Alle Artikel von Elke Rossmann

Die Oper, eine Zeitreise in opulenten Bildern Alan Riding, Leslie Dunton-Downer

Wer gerne in die Oper geht, der sucht oft erfolglos einen guten Opernführer. Leider sind die meisten Werke furchtbar trocken oder beziehen sich ausschließlich auf die alten, bekannten Meister. Das neue Buch des DK Verlags hat eine andere Strategie gewählt und erfreut den Lesern mit, wie im Titel vermerkt, opulenten Bildern von Opernhäusern, Opernstars, Aufführungen und Bildnissen oder Fotos der Komponisten. Wohl gemerkt nicht nur alte Meister, sondern auch die moderne Komponisten aus dem zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhundert werden nicht vergessen. Hier und da taucht auch eine Abbildung der Originalplakate auf, die vor zweihundert Jahren eine Uraufführung von Donizetti oder Verdi ankündigte. Natürlich wird die Vita der Komponisten nicht vernachlässigt und auch eine Inhaltsangabe ihrer größten Werke. Mit den Bildern der schönsten Opernsäle werden auch kleine kuriose Geschichten erzählt. Zum Beispiel über das Unglücksstück Macbeth. Unglücksfälle waren bei diesem Stück im Theater bereits bekannt, doch 1988 blieb auch Verdis Oper Macbeth nicht verschont, als ein Mann während der Aufführung in der Met von einem Balkon in den Tod sprang.

Sie sehen, so spannend können Opern sein. Mittlerweile wird hier in der Frankfurter Oper fast immer eine halbe Stunde vor Beginn ein kurzer Vortrag gehalten, der die weniger bekannten Stücke verständlicher macht. Auch wird ein historischer Zusammenhang der Uraufführung geschaffen und Hintergrundwissen zur Entstehung vermittelt. Ich nutze als Opernfreund die Veranstaltung immer wieder. Jetzt jedoch gilt mein erster Blick in das Buch ›Die Oper‹. Also falls Sie noch nach einem ganz tollen Weihnachtsgeschenk suchen für einen Opernliebhaber in Ihrer Familie oder dem Freundeskreis, kann ich den wunderbaren Bild- und Textband uneingeschränkt empfehlen.

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Der Verwechsling, ein skandinavisches Weihnachtsmärchen, Kai Lüftner, Emilia Dziubak, Kinderbuch ab 6 Jahre

In einem kleinen Häuschen an den Klippen, im Murmelweg, leben der alte Per, die alte Tove und seit neusten ein kleines Kerlchen, dass die beiden Vilmar genannt haben. Eines Tages vor Weihnachten fanden sie ihn, keine zwei Jahre alt, im Schnee sitzen. So fängt das wunderschöne Märchen an, das von dem Verwechsling erzählt, der Weihnachten zu Per und Tove kam. Leider spricht das kleine Kerlchen nicht, doch scheint die beiden alten Leute sehr lieb zu gewinnen, bis er eines Tages von Hendrik ein Buch erhält, das ihn völlig fasziniert.

Es ist wieder einmal ein so wundervoll illustriertes Kinderbuch von arsEdition, mit solch einer liebevollen Erzählung, dass einem auf manchen Seiten fast die Tränen kommen. Nicht nur ihr kleiner Schatz wird das Kinderbuch lieben, wenn sie sich gegenseitig daraus vorlesen. Ich verspreche, die Geschichte rührt jedes Herz egal wie alt. Mein Tipp für Nikolaus, anstatt Schokolade lieber den kleinen Verwechsling.

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Perlenbach, Anna-Maria Caspari

Eine Erzählung aus der Eifel über knapp fünfzig Jahre von 1865 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Die Geschichte dreier Leben, die unterschiedlicher nicht sein könnten, sich aber dennoch in einer Freundschaft manifestierten, die zerbrach und vor dem Tod wieder aufblühte. Drei Kinder, die mit neun Jahren bereits ihre Träume haben und alle drei wollen ausbrechen. Wilhelm aus der Armut und der anscheinend nie endenden Arbeit als Bauernjunge. Jacob der Sohn des reichen Tuchmachers, ein Schöngeist, dem der Sinn so gar nicht nach der Fabrik und dem Geschäft steht. Und Luise, die Tochter des Arztes in Monschau, deren einziger Wunsch es ist Medizin zu studieren. Etwas das den Frauen in Deutschland noch lange verwehrt wurde. Als Kinder verbindet sie eine tiefe Freundschaft und Liebe. Das Leben ist einfach. Doch als die wahre Liebe in das Leben der Jugendlichen kommt und die gnadenlose Gesellschaftsstruktur, die strikt unterscheidet, wer, wo im Leben hingehört, zerbrechen Träume, Freundschaften und Gefühle.

