
Eine Art Familie von Jo Lendle
Acht lange Jahre hat Jo Lendle seine Leserschaft auf ein neues Buch von sich warten lassen, aber es hat keine 2 Seiten gebraucht und ich bin abgetaucht in die Geschichte „Eine Art Familie“. Nicht nur, weil sie spannender als mancher Krimi ist, sondern weil der Auto mit seiner elegant-schlanken Sprache eine atmosphärische Dichte erzeugt, die man nur genießen kann. Jo Lendle trifft scheinbar mühelos mit dezenten sprachlichen Mitteln den Ton der frühen Jahre des letzten Jahrhunderts, ohne dabei antiquiert, bemüht oder verstaubt zu wirken. Der Autor, selbst Teil der Familie seiner Romanfiguren, wahrt dennoch zu ihnen die gebotene schriftstellerische Distanz. Er urteilt nicht. Er rechnet nicht ab. Trotz des „Sicherheitsabstandes“ spürt man die Sympathie für seine Protagonisten, besonders für Alma, die eigentlich gar keine Verwandte ist, aber ihren Platz in dieser „Eine Art Familie“ hat. Es entsteht ein kulturell-humanistisch geprägtes Portrait des Bildungsbürgertums des letzten Jahrhunderts. Weiterlesen

Das Buch Die Annonce gehört definitiv zur anspruchsvollen Literatur. Auch wenn die Geschichte so alt ist wie die Gesellschaft. Sie erzählt von der Not, der Qual, den Ängsten, Vorurteilen und auch Schuld einer Gruppe von Menschen, die versucht haben, ihr Leben so gut wie möglich zu meistern. Doch für zwei von ihnen ist der Zeitpunkt gekommen endlich etwas zu verändern, einem Zwang, einer Vergangenheit und vorbestimmten Zukunft zu entfliehen. Deshalb gibt der sechsundvierzigjährige Auvergne Bauer Paul eine Annonce auf:



Simon Watson ist ein junger, erfolgloser Bibliothekar, ein Träumer und Romantiker. Er lebt in einem alten Haus an der Küste Long Islands und das Meer fordert seinen Tribut, denn mit jedem Tag, der vergeht, bricht ein Stück Küste ab und zerstört dieses Haus. So ist sein Haus, wie ein Synonym seiner Lebensgeschichte. Denn als er ein altes Buch zugeschickt bekommt, in dem es anscheinend um seine Familie geht, bröckelt auch seine Existenz langsam und wird in die Fluten gespült. Das Geheimnis seiner Mutter, die sich im Meer das Leben nahm, als er noch ein kleiner Junge war und das Schicksal seiner jüngeren Schwester offenbaren sich, mit jeder Welle, die auch ihn fortspült. Dieses wunderschöne geschriebene Buch erinnert an Danielle Wallace Roman Big Fish, der mit Evan McGregor 2003 verfilmt wurde. Bestimmt ließ sich die Autorin davon inspirieren, denn einer ihrer Hauptprotagonisten heißt Amos, wie der Zirkusdirektor in dem Film.