Die 75. Frankfurter Buchmesse ist zu Ende gegangen. Ein positives Fazit: Das Interesse an Büchern ist ungebrochen, und zwar bei Jung und Alt. Mein Kollege Stephan Schwammel und ich haben uns wie so viele andere in das Getümmel gestürzt und sind begeistert von der Stimmung und dem Angebot. Während Stephan Schwammel sich bei den renommierten, großen Verlagen umgesehen hat und mit vielen Rezensionsexemplaren zurückkam und wir uns schon jetzt auf die Buchvorstellungen freuen können, habe ich mich bei den „kleinen“, spezialisierten Verlagen und den Indie Verlagen umgesehen.
Bei Edition W, von dem ich im September „Der Fang des Tages“ von Gisela Stelly Augstein und „Homeless“ von Eske Hicken vorgestellt habe, traf ich auf die Autorin Hicken. Für sie, wie sie sagt, „ist das alles neu und spannend“ und man merkt ihr die Freude an, ihren Debütroman in die Welt hinaus zu lassen. Beides – Buch und Thema liegen Ihr am Herzen. Abends hat sie eine Lesung. Für die TV-Frau ist der direkte Kontakt mit dem Publikum Neuland. Ein Interview mit der Autorin finden Sie in der Rezension.
Spannend und unterhaltsam ist es für das Publikum auf der Messe. Von wegen „Hoch die Tassen“. Für die Verlagsangestellten, die Autoren und die Presse ist es harte Arbeit. Man sieht es Ihnen an, sie sind konzentriert bei der Sache.
Vor dem MEDU-Verlag werde ich angesprochen. Ein junger Mann, wie ein Kellner gekleidet, nimmt die Cloche von einem Teller und offeriert mir eine Leseprobe: „Das letzte Gericht“ von Andreas Breidert, dem vermeintlichen Kellner. Wie Hicken hat auch Breidert noch einen „ordentlichen“ Beruf, arbeitet während der Buchmesse nur vormittags, um nachmittags die Chance wahrzunehmen, sein Buch vorstellen zu können. Eine Lesereise führte ihn bereits bis Wien und überall „habe man sein Buch gut aufgenommen“. Klappern gehört zum Handwerk. Weder bei Hicken noch bei Breidert ist Neid auf die großen, erfolgreichen Kollegen zu spüren. Einen Verlag für seine Geschichte zu begeistern und verlegt zu werden, ist schon ein großer Erfolg. Soviel sei verraten, ich bin nicht nur mit der Leseprobe gegangen. Freuen Sie sich und seien Sie gespannt.
Auf meinem Weg komme ich an einem kleinen Stand eines Schweizer Verlags vorbei. Eine freundlich lächelnde, ältere Dame drückt mir eine kleine goldene Leseprobe in die Hand und erklärt mir, dass man sich heute ein kostenloses Exemplar vom Tisch mitnehmen könne. Die Genfer Bibelgesellschaft verteilt unter anderem „Die Bibel – Gott spricht. Heute“. Ich sehe die freundliche Dame, die unverzagt versucht die goldenen Leseproben zu verteilen – nicht jeder greift zu. Ich halte die Bibel in der Hand und wäge ab. Auch wenn die 914 Seiten auf recyceltem, dünnen Papier gedruckt sind, wiegt sie und ich muss sie schleppen. Aber, es ist eine Übersetzung aus dem Jahr 2000 mit(!) neuer Rechtsschreibung. Ich entscheide mich für die Bibel, bedanke mich im Vorbeigehen bei der Dame. Enttäuscht meint sie: schade, sie wollen nicht… Da halte ich grinsend mein Exemplar hoch. Dieses strahlende Lächeln berührt mich und ich habe das Gefühl, dass ich geradezu beschwingt weitergehe.
Letzte Station ist der Stand von Litradukt. Dieser Verlag ist auf französische Literatur spezialisiert, die unter anderem von Verlagsgründer Peter Trier ins Deutsche übersetzt wird. Einer der bekanntesten haitischen Autoren – Gary Victor, der in Deutschland hauptsächlich für seine Krimis bekannt ist, wird von Litradukt verlegt. Im Eschborner Stadtmagazin wurden die Krimis von Stephan Schwammel besprochen. Gary Victor hat auch in der Eschborner Taunussparkasse auf Einladung des Stadtmagazins gelesen. Wie Peter Trier erzählte, hat das Interesse an haitischer Literatur, das 2010/2011 nach dem verheerenden Erdbeben auf Haiti in den Fokus der Welt rückte, nachgelassen, und es sei nicht davon auszugehen, dass die haitische Literatur eine Renaissance erleben werde. Aber: sie hat ihre Freunde, Freundinnen und Leser: innen in Deutschland.
Auch wenn wir schwer bepackt und vom Laufen müde waren – nächstes Jahr gehen wir wieder hin!