Schlagwort: Kunstgeschichte

Ulinka Rublack „Dürer im Zeitalter der Wunder. Kunst und Gesellschaft an der Schwelle zur globalen Welt“

Gastrezension: Dr. Ulrike Bolte

Das Buch ist das Resultat der 15-jährigen Forschungsarbeit der Forscherin aus Cambridge zum Gebiet der materiellen Kulturgeschichte, die in den letzten Jahren erforscht wurde in einer Vielzahl von Disziplinen. Am Beispiel der Entstehung des Helleraltars im Frankfurter Dominikanerkloster von Albrecht Dürer werden nicht nur Form, Farbe, Funktion eines Bildes beschrieben wie in der traditionellen Kunstgeschichte, sondern auch Briefe und Auftragsnotizen zur spannenden Entstehungsgeschichte. Daneben werden Aspekte wie die Kleidung in Dürers Selbstbildnis in der Mittetafel und von dem Auftraggeber Jakob Heller und seiner Frau Katharina Melern aufgegriffen, die analog der zeitgenössischen Kleiderordnungen für das Selbstverständnis und Selbstbewusstsein ihrer Träger sprechen. Peter Burke, Doyen der Kulturgeschichte in Cambridge schreibt in seinem Buch „Was ist Kulturgeschichte?“ (2004) über Kleidung, Nahrung, Behausung. Innovative Künstler, Handwerker, Kaufleute, Händler, Sammler entwickelten ausgeklügelte Marketingstrategien und Vermarktungsideen auf der Suche nach Status, um auf den internationalen Märkten bestehen zu können. Tiere, Pflanzen und Materialien wie Farben, Federn, Seide oder Tongefäße bekamen eine sinnliche oder kognitive Sinngebung, was Produktion und Konsum beeinflusste.  Der Besuch von Sammlungen, die Reisen dorthin umfasste Wissen, Geschmacksbildung und Affekte und dienten der Vermittlung über Kontinente hinweg. Beim „material turn“ spielt die Interdisziplinarität, die Zusammenarbeit, eine Rolle für die Bedeutung der Objektforschung für Fächer wie Ethnologie, Volkskunde, Technologie, Museologie, Soziologie, Geschichts-, Technik- und Kunstwissenschaft. Weiterlesen

Florian Illies: „Zauber der Stille. Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten“

Gastrezension: Dr. Ulrike Bolte

Fundiert, in gewohnter Manier, gelingt es Florian Illies mit dem „Zauber der Stille“ die Biographie Caspar David Friedrichs collagenartig mit zeitgenössischen Ereignissen oder Ausblicken in die Zukunft wie der Rezeptionsgeschichte zu verflechten. Thematisch gegliedert in die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft ( zu denen Illies möglicherweise durch die Pastellmalereifolge von der Malerin Rosalba Carriera angeregt wurde) erfahren wir im ersten Kapitel von den verheerenden Bränden zu Lebzeiten, die sein Werk dezimierten wie der Brand seines Geburtshauses in Greifswald, den späteren Verlusten zu Kriegszeiten wie in den Berliner Flaktürmen oder dem verheerenden Feuer, dem der Glaspalast in München zum Opfer fiel 1931  mit 110  Bildern der Romantik.  Aus dieser Erfahrung heraus entwickelt Friedrich ein Feuerleitsystem als Brandschutz für Greifswald anhand der Kirchenglocken. Ein weiteres Element der Kulturgeschichte sind die schmalen Friedrichbändchen, die die deutschen Wehrmachtsoldaten in den Schützengräben über dem Herzen in den Brusttaschen tragen – doch das Buch kann sie ironischerweise nicht vor Kugeln und Granaten schützen. Weiterlesen