Mommsens charmante Weihnachtsgeschichte führt die Leserschaft nach Friedrichstadt. Tatsächlich bin ich vor Jahren – ganz kurz – und ohne um die Besonderheit und die Bedeutung dieses Ortes zu wissen, in Friedrichstadt gewesen. Schade! Vielleicht hätte ich mit etwas Glück den magischen Spielzeugladen von Onkel Hein entdeckt. Aber zur Sache, bzw. zum Buch: Großonkel Hein hinterlässt sein Haus samt Spielzeugladen seinem vagabundierenden Großneffen Ben. Schon auf dem Sprung nach Singapur muss Ben vor der Abreise die Angelegenheiten seines Großonkels regeln. Das Inventar verkaufen, einen Interessenten für das Haus finden und – den traditionellen Weihnachtsbasar zu Gunsten eines afrikanischen Waisenhauses am 4. Advent für die Friedrichstädter abhalten. Da ist der erfahrene Reedereikaufmann, der nebenbei und ohne viel Aufhebens mal soeben 40 Bagger von Shanghai nach Indonesien verschifft, ganz schön im Stress. Denn hier geht es nicht um eine reibungslose Abwicklung eines Auftrages, hier geht es um Gefühle, um das Lebenswerk seines Onkels und um die Richtung, die Ben seinem Leben geben will. Hat er den Mut zur Zäsur? Und hatte Onkel Hein wirklich eine Freundin auf Föhr, mit der er zusammenziehen wollte? „Die Weihnachtsliste“ ist ein Märchen, mit einem Happy End, aber so mögen wir es doch gerne, in der Weihnachtszeit. Und wenn der Autor mit so viel Lokalkolorit erzählt und wunderbare Charaktere ins Spiel bringt, mag man das Buch nicht aus der Hand legen. So ging es mir jedenfalls und deshalb will ich auch gar nicht erst vorschlagen, das Buch als eine Art Adventskalender zu sehen: jeden Tag ein bisschen zu lesen reicht nicht. Auch wenn den erfahrenen Leser: innen bald klar wird, wen Amors Pfeil trifft, es ist immer herzerwärmend, wenn zwei Menschen zueinander finden.
Janne Mommsen hat in seinem früheren Leben als Krankenpfleger, Werftarbeiter und Traumschiffpianist gearbeitet. Inzwischen schreibt er überwiegend Romane und Theaterstücke. Mommsen hat in Nordfriesland gewohnt und kehrt immer wieder dorthin zurück, um sich der Urkraft der Gezeiten auszusetzen.
Vier Wochen vor Weihnachten. Ben Hinrichs soll den Spielzeugladen seines verstorbenen Onkels in Friedrichstadt auflösen. In der verschneiten friesischen Weite wirkt die niederländische Enklave aus dem 17. Jahrhundert wie eine Fata Morgana. Als die Friedrichstädter registrieren, dass sich im Laden wieder etwas tut, strömen sie in Scharen herbei. Onkel Heins Geschäft war ein beliebter Treffpunkt für Kinder und Erwachsene. Auch Trauerrednerin Nintje Hermenau taucht auf. Sie hat Bens Onkel auf seinem letzten Weg begleitet.
Rowohlt POLARIS – gebunden – 192 Seiten – 18,00 € – ISBN 978-3-4990-0959-4