Dies ist mein erstes Buch von Kai Meyer und ich war erstaunt, noch nie von ihm gehört zu haben. Denn sein Schreibstil ist nicht nur gefällig, ich würde ihn als schön beschreiben und dabei vermisst das Buch weder Spannung noch Ausdruckskraft. Der Roman, eigentlich ein Krimi, der in zwei Zeitsträngen spielt, 1913 und 1933, führt den Leser durch zwei Geschehnisse, die sowohl mysteriös, historisch solide, dramatisch und ungemein fesselnd sind. Natürlich verknüpfen sich beide Geschichten am Ende zu einer großen, überraschenden Aufklärung, die den übernächtigten Leser, weil man das Buch einfach nicht zur Seite legen kann, zufrieden mit einer guten Geschichte entlässt.
Ein solider Krimi, mit leicht gruseligen, schwer einzuschätzenden Mystery-Elementen in einem gut beschriebenen geschichtlichen Rahmen. Eine absolute Leseempfehlung von mir!
Autorenfoto: Copyright ® Stefan Freund
Kai Meyer hat rund siebzig Romane veröffentlicht, von denen viele auf die SPIEGEL-Bestsellerliste gelangten. Übersetzungen erscheinen in dreißig Sprachen. Seine Geschichten wurden als Film, Hörspiel und Graphic Novel adaptiert und mit Preisen im In- und Ausland ausgezeichnet.
1913, die junge Lektorin Paula Engel reist mit ihrem Verlobten Jonathan zu dem Schriftsteller Aschenbrand, der unglaublich einsam in einem Herrenhaus im Baltikum lebt. Seine Mäzene, die vermögende Familie Choriander hat den Autor dort aufgenommen. Jedoch in den einsamen, abgeschnittenen baltischen Wintern wähnt sich die Familie in Riga, während Aschenbrand mit einer Hausangestellten das Gut Hundsheide hütet. Paula will den Schriftsteller überreden, endlich das versprochene neue Manuskript zu übergeben. Nach tagelanger Reise durch eine tief verschneite Einöde wirkt das, mit Spitzdächern und zwei Türmen erbaute Steinquaderhaus reichlich gespenstig. Genau wie ihr Hausherr Aschenbrand und die Hausdame Rasa. Es ist ein beängstigendes Anwesen, vollgestopft mit Büchern, dunklen Fenstern, die einen zu beobachten scheinen und ein Ort, der nie richtig warm wird. Paula würde am liebsten sofort wieder abreisen, denn plötzlich zweifelt sie daran, ob der mysteriöse Mann wirklich Aschenbrand ist, mit dem so oft korrespondiert hat. Außerdem verändert sich plötzlich Jonathan Verhalten ihr gegenüber. Als sie dann auch noch von einer gruseligen kleinen Gestalt heimgesucht wird, glaubt sie den Verstand zu verlieren.
1933 zwanzig Jahre später. Cornelius Frey ist ein vorübergehend suspendierter Kriminalkommissar, der seine Ermittlungen nicht gemäß der braunen nationalsozialistischen Gesinnung führte. Ausgerechnet er findet nachts im Hof der Bibliothek zwei Leichen. Die Tote ist das junge Mädchen, welches er kaum vierundzwanzig Stunden zuvor davor rettete, sich vor einen Zug zu schmeißen. Und der Mann ein Polizist, Kripokollege Zirner. Weil einige der nazitreuen Kollegen das als einen Beziehungsmord mit anschließendem Selbstmord abtun wollten, wendet sich Cornelius an seinen ehemaligen Vorgesetzten. So wird seine Suspendierung aufgehoben und er muss den Fall übernehmen. Denn der Mord an einen Polizisten ist ein gefundenes Fressen für die Partei, es den Kommunisten in die Schuhe zu schieben. Doch Cornelius weiß von Anfang an, dass es sich um etwas ganz anderes handeln muss. Denn erstens sagte das junge Mädchen, als er sie von der Eisenbahnbrücke holte einen sehr eigenartigen Satz, der ihn nicht mehr loslässt, »Sie weinen alle im Keller ohne Treppe« und dann findet er auf dem Arm der Toten ein Wort, das sie wohl kurz vor ihrem Tod dort hinschrieb: »Hundsheide«.
Und schon liebe Leser sind sie mitten in den Geschichten und wechseln hin und her, es kaum abwarten könnend, endlich die eine oder andere Lösung zu erfahren. Bis zum großen Finale, wenn beide Dramen sich umeinander schlingen und ein erstaunliches gemeinsames Ende finden. Viel Spaß mit diesem außerordentlichen Krimi aus üblen Zeiten, die, wenn wir nicht aufpassen wieder sehr aktuell werden könnten.
Das Haus der Bücher und Schatten, Kai Meyer, Knaur HC Verlag, gebundenes Buch, Seiten 528, ISBN 978-3-426-29359-1, Buch Euro 24,00, E-Book 17,99 und Hörbuch vom Argon Verlag, erschienen November 2024.