
Den großen Reiz, den dieser Krimi auf den Leser ausübt, ist, dass er in einem Sommerlager der Samen spielt. Vor zehn Jahren verschwand dort eine junge Frau, die Tochter des norwegischen Veterinärs. Er war mit ihr zu Mittsommer hergeflogen, um sich um die Rentierkälber zu kümmern. In der Nacht verschwand Linnéa und tauchte nie mehr auf. Zehn Jahre später kehrt die Polizeistudentin Ravna aus Oslo zurück zu ihrer Familie, um bei der Kälbermarkierung zu helfen, denn auch sie ist eine Sami. Es ist mehr ein Zufall, dass sie beim Einfangen von streunenden Rens abstürzt und in eine Höhle fällt. Beim Versuch sich zu befreien, stößt sie auf ein Skelett und anhand der Kleidungsreste weiß Ravna sofort, es ist Linnéa. Sie war damals neun Jahre, aber hatte dieses wunderschöne Mädchen kennengelernt. Eine Mischung aus spannenden Kriminalfall, ursprünglicher Sami Magie und Tradition, sowie dem ewigen Überlebenskampf der Naturvölker in der heutigen Zeit. Elisabeth Herrmann hat sich richtig in die Mentalität der Samen gekniet und rausgekommen ist ein fantastischer glaubwürdiger Thriller, bei dem man als Leser das Gefühl hat, immer direkt dabei zu sein. Erste Sahne!
Nur eine Familiengeschichte mit dunklen Geheimnissen kann so spannend und fesselnd sein, wie Anja Jonuleits neuestes Buch „Das letzte Bild“. Dabei gelingt es ihr ausgezeichnet sowohl Realität, einen 50 Jahre zurückliegenden, ungeklärten Mord, wie auch Fiktion, nämlich, ein auf den Mord zugeschnittenes Familiendrama zu einer plausiblen Geschichte zusammenzuführen. Die Autorin übertreibt nicht und stattet ihre Figuren aus drei Generationen mit Neugier, Glaubwürdigkeit und dem Mut, sich auf die Suche nach der Wahrheit zu begeben, aus. Und Eva, die Protagonistin dieses Romans, ist nicht die erste, die sich auf die Suche nach Antworten, begeben hat. Wie sich im Verlauf der Geschichte immer mehr herauskristallisiert, handelt es sich bei der Toten um Evas Tante Margarete. Deren Suche nach ihrer Familie, von der sie während des Zweiten Weltkrieges getrennt wurde, bezahlt Margarete mit dem Leben. Ihr Leben verliert Eva zwar nicht, aber nicht alles, was sie über ihre Familie herausfindet, kann ihr gefallen. 

Das Buch ist nichts für zarte Seelen. Der Autor Jo Nesbø verlangt starke Nerven. Der Gegenpart zu Harry Hole, dem harten Kerl mit weichem Kern, ist Vampirist. Einer der es liebt Blut zu trinken. Meist von jungen Frauen. Das ist normalerweise nicht das Genre zu dem ich greife. Aber Jo Nesbø wäre nicht Jo Nesbø wenn er diesen rauen Plot nicht mit sehr viel psychologischen und anderen Fakten anreichern würde, dass der Thriller immer spannend und lesbar bleibt. Interessant ist auch der norwegische Umgang mit Sex.
