Regina Stürickow: Kommissar Gennat und der grüne Skorpion

Ein historischer Kriminalroman, bei dem man meint, dem ermittelnden Kommissar direkt über die Schulter zu blicken. Zunächst tappen alle handelnden Personen im völlig Dunkeln und auch einen Leiche ist verschwunden. Aber nach und nach wird der Fall doch zu etwas größeren. Die Autorin, die sich, dass erkennt man aus den vielen Details die Sie im Buch erwähnt, hat sich tief in das Milieu der 1920er Jahre eingearbeitet. So bietet sie einen Blick auf verschiedene spektakuläre Kriminalfälle in den Jahren in denen der berühmte Kommissar Ernst Gennat gewirkt hat. Verschiedene andere Autoren haben diese Zeit beleuchtet sind aber wohl noch nie so nahe an die Persönlichkeit dieses Ausnahmekriminalisten gekommen. Weitere Bände mit Kommissar Gennat liegen vor. Weiterlesen

Sturmnacht, Die dunklen Fälle des Harry Dresden, Jim Butcher

Harry Blackstone Copperfield Dresden, er hat die Namen von berühmten Magiern, wobei ich mich frage, ob Harry von Harry Potter stammte. So wie ich den Autor Jim Butcher nach dem Buch einschätze, ist es wahrscheinlich genauso gemeint.

Die dunklen Fälle des Magier/Privatdetektiven Harry Dresden könnte man mit den gräulichen und schauderhaften Abenteuern von John Sinclair vergleichen, wenn man sich nicht wie bei Harry Dresden zwischendurch vor Lachen wegschmeißen müsste. Denn eigentlich ist dieser mächtige Magier eher der Antiheld. Er stapft in jedes Fettnäpfchen, hat es nicht so der Weiblichkeit und steht ständig mit einem Bein in der Hölle oder vor dem Tribunal des weißen Rates. Und wenn der Magier die Hilfe von Elfen braucht, dann beschwört er sie nicht, sondern besticht sie lieber mit Pizzalieferungen. Tja, selbst so ein Magier hat es nicht leicht!

Die Romane um Harrys Fälle machen Spaß, sind schnell mal weggelesen und ideal für einen Urlaubstrip. Und das Gute daran, es gibt fünf weitere Bücher aus der Serie. Weiterlesen

Hika Harada: 3000 Yen fürs Glück

Hätte ich das kleingedruckte bzw. den Untertitel „Ein Familienroman…“ gelesen, hätte ich mich vermutlich nicht für den Roman von Hika Harada entschieden. Mir stand nicht der Sinn nach düsteren Familiengeheimnissen, die von der Enkel: in-Generation ans Licht gezerrt werden und die Übeltäter, da verstorben, nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden können. Und so freue ich mich, dass meine Neugier obsiegte, denn in Haradas Familiengeschichte geht es um das hier und heute und ein wenig um die Zukunft. Reicht mein Geld und kann ich es mir leisten? Eine zentrale Frage für die japanische Gesellschaft und zwar in jeder Lebensphase und die Autorin stellt eine der größten Ängste ihrer Landsleute in den Mittelpunkt ihres Romans, der mittlerweile als Serie für das Fernsehen verfilmt wurde. Anhand der Frauen der Familie Mikuriya beschreibt Harada die Weiterlesen

Jan Weiler: Älternzeit,

Wir, die Generation der Eltern können bei der Lektüre dieses Büchlein nur aus voller Brust zustimmen: so ist es. Wenn wir nun gedacht haben, dass das Leben nach der Geburt unserer Kinder in ruhigeren Bahnen verläuft, haben wir einen gravierenden Irrtum begangen. Aus den süßen Kleinen werden Menschen deren Ansprüche uns gegenüber manchmal ins schier unmögliche Anwachsen und mindestens ein Magengeschwür verursachen. Der einstmals verlachte Spruch meiner Mutter: kleine Kinder kleine Sorgen, große Kinder große Sorgen hat sich in den Familien, die Jan Weiler in seinem Buch veröffentlicht hat, bewahrheitet. Das kleine Bändchen ist voll von Geschichten die man nur äußerstem Humor nehmen kann ohne zu verzweifeln. Weiterlesen

