Bill François: Die unwahrscheinliche Süße der Erdbeeren

Zugegeben, es war nicht Liebe auf den ersten Blick zwischen dem neuen Buch „Die unwahrscheinliche Süße der Erdbeeren“ von Bill François und mir. Nach gut 30 Seiten war ich bereit zu kapitulieren und legte mein Exemplar zur Seite. Am nächsten Morgen fragte mich mein Mann beim morgendlichen Hundespaziergang, ob ich wüsste, ob Hunde Farben erkennen könnten. Und wie aus der Pistole geschossen antwortete ich ihm, dass ich gerade gestern darüber gelesen hätte. Die menschliche Farbwahrnehmung hat sich erst dadurch entwickelt, dass die Pflanzen unterschiedlich farbige Blüten produzierten aus denen Früchte wurden. Als Folge hat die Evolution unserer Weiterlesen

Der Verräter, Teil III und Ende der Fantasie-Trilogie, Anthony Ryan

Das Ende einer großartigen Fantasy-Trilogie! Nach knappen zweitausend gelesenen Seiten dieser Trilogie ergreift mich die gleiche Wehmut wie damals, als ich das erste Mal den Herrn der Ringe beendet hatte. Ob ich nun wollte oder nicht, ich musste endgültig das Leben von Alwyn Scribe, Evadine, Ayin, Julhlina, Lilat, Wilhum, der Sackhexe und dem Eithlisch verlassen. Auch wenn am Ende eine kleine Hoffnung auf die Fortsetzung einer späteren Generation angesprochen wird.

Ich kann die Geschichte um Alwyn, der in einem Hurenhaus geboren, als Kind im Wald ausgesetzt, von Gesetzlosen adoptiert und plötzlich aufsteigt zum Marschall und Adligen einer geliebten Königin, nur jedem Fantasy-Fan ans Herz legen. Die Mischung aus einer zeitlich im Mittelalter anzusiedelnden fiktiven Welt, die nicht mit Kriegen, mystischen Völkern, Rittern, Hexen und herzlosen Herrschern geizt, liest sich so, als wäre sie für einen gemacht. Denn sie ist erzählt von Alwyn selbst. Und damit wird die Geschichte so persönlich, ehrlich und nachvollziehbar. Wir trauern, wundern und lachen mit dem Antihelden, der eine solch wichtige Rolle für die Völker des Caerithuschen Reichs und den Menschen von Albermaine spielt. Eine Rolle, die er eigentlich nie wollte, wie es das meist ist bei Antihelden. Plötzlich entscheidet ein Niemand über die Vernichtung der Welt! Und vielleicht kann nur der Verrat an seiner großen Liebe, die Vernichtung der Menschen, durch die zweite große Plage verhindern.

Ganz tolle Geschichte, gut und spannend erzählt, sodass man sich bei den etwa siebenhundert Seiten pro Buch eigentlich noch einmal zweihundert zusätzliche wünscht. Es ist eine Welt, in die man gänzlich eintauchen kann und sich nach dem letzten Satz fragt: »Was mach ich denn jetzt?« Wagen Sie es, aber besorgen Sie sich unbedingt gleich alle drei Bücher, denn nach dem ersten Band muss man weiterlesen.

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Der Wolf im dunklen Wald, Sia Piontek

Der zweite Roman um die Wendlandermittlerin Carla Seidel ist für meinen Geschmack besser gelungen, denn er wirkt wesentlich realistischer, als sein Vorgänger. Während einer großen Gesellschaftsjagd wird einer der Gäste mit mehreren Messerstichen brutal ermordet. Die Gastgeber, Familie von Boennings entspricht so ganz dem Klischee von Landadel. Mächtig, reich, anmaßend und anscheinend jede Menge Leichen im Keller. Jedoch lässt sich die Kriminalbeamtin der Polizeistation Dannenberg nicht so schnell einschüchtern. Auch wenn jemand die Frechheit hat, es als Jagdunfall zu bezeichnen, war es definitiv Mord, und zwar eine geplante Tat. Denn der abgebrühte Mörder sah dem Opfer beim langsamen Sterben zu. Als es weitere Tote gibt, stellt sich langsam die Frage, warum man ausgerechnet diese Menschen tötete. Denn die Oper, Gäste von auswärts, sind vor langer Zeit zusammen als Kinder und Jugendliche im Wendland groß geworden.