Ein wunderschöner Roman, der die damalige Zeit mit ihren Zwängen und Standesdünkeln viel zu realistisch einfängt. Man liebt, lebt, hasst und weint mit den Protagonisten und ist am Ende erstaunt, dass alle drei irgendwie ihr Glück gefunden haben. Nur leider ist einer der letzten Sätze: „Doch am 28.Juni werden in Sarajewo der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand und sein Frau von einem serbischen Nationalisten ermordet. …“ Und wir Leser wissen natürlich, welch grausame Folgen das hatte.

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Upps, Das große Haibuch (nicht nur für Kinder), Gerhard, Johanna, Michel & Fridolin

Gerhard und Johanna haben schon etliche wunderschöne Bildbände zum Thema Hai gemacht, genau wie ihre vielen Kinderbücher, die von Michel dem kleinen Hai und Fridolin seinem Freund dem kleine Krebs handeln. Geschichten aus dem Meer für Erwachsene, Naturschützer, begeisterte Taucher und kluge Kinder die mehr vom Meer wissen möchten. Mit seinem neuen großformatigen Buch Upps haben er und Johanna beides zusammengepackt. So entstand ein wirklich tolles informatives großes Haibuch, das, wie der Titel schon sagte, nicht nur für Kinder gedacht ist. Und der Titel hält, was er verspricht. Denn als passionierte Taucherin haben mich nicht nur die vielen Fotos, die unglaublichen Informationen über Haie, sondern auch die spielerische Art und Weise der beiden Cartoon-Figuren Michel und Fridolin, die all die aufregenden Geschichten herüberbringen, völlig begeistert.

Fazit: Ein wunderschönes Nikolaus- oder auch Weihnachtsgeschenk, für jeden, den die Natur, das Meer und die Haie interessieren. Vor allem aber für Kinder, um ihnen den Hai als faszinierendes Geschöpf näher zu bringen und ein für alle Mal mit dem Mythos des menschenfressenden Ungeheuers aufzuräumen. Und weil das Buch natürlich sehr lehrreich ist, gibt es am Ende einen Test, bei dem jeder sein Diplom als junior Hai-Experten erwerben kann. Ein tolles Buch!

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Die Toten von Wien, Karl Ritter

Wien im Jahr 1922. Eine Stadt der Gegensätze, Armut, Hunger und Kriegsversehrte auf der einen Seite, Reichtum, Überfluss, Feste und alter Adel auf der anderen Seite. Die Welt ist im Umbruch und jeder hofft auf bessere Zeiten. Nicht so Kommissär Alexander Baran, der eigentlich ein ungarischer Baron ist, doch verarmt durch eine Familientragödie. Sein Schwester Szonja verschwand 1913 kurz nach ihrer Heirat mit Graf von Waldstetten. Eine Verbindung, die ihre Eltern nicht guthießen. Doch als sie spurlos verschwand, nahmen sich ihr Vater und die mittlerweile depressive Mutter das Leben. Das Gut in Ungarn ging in Flammen auf und Alexander Baran ist plötzlich völlig mittellos. Er fängt in Wien bei der Polizei an und wird recht schnell ein angesehener Kommissär, der durch seinen Scharfsinn bekannt ist. Nie gab er sie Suche nach seiner Schwester auf, und als eine junge Frau, mit völlig zertrümmertem Gesicht in der Nähe des Fischmarkts gefunden wird, ist er sofort zur Stelle. Doch es ist nicht Szonja, dieses Mädchen muss eine Tänzerin gewesen sein. Ihre Füße und der Muskeltonus sprechen für sich. Noch bevor Baran dem Täter auch nur näherkommen kann, gibt es eine zweite Frauenleiche, wieder am Fischmarkt.

