Alle Artikel von Angela Perez

Anne Sauer: Im Leben nebenan

 

„Im Leben nebenan“ ist Anne Sauers Debütroman und ihr Mut, einen realistischen Fantasy Roman vorzulegen, zahlt sich aus. Chapeau!

Sauer zaubert die Protagonistin Toni mit ungestilltem Kinderwunsch nicht in die heile Welt eines Märchenschlosses samt Märchenprinz. Nein, sie lässt sie als die Protagonistin Antonia, eine junge Mutter mit einem Säugling auf der Brust unsanft aufwachen. Einen äußeren Anlass für der Fantasie der Lesenden Schlüsse zu ziehen. Eindringlich und intensiv beschreibt die Autorin die Gefühlslage ihrer Hauptcharaktere, die sich offensichtlich an einem Punkt in ihrem Leben befinden, wo sie überfordert und emotional am Limit sind. Das Leben – oder besser – der gegenwärtige Alltag von Antonia und Toni wird parallel erzählt. Weiterlesen

Paul Lynch: Jenseits der See

 

Peter Lynch lässt Bolivar, einen erfahrenen mexikanischen Fischer und Hektor, einen Anfänger, trotz Sturmwarnung hinaus auf See fahren. Dass sie in Seenot geraten ist vorhersehbar, aber für die Geschichte nicht relevant, da Lynch den Fokus auf die beiden gegensätzlichen Charaktere legt, wie sie Animositäten überwinden, sich kennen lernen, eine Beziehung aufbauen und darauf, wie sie mit der Situation umgehen. Allein weit draußen auf dem Meer ohne Rettung in Sicht, sind sie gezwungen, sich auf einander zu verlassen. Es gibt niemand sonst. Als das Boot zu sinken droht, kehrt der verängstigte Hektor zu seinen Wurzeln zurück und betet. Er sieht die Ereignisse als Strafe an für Dinge, die er getan hat. Während er betet und um Beistand und Rettung bittet, kämpft Bolivar mit den Elementen und rettet sie beide. Im Grunde verachtet Bolivar Hektor und kann und will sich seine eigenen Unzulänglichkeiten nicht eingestehen, ist ganz konzentriert auf ihre Rettung. Weiterlesen

Christopher Klöble: Durch das Raue zu den Sternen

Christopher Klöble erzählt in seinem neuen Roman „Durch das Raue zu den Sternen“ die Geschichte eines 13-jährigen Mädchens – eines musikalisch hochbegabten Mädchens. Oder besser gesagt, er lässt die Geschichte von der Protagonistin Arkadia Fink, die von der Mutter „Moll“ genannt wird – offensichtlich neigt sie zur Melancholie – erzählen. Arkardia lebt mit ihren Eltern in einem Dorf in der Nähe von München. Selbst in Bayern aufgewachsen, bewegt Klöble sich auf sicherem Terrain, schafft eine atmosphärische Dichte mit glaubwürdigen, gelungenen Charakteren. Er besticht und zieht mit seiner schlichten, schönen, manchmal poetischen Sprache in seinen Bann. Weiterlesen

Jochen Buchsteiner: Wir Ostpreußen

Kurz vor ihrem 90. Geburtstag hat sich die Großmutter des Autors letztlich dem schmerzvollen Prozess des Erinnerns unterzogen und niedergeschrieben, wie sie – 35-jährig – die Flucht für die Familie und die Bediensteten der beiden Güter in Götzlack und Kukehnen vorbereitete und den Treck drei Monate vor Kriegsende mutig anführte: 84 Personen, 11 vollbeladene Wagen gezogen von insgesamt 38 Pferden. Die 60-seitige „grüne Kladde“ seiner Großmutter Else, in der diese über das Familienleben und ihre Flucht aus Ostpreußen schreibt, bildet die Grundlage für Jochen Buchsteiners neues Sachbuch „Wir Ostpreußen“.  Buchsteiner hat es sich nicht leicht gemacht und ist respektvoll und gewissenhaft mit diesem „Schatz“ umgegangen. Zusammen mit seinem Vater und seinem Sohn reiste er in die Heimat seiner Weiterlesen

Sophia Herzog: Das Wunder von Essen

Das Wunder von Essen ist nicht nur deshalb Das Wunder von Essen, weil die deutsche Frauenfußball Nationalmannschaft das Spiel gegen die Niederlande gewann, sondern vor allem, weil es überhaupt stattfand. Noch 1 Jahr zuvor, 1955, beschloss der DFB auf seinem Verbandstag, das Fußballspielen mit Damenmannschaften zu verbieten. In der damaligen Begründung hieß es, dass „diese Kampfsportart der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd ist“, dass „im Kampf um den Ball die weibliche Anmut schwindet und Körper und Seele unweigerlich Schaden erleiden“, und dass die „Zurschaustellung des Körpers Schicklichkeit und Anstand verletzt“. Aber die Frauen, wie unsere Protagonistin Elise, ließen sich nicht mehr ins Korsett schnüren und in die Küche verbannen. Sie haben für ihre Weiterlesen