Guter Regionalkrimi, der spannend und sehr unterhaltend ist, aber genau wie sein Vorgänger einfach hundert Seiten zu lang. In der Kürze liegt die Würze, und wenn erst einmal aus der Serie die Nebenschauplätze raus sind, die die eigentliche Geschichte nicht vorantreiben, dann können diese Regiokrimis auf einem Topniveau ankommen.

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SimpJordan Michelman, Zachary Carlsen: Simply Coffee

Ein Sachbuch wie man es sich wünscht. Bestens gestaltet über alles was es zu Kaffee zusagen gibt. Es beginnt schon damit, die richtige Zubereitung für die verschiedensten Cafés zu beschreiben und zu erklären. Nicht umhin stellt sich die Frage welche Sorte von Cafés gebe ich den Vorzug. Dabei werden auch die verschiedensten Kaffeesorten erklärt und auch die Röstmethoden geschildert.

Im Teil zwei beschäftigt sich das Buch mit den verschiedensten Prüfmethoden. Dabei sind gestimmt einige Methoden die bekannt sind. Mit Sicherheit werden neue Methoden wie zum Beispiel die Prüfmethode Zero vorgestellt.

Zwei Redakteure sind für das Werk verantwortlich:

1.Jordan Michelman ist Journalist, der für Zeitschriften wie »Los Angeles Times«, »PUNCH«, »TASTE«, »EATER«, »The New York Times« und »T« schreibt. 2020 wurde er mit dem James Beard Award für Journalismus ausgezeichnet und war Finalist bei den Louis Roederer International Wine Writers’ Awards 2020. Er ist außerdem Mitbegründer und Herausgeber des Blogs »Sprudge«, auf dem sich alles um Kaffee dreht.

2. Zachary Carlsen ist ein erfahrener professioneller Barista, der mittlerweile auch als Journalist tätig ist. Während seiner Zeit in der Kaffeebranche kümmerte er sich um öffentliche Bildung und Einzelhandelsmanagement bei Unternehmen wie Ninth Street Espresso, Stumptown Coffee und Murky Coffee. Er ist außerdem Mitbegründer und Herausgeber des Blogs »Sprudge«, auf dem Wissenswertes rund um Kaffee weitergegeben wird.

Abgerundet wird das Buch mit der Vorstellung von Kaffee Cocktails und einem ausführlichen Inhaltsverzeichnis. Mit Sicherheit werden in diesem Buch für nicht professionelle Kaffeezubereiteter viele neue Erkenntnisse auftauchen die uns zu besseren und köstlicheren Kaffeegetränken inspirieren.

Jordan Michelman, Zachary Carlsen: Simply Coffee, riva Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH, Hardcover, 192 Seiten, ISBN: 978-3-7423-2818-2,€ 22

 

 

Felicitas Fuchs: Die Akte Schneeweiß I Fünf Fragen an die Autorin

Eigentlich lese ich nicht gern Texte am Computer. Ich liebe es, ein Buch in der Hand zu halten, den Moment, wenn ich das Buch zum ersten Mal öffne, die Haptik, den Geruch, das Gewicht und – wie sich die Seitenmenge von rechts nach links bewegt. Allerdings obsiegte meine Neugier und ich wollte wenigstens mal einen Blick in den vom Verlag vorab zur Verfügung gestellten PDF-File werfen. Was kann ich sagen? Ich blieb hängen, gefesselt von den Geschichten um die Protagonistinnen Mathilde (geboren 1911) und Katja (geboren 1947). Zwei Frauen, zwei Generationen, zwei Schicksale, Kämpfe um Anerkennung, Selbstbestimmung, Recht auf Bildung und Ausbildung, aber auch zwei Frauen, intelligent, zielstrebig und – mutig. Die Autorin zeichnet glaubwürdige Bilder der jeweiligen Zeit, in der die Protagonistinnen leben. Ich
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Stefan Kuhlmann: Umweg zum Sommer