Ein solider Krimi, der im historischen Wien des Jahres 1922 spielt und perfekt die Szenerie, die politischen Intrigen und das damalig Flair der österreichischen Hauptstadt einfängt. Sehr gute und spannende Unterhaltung, die ich mir im Urlaub gegönnt habe.

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Ingenium, das erste Rätsel, Danielle Trussoni

Es war 2010, als ich meine erste Rezension verfasste, für das Buch Angelus von Danielle Trussoni. Ich war damals angetan von der Fantasie-Autorin. Jetzt 2023 hat Danielle Trussoni wieder einen mystischen Thriller herausgebracht und ich konnte natürlich nicht an diesem Buch vorbeigehen. Ingenium ist definitiv ein schneller, atemloser Thriller, der ungemein gut recherchiert wurde und es mit dem Da Vinci Code aufnehmen kann. Sie baut nicht nur das Savant-Syndrom, eine Inselbegabung, in diesem Fall, die Fähigkeit Muster und Rätsel zu erkennen in ihren Roman ein. Es geht vor allem um den jüdischen Glauben und die Legende von Rabbi Löw, der um 1580 in Prag eine von ihm gefertigte Tonfigur, einen Golem, für kurze Zeit mit Leben erfüllt hat. Die alten Mythen, jede Menge Rätsel, habgierige Milliardäre, die nach ewigen Leben trachten und eine unschuldige junge Frau, die im Gefängnis sitzt für einen Mord, den sie nicht begangen hat, halten den Leser in Atem!

Das ist dann der Stoff, aus dem die Bücher geschrieben sind, die man in einem Rutsch liest, weil man sie einfach nicht aus der Hand legen kann. Ich bin auf jeden Fall dabei, wenn nächstes Jahr der nächste Teil kommt.

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Blinde Tunnel, Tove Alsterdal

Tove Alsterdal bekannt durch ihre Trilogie um die Kriminalromane der Ermittlerin Eira Sjödin legt den ersten Standalone in Deutschland nach. Der Roman aus dem Jahr 2019 ist sehr wahrscheinlich vor ihrem Durchbruch mit der Trilogie entstanden. Es nennt sich zwar ein Kriminalroman, doch ist eher eine Erzählung, die sich im Heute abspielt und auf Verbrechen der Vergangenheit zurückblickt. Verbrechen, die begangen wurden von den Nazis an den damaligen Sudetendeutschen jüdischer Abstammung. Wer von den Opfern nach Kriegsende die Deportation überlebte und nicht schnell genug aussiedeln konnte, wurde anschließend wieder zum Opfer, weil er als Deutscher angesehen wurde und dieses Mal als Kriegsverbrecher bestraft wurde. Im Grunde genommen ist es die Erzählung einer Ungerechtigkeit, die einem die Haare zu Berge stehen lässt, die jedoch erst einmal ganz harmlos anfängt: Mit dem Kauf eines Weingutes in Tschechien.

Tove Alsterdal ist eine brillante Erzählerin, das merkt man schon an diesem Buch und sie hat sich in ihrer Trilogie um Eira Sjödin noch gesteigert. Ihr starkes Auge für zwischenmenschliche Beziehungen tragen ihre Kriminalfälle.

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Film: Verlorene Illusionen nach einem Roman von Honoré de Balzac, DVD und Blu-Ray

Verlorene Illusionen hat berechtigt seine Awards bei der César Verleihung 2022 erhalten, denn bei dem Film stimmt einfach alles. Die Geschichte, die Schauspieler und die dramaturgische Umsetzung von Xavier Giannoli. Auch wenn Honoré de Balzacs Roman, nach dem der Film adaptiert wurde, um 1821 spielt, ist er heutzutage aktueller denn je. Das mag daran liegen, dass zweihundert Jahre später, jeder dem es gerade einfällt, sich in den sozialen Netzwerken zum Kritiker aufschwingt. Leider entartet es oft zum schieren Dampf ablassen und das gezielt unter der Gürtellinie. Es liegt daran, dass es viel einfacher ist zu kritisieren, als zu kreieren.