James Norbury: Die Katze, die nach Weisheit sucht

Man kann dieses Buch in 2 Stunden lesen. Aber warum sollte man und warum will man das? Denn James Norbury verbindet auf sehr elegante Weise Schlichtheit mit profunden philosophischen Einblicken.  Die Geschichte lässt sich leicht lesen, bietet aber gleichzeitig eine Tiefe, die lange nachklingt. Für Norbury, als Jemand, der sein Zuhause mit seiner Frau und 7 Katzen teilt, ist es wohl kein Zufall, dass die Protagonistin und Ich-Erzählerin eine Katze ist. Eine namenlose Katze. Aber eine Katze mit einer Mission. Dazu eine weise und gelassene Katze, die die Menschen mit auf eine Reise zur Erleuchtung nimmt und Einblicke in Zen- Weiterlesen

Benjamin Myers: Strandgut

cAlex de Palma

Benjamin Myers zieht mich mit seiner schlanken, fast schnörkellosen Geschichte „Strandgut“, die aus Sicht der beiden Protagonisten Earlon »Bucky« Bronco, einem amerikanischen Soulsänger und der Britin Dinah, einem Soulsuperfan, erzählt wird in seinen Bann. Ganz ohne Pathos und Klimbim und ohne ins Triviale abzurutschen oder in Kitsch zu versinken. Zwei verlorene Seelen, die einen Halt bräuchten, haben sich mit ihrem Leben arrangiert und keine Erwartungen mehr. Earlon »Bucky« Bronco ist ein menschliches Wrack. Obwohl erst 70, dümpelt er nach dem Tod seiner Frau vor sich hin und wartet, vollgepumpt mit opiathaltigen Schmerztabletten gegen seine schmerzenden Knochen, auf den Tod. Nur – so leicht stirbt es sich nicht. Vor allem, wenn plötzlich und unerwartet eine Einladung – samt großzügigem Honorar – zum britischen Scarborough Soul Weekend in sein bescheidenes Weiterlesen

Kathrin Hartmann: Die Welt gewinnen

„Die Welt gewinnen“ ist ein interessantes, lesenswertes und vor allem sehr persönliches Buch der Autorin Kathrin Hartmann. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass Hartmann die Ich-Erzähler- Rolle übernimmt und der Eindruck entsteht, dass ich in ihrem Tagebuch lese. Man spürt, dass ihr das Thema, das sie seit vielen Jahren begleitet, am Herzen liegt. Anders als in ihren vorangegangenen Veröffentlichungen legt sie im aktuellen Buch weniger den Finger in die Wunde, sondern zeigt auf, wie erfolgreich Privatinitiativen sein können. Es wird denjenigen eine Stimme verliehen, die nicht dank ihrer Prominenz, ihres Wohlstandes oder ihrer Macht sich leicht Gehör verschaffen können. Es geht um Menschen, die Weiterlesen

Tilmann Lahme: Thomas Mann – Ein Leben

592 Seiten oder laut meiner Digitalwaage 911 g Geschichte. Die Geschichte eines Mannes, einer Familie, die sehr eng mit der deutschen Vor- und Nachkriegsgeschichte verbunden ist, denn obschon Literaturnobel-Preisträger und davon gibt es immerhin nur 10 deutsche Schriftsteller: innen, musste Thomas Mann 1933 die Gelegenheit während einer Vortragsreise nutzen und ins Schweizer Exil gehen, galt er als einer der schärfsten Kritiker Hitlers. Von dort wanderte die Familie 1938 in die USA aus. Der New York Times sagte Mann am 22. Februar 1938: „Es [das Exil] ist schwer zu ertragen. Aber was es leichter macht, ist die Vergegenwärtigung der vergifteten Atmosphäre, die in Deutschland herrscht. Das macht es leichter, weil man in Wirklichkeit nichts verliert. Wo ich bin, ist Deutschland. Ich trage meine deutsche Kultur in mir. Ich lebe im Kontakt mit der Welt und ich betrachte mich selbst nicht als gefallenen Menschen.“ Weiterlesen

Philippinum Marburg: 2125 Die Zukunt der Menschheit

 

2125 Die Zukunft der Menschheit, ein spannendes Gedankenspiel – eine interessante Aufgabe für die Schülerinnen und Schüler des Marburger Gymnasiums „Philippinum“. Die Idee zu diesem Schreibprojekt hatte der Verleger Markus Karsten vom Westend Verlag. Und auch wenn er sich lange gedulden musste, bis es zur Umsetzung der Idee kam, hielt er an der Idee fest, holte Frank Scholze, Generaldirektor der Deutschen Nationalbibliothek und Christian Steiner, Studienrat am Philippinum mit ins Boot und ermöglichte damit das vorliegende Buch.

Das bis zum Schluss geheim gehaltene Thema sollte in zweieinhalb Stunden umgesetzt werden. Das Ergebnis, die Weiterlesen