Wie in seinem ersten Roman „Herr Winter taut auf“ gibt Stefan Kuhlmann auch in seinem neuen Roman „Umweg zum Sommer“ seinen Protagonisten die Möglichkeit sich persönlich weiterzuentwickeln und – erwachsen zu werden. Dafür schickt Kuhlmann Martin, einen in die Jahre gekommenen Musiker ohne Plan B, der nicht an den Erfolg seines ersten und einzigen Hits anknüpfen kann, auf einen Road Trip durch halb Europa bis nach Portugal zu einem Rockfestival. Aber Kuhlmann lässt Martin nicht allein losziehen. Er stellt ihm Karl, den zwölfjährigen Neffen zur Seite, der sich nicht einfach bei Oma Rita am Bodensee parken lässt, sondern als blinder Passagier im klapprigen Volvo mitreist. Und spätestens hier hat mich Kuhlmann abgeholt und ich reise mit. Durch Karls Anwesenheit ergibt sich für Martin eine Situation, in die er sich nur schwer hineinfindet und ihn vor ungeahnte Probleme stellt. Denn Karl ist ein harter Brocken: Weiterlesen

Damit die Erinnerung nicht verblasst wie die Nummer auf meinem Arm, Albrecht Weinberg und Nicolas Büchse

Am 7.März 2025 wurde Albrecht Weinberg 100 Jahre alt. Einer der letzten Überlebenden von Auschwitz, ein Zeitzeuge des schlimmsten Völkermords, der je passierte. Die organisierte Vernichtung von sechs Millionen Menschen, die aufs Erbärmlichste geschunden, gefoltert und ermordet wurden.

Man kann dieses Buch als wahrer Mensch nicht lesen, ohne immer mal wieder in Tränen auszubrechen. Es ist einfach unglaublich was Menschen, Menschen antun können und das ohne Sinn und Verstand. Auch rechtfertigt kein gegebener Befehl oder noch so verblendete Ideologie solch ein Tun. Jedoch vergisst Albrecht Weinberg auch nicht die Menschen, die verschüchtert heimlich vielen Juden halfen, mit Lebensmittelrationen und Beistand. Aber auch nicht die Täter, die nach Kriegsende davonkamen, die sich sofort wieder ins gemachte Nest setzten und den Hass auf die Juden, die viele selbst nach einem verlorenen Krieg nie ablegten.

Nicolas Büchse hat als erfahrener Journalist die Geschichte von Albrecht Weinberg und seiner Familie niedergeschrieben. Er macht es gut, mit Pausen zwischen den grausamen Beschreibungen der Zeit von Zwangsarbeit und vor allem in den Konzentrationslagern. Denn sonst könnte man es als Leser nicht verkraften. Kaum kann man die Ereignisse lesen, wie konnte man so etwas überleben?

Daher ist es so wichtig die Zeitzeugen und wenn es nur in Büchern ist, wieder zu Wort kommen zu lassen. Eine demokratische Gesellschaft darf nie vergessen, aus welch bitteren Wurzeln sie entstand. Und vor allem die jungen Menschen, wenn Herr Weinberg in Schulen spricht, sind immer wieder interessiert, zu erfahren, was damals wirklich geschah. Für mich ein wichtiges Buch, das in Zeiten von aufstrebenden Diktatoren und Kriegstreibern auf aller Welt umso brisanter und bedeutungsvoller wird.

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Daniel Gottschlich, Grazie Roma