Man kann jedoch daraus auch ein perfides, skrupelloses Spiel machen, wie der Film ›Verlorenen Illusionen‹ uns lehrt. Jedes Statement, jeder Roman, jede Handlung kann in sich verkehrt werden. Wie heißt es in dem Film so schön, ist ein Roman romantisch, ist er naiv und ist er klar, nimmt er alles vorweg. So wurde im Paris des neunzehnten Jahrhunderts mit spitzer Feder, beißendem Spott und viel Wortgewandtheit über Werke geurteilt, die der sogenannte kritische Journalist noch nicht einmal gelesen hatte. Hauptsache die Kasse, die Bestechung und Gegenbestechung stimmte. Der am meisten Zahlende gewann. Leider sind die Aufschreie, die Wellen der Empörung in den heutigen Medien nicht halbwegs so intelligent oder auch mal amüsant, wie bei Balzac verfilmter Geschichte im Jahr 1821 beschrieben.

So muss, um zu überleben, der junge Lucien de Rubempré vom Romantiker zum Kritiker aufsteigen, mit den Wölfen heulen, reich und verhasst werden, um am Ende sowohl vom Pariser Adel, als auch von den Kritikerwölfen wieder in die Gosse ausgespuckt zu werden. Eine großartige Verfilmung, die gerade wegen der aufwendigen Gestaltung der Kostüme und des historischen Pariser Ambientes dem Zuschauer etwas Luft lässt. Denn man kann sich so der Empfindung erwehren, dass diese Art vernichtender, schamloser Fake-Berichterstattung ausschließlich in die Vergangenheit verbannt wurde. Definitiv ein Film, den man sich ansehen sollte, in vieler Hinsicht!

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Sieben Tage Mo, Oliver Scherz, Kinderbuch ab 11 Jahre

Geschwister sind einfach nervig, vor allem jüngere, auf die man immer aufpassen muss. Aber Karl hat das Problem mal zehn, ach was, mal hundert. Sein Zwillingsbruder Moritz ist behindert. Bei der Geburt bekam er einfach zu wenig Sauerstoff und jetzt ist es in seinem Kopf anders, als in anderen Köpfen, die Karl sonst kennt. Moritz muss nicht in einem Rollstuhl sitzen, aber dafür ist er laut, stur und einfach unberechenbar. Da die Familie erst in ein Haus aufs Land gezogen ist, muss die Mama der beiden Vollzeit im Krankenhaus arbeiten und Papa hat Projekte im Ausland. Nur so kann alles für Mo bezahlt werden. Darum hat Karl Mo jeden Tag nach der Schule an der Backe. Ausgerechnet jetzt, da er eines der Mädchen in seiner Schule sehr mag und ausgerechnet er hat einen so peinlichen Bruder. Am liebsten würde er Mo auf den Mond wünschen, bis zu dem Moment, als Mo wirklich verschwindet.

Ein großartiges Kinderbuch, bei dem der Autor ungemein gut recherchiert hat, um die Situation eines geistig behinderten Jugendlichen und seiner Angehörigen realistisch wiederzugeben. Das Buch ist eine sehr schöne Geschichte, zum Lachen und Weinen und vor allem wird sie bei Kindern einen sehr positiven Eindruck von geistig behinderten Altersgenossen hinterlassen. Ein Buch, das Empathie schafft.

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Mord auf der Insel Gokumo, Seishi Yokomizo, Band II Kosuke Kindaichi ermittelt

Es ist immer wieder faszinierend, wie sehr mich diese Kriminalreihe von Seishi Yokomizo an die Bestseller von Agatha Christie erinnert. Die Kriminalstory ist geschrieben im Stil der ehemaligen großen englischen Krimiautoren, gespickt mit japanischem Lokalkolorit und asiatischer Kultur. Der Privatermittler Kosuke Kindaichi ist mit seinem Stottern, wenn er nervös wird oder einer Frau gegenübertritt und der Angewohnheit sich beim Denken übermäßig am Kopf zu kratzen, eigentlich ein Antiheld. Ein furchtbar kluger Antiheld, aber war das Hercule Poirot nicht auch irgendwie? Diese Krimireihe macht einfach nur sehr, sehr viel Spaß. Sie führt mich in alte Zeiten zurück, in denen ich zum ersten Mal die Miss Marple Krimis verschlungen habe oder mich beim Hund von Baskerville gruselte.

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