kommt Coppolas Lebenswerk, das vierzig Jahre dauerte und selbst finanziert wurde, aus Mangel an Investoren, ins Kino und in unserem Fall auf DVD und Blu-Ray. Und ja, ich bin hin und hergerissen, wie ich den Film denn nun finden soll.

Er hat mich fasziniert, ich habe den Kopf geschüttelt. Er ist mit philosophischen Dialogen überfrachtet, ähnlich schwer zu verstehen, als wolle man die Ilias von Homer lesen, dennoch gruselt es einem bei den Parallelen zur USA von Präsident Trump. Die Bilder sind grell, funkelnd, bezaubernd, wirr und manchmal zusammenhangslos. Der Film ist schwer zu begreifen, aber das war der Stummfilm Metropolis von Fritz Lang 1927 bestimmt auch.

So ist meine Quintessenz dieses Films: Ja, ich werde mir ihn ein zweites Mal ansehen. Ja, ich empfehle Ihnen, liebe Leser und Filmliebhaber, sehen Sie sich ihn an. Am besten mit mehreren Freunden und reden sie über den Film. Denn auch wenn der Film umstritten ist in der Presse und eine verhaltene Reaktion in Cannes erhielt, so wird doch über ihn geredet! Weiterlesen

Die Frau des Serienkillers, Alice Hunter

Ziemlich starker Tobak dieser Thriller. Aber so ist es wohl, wenn sich ein Familienidyll, mit Cottage auf dem Land, einer wunderbar süßen Dreijährigen und einem kleinen Café in dem die Kekse duften und man dazu noch Keramikbemalung angeboten bekommt, plötzlich in Luft auflöst. Eigentlich ist es schlimmer als eine Auflösung, denn auf dieses Leben fällt eine Atombombe, als der geliebte, gut aussehende und liebevolle Ehemann nicht nach Hause kommt. Stattdessen stehen zwei Kriminalbeamte in Beth Küche und fragen nach ihrem Mann, ohne weitere Erklärungen abzugeben. Als Tom dann viel später am Abend nach Hause kommt, nimmt man ihn gleich mit auf Revier. Beth ahnt nicht, dass sie nie wieder die Chance hat, mit ihm alleine zu reden. Denn schon am anderen Tag landet ohne Kaution in der Untersuchungshaft. Es geht um Mord und für Beth und ihre kleine Poppy bricht die Welt zusammen. Ihr Mann soll ein perfider Mörder sein! Solch eine Neuigkeit macht sich nicht gut in einem kleinen Dorf der Provinz und so beginnt die Hexenjagd nicht nur für Tom. Plötzlich wird getuschelt, die Presse hetzt die junge Mutter und auch den Müttern aus der Kita ist nicht zu trauen. Beth ist am Ende, bis Adam, ein Mann und Vater, der erst kürzlich auf tragische Weise seine geliebte Frau verlor, ihr eine helfende Hand reicht. Vielleicht eine fatale Entscheidung?

Ein spannender Thriller der das Idyll vielleicht ein bisschen zu sehr in Szene setzt und mit den überkandidelten Müttern manchmal an Desperate Housewives erinnert. Doch die Story hat es in sich. Vor allem am Ende, wenn alles auf den Tisch kommt. Definitiv lesenswert mit unerwarteten und heftigen Wendungen. Auch wenn mir die Mischung von, auf der einen Seite zu viel Friede, Freude Eierkuchen im Vorstadtidyll und auf der anderen Seite plötzlich knallharter Thriller an dem Hannibal Lektor Freude hätte, mittlerweile eine Nuance zu hart ist. Aber ich bin sicher, der Thriller findet seine Liebhaber.

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Wir finden Mörder, Sie haben den Fall. Wir haben die Lösung, Richard Osman

Wenn sie den ganz speziellen, doch totwitzigen englischen Humor lieben, sind Sie bei der Krimi-Serie, ›Wir finden Mörder‹ genau richtig. Die Situationen in dem Krimi sind genau wie der Humor manchmal regelrecht absurd und würzen diese Geschichte damit ungemein. Das Rezept dafür: Ein bisschen Monty Python, ein bisschen Mick Herron mit seiner grandiosen Serie, über die aufs Abstellgleis verbannten, ältlichen MI5 Agenten und dann packen wir noch das internationale Flair von St.Lucia, Dubai, Hawaii, Irland und der englischen Provinz dazu. Voilà wir haben eine neue grandiose Serie. Ich habe mich unglaublich amüsiert, über die Geschichte, die Protagonisten und die Dialoge. Guter Krimi? Nein ein ausgezeichneter Krimi!

Ich hatte Richard Osmans Donnerstag Mordclub nie gelesen, der die Bestsellerlisten hier stürmte, doch die neue Serie ›Wir finden Mörder‹ wird bestimmt ein ebenso großer Erfolg. Ich freue mich jetzt schon auf den zweiten Band.

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Das Mädchen im Schnee, Javier Castillo

Es ist der Albtraum aller Eltern. Bei einer Massenveranstaltung 1998, der Thanksgiving-Parade in Big Apple, löst sich die dreijährige Kiera von der Hand ihres Vaters. Aaron wird abgedrängt und stürzt, danach kann er seine Tochter nicht mehr finden. Was wie ein Unfall in der Masse beginnt, endet mit dem Verlust eines geliebten Kindes, welches man nie wieder findet. Es kostet die Eltern alles, die schwangere Grace verliert zusätzlich ihren ungeborenen Sohn, beide Eltern verlieren sich, ihre Liebe und auch die Ehe. Nach fünf Jahren erhält Grace plötzlich ein Videoband, auf dem ihre achtjährige Tochter Kiera in einem Kinderzimmer, beim Spielen zu sehen ist. Die Eltern, die Journalistin Miren und auch das FBI sind sich einige, es ist Kiera, doch die wenigen Anhaltspunkte, wie der Raum und das Spielzeug bringen niemanden weiter. Die Zeit vergeht, der Fall wird aufgegeben, selbst die Eltern glauben nicht mehr an Wiedersehen, als eine zweite Aufnahme kommt. Das Mädchen ist fast schon ein Teenager, aber es ist Kiera.

Die Einzige, die immer weiter sucht, sich gegen den Willen des FBI und auch ihre Vorgesetzten bei der Zeitung stemmt, ist die Journalistin Miren Triggs. Denn sie hat sich geschworen, nie mit dem Suchen aufzuhören.

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Nichts ruht für immer, von Harlan Coben, die Myron Bolitar Serie, Band 12

Als 2018 der elfte Band, Preis der Lüge aus der Myron Bolitar Serie erschien, schrieb ich die folgende Rezension: Welche ein Trio-Infernale sind doch Harlan Coben, Myron Bolitar und Winsor Horne Lockwood der Dritte.

Der amerikanische Autor Harlan Coben fing 1995 mit seiner Myron Bolitar Serie an. Er schrieb über die Jahre zehn Thriller mit dem sympathischen Sportagenten und Ex-Star-Basketball Spieler der NBA. In 2011 war dann erst einmal Schluss und dieses Jahr kam dann der Knaller. Es gibt einen neuen Bolitar Roman, ›Home, der im August 2018 bei Randomhouse unter dem Titel ›Der Preis der Lüge erschien.

Diese Serie ist unvergleichlich spannend, genial und sehr witzig! Fangen Sie mit Band eins an und ich garantiere Ihnen, sie lassen nicht locker, bis sie Band elf gelesen haben. Umso schöner ist es jetzt im Jahr 2025 den zwölften Band, ›Nichts ruht für immer‹, vorzustellen.

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