Weiter steht auf dem Cover: Wie ich mein Sternerestaurant zurückließ, in Italien Inspiration für neue Gerichte fand und mich am Ende selbst. Das beschreibt das Buch leider nicht korrekt. Dieses Buch ist viel mehr. Es wirft die Frage auf: Ist kochen Kunst, gehört Kochen in die Kunst-Betrachtung. Ich nehme die Antwort von Daniel Gottschlich vorweg. Sein Aufenthalt in Rom zeigt, dass sein Handel und Tun zur Kunst gehört. Daniel Gottschlich hat ein Stipendium an der Deutschen Akademie Rom – Villa Massimo erhalten. Er hat dort zu sich selbst gefunden, um weiter mit Mut immer neue Wege zu gehen. Die Villa Massimo in Rom ist eine der bedeutendsten Künstlerresidenzen Deutschlands. Sie wird von der Deutschen Akademie Rom verwaltet und vergibt jährlich Stipendien an herausragende Künstler aus den Bereichen Bildende Kunst, Literatur, Musik und Architektur. Jährlich vergibt die Akademie etwa 10 Stipendien. Die Auswahl trifft eine Jury. Seit kurzem öffnet sich die Akademie auch für neue Kunstformen – so erhielt Daniel Gottschlich als erster Koch ein Stipendium, was zeigt, dass auch die Kulinarik als kreative Disziplin Anerkennung findet. Das besondere an diesem Aufenthalt ist die intensive Auseinandersetzung mit der italienischen Kunst, Kultur und Geschichte. Daniel Gottschlich hat das intensiv für sich und seine Küche genutzt.

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Herausgeber: Margaret Atwood & Douglas Preston: Vierzehn Tage

Man nehme eine Idee, zwei namhafte Initiatoren und sechsunddreißig Autoren, die die Idee umsetzen. Douglas Preston zeichnet verantwortlich für die lebendige, etwas vorhersehbare Rahmenhandlung und erzählt sie in der Person der Hausmeisterin Yessenia Grigorescu, einer Frau, der das Leben viele Zitronen geschenkt hat, die dennoch aufrecht steht, widerstandsfähig und stark ist. Jeden Abend kommen die Bewohner um 19.00 Uhr auf dem Dach des Wohngebäudes zusammen. Die einzige Möglichkeit während des Lockdowns in der Lower East Side von New York frische Luft zu schnappen und dem medizinischen Personal zu applaudieren.  Anschließend werden Geschichten erzählt. Und damit kommen wir zu der Besonderheit oder dem Neuen dieses Weiterlesen

Traumland, Adam Soboczynski

Vielleicht kennen Sie das auch, wenn ich ein Sachbuch oder ein politisches Buch, manchmal sogar eine Satire lese, dann arbeite ich mit diesen kleinen bunten Klebezetteln. Sinn und Zweck dieser ist, sich Sätze oder Stellen zu markieren, die erwähnenswert oder einfach gut sind. Besonders wichtig, wenn man eine Rezension schreiben möchte. Bei Adam Soboczynskis Traumland verbrauchte ich eine ganze Menge der Klebezettel. Wenigstens eine Stelle werde ich am Ende der Besprechung einfach mal zitieren, damit Sie, liebe Leser, wissen, was ich meine.

Traumland ist eine liebevolle, witzige, manchmal wahrscheinlich mit Absicht klischeehafte und sehr kluge Beobachtung seine Wahlheimat Deutschland. Die vierköpfige Familie Soboczynski zieht von Polen nach Deutschland. Fort von einem noch umkämpften Erhalt des Kommunismus, der jedoch stetig mehr in sich zusammenfällt. Adam ist sechs Jahre, als er im idyllisch, bürgerlichen Koblenz ankommt. Die Erzählungen beginnen mit seiner Kindheit, den Studienjahren im biederen Bonn bis zu den wilderen Jahren in Berlin, wo er sich als Journalist etablieren kann. Er blickt nach Moskau, über den großen Teich zum Populisten Trump, aber auch in die kleinen mannigfach gelebten Universen in Berlin.

Seine scharfen Beobachtungen über den Osten und den Westen sind, wenn es um die Menschen geht, witzig, klug und liebenswert. Was die politischen Systeme und ihre Vertreter angeht eher klar und kompromisslos. Er zeichnet ein Bild über die Veränderung der Gesellschaft, über Demokratie und die wundersame, satte und friedliche Zeit, die wir in den letzten vierzig Jahren erleben durften. Der Autor identifiziert sich selbst mit den ewig kritisierenden Deutschen, der sein Land zu bieder und unerträglich findet. Aber die Freude an der Freiheit so etwas öffentlich äußern zu dürfen, sieht er als eine Errungenschaft, der besten aller möglichen Welten in der wir leben dürfen, dem Traumschloss Deutschland.

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