Die Kriminalistinnen, Tod eines Blumenmädchens, Mathias Berg

Die Anfänge der Frauen bei der Kripo im Jahr 1969. Selbst Weltbestsellerautorin Karin Slaughter hat den Anfänger der Polizistinnen in Atlanta einmal ein sehr spannendes Buch gewidmet. Jetzt tut das Mathias Berg mit dem ersten Teil seiner Kriminalistinnen in Düsseldorf. Sechs Frauen, die eine Ausbildung zur Kriminalistin durchlaufen, in Zeiten, in denen Ehemänner noch dem Berufswunsch und dem Geldverdienen ihrer Ehefrauen zustimmen mussten. Zeiten in denen Frauen des Mannes Zierde, oft nur Gebärmaschinen waren und nicht gerade mit Respekt von vielen Männern behandelt wurden. Besonders schwer war es bei der Kripo, denn der alte Zeitgeist beherrschte weiterhin die Exekutive. Mathias Berg erzählt seine Geschichte aus dem Blickwinkel von Lucia, die es unbedingt schaffen und mit Hartnäckigkeit und Brillanz den Mord an dem Hippie-Mädchen Lena aufklären will. Dabei ist der Autor sehr feinfühlig, was diese sechs Frauen angeht und trifft die Stimmung und den Zeitgeist mit dem Nagel auf den Kopf.

Ein spannender Krimi und eine tolle Geschichte über Emanzipation von Frauen in den Sechzigern, die den Leser in eine atmosphärisch dichte Zeit katapultiert, die bis ins kleinste Detail glaubhaft und mitreißend beschrieben ist. Ein toller erster Teil Herr Berg, wir hoffen, das ist nur der Anfang!

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Jeremy Pang, School of Wok, Einfache Asia-Rezepte

Auf dem Umschlag steht der lustige und einladende Satz: „Schneller gekocht als geliefert!“ Eine inspirierende Einladung zu diesem Buch WOK-Schule. Als ich, als ausgebildeter Jungkoch die erstens Woks gesehen hatte, konnte ich mit der Halbkugelform wenig anfangen. Mir fehlte einfach die Bratfläche. Ohne besseres Wissen habe ich die Dinger, meine damalige arrogante Bezeichnung, abgelehnt. Doch blieb im Hinterkopf immer ein Interesse daran, wie machen die chinesischen Köche das? Das mit den äußerst schnellen Gerichten. Damals gab es gerade einen Boom von China-Restaurants. Andere asiatische Länder gab es noch gar nicht. Erst nach einem Besuch in der Südsee, wo ein Mongolen-Grill aufgebaut war, bekam ich den richtigen Einblick. An einem Mongolen-Grill stehen alle Zutaten von Fisch, Fleisch, verschiedene Gemüse, Reis und Nudel zur Selbstbedienung bereit. Man wählt seine Zutaten aus und gibt sie dem Koch am Wok und vor einem wird sein Gericht im Wok zubereitet. Man wählt noch seine Sauce-Geschmacksrichtung dazu und fertig. Durch diese Nähe und die direkte Zubereitung konnte ich erkennen, was im Wok passiert. Die für mich fehlende Bratfläche ist der Rand. Denn das Feuer geht am hohen Rand hoch. Die eventuell anfallende Flüssigkeit, die man beim Braten nicht braucht, sogar nicht haben will sammelt sich in der Mulde. Ich glaube, ich bin bestimmt fünfmal zum Grill gegangen und habe mir immer ein neues Gericht bereiten lassen. Von da an gehört der Wok zu meiner Kücheneinrichtung. Keine Angst, sie benötigen heute keinen Gasherd mehr. Es gibt jetzt Pfannen, die wie Woks aufgebaut sind und auf dem Elektroherd wunderbar funktionieren. Oder das Highlight sind Induktionswok-Mulden. Jetzt dazu dienen die Rezepte von Jeremy Pang aus seiner „School of Wok“.

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Film: Freibad, Doris Dörrie, DVD und Blu-ray

Freibad ist ein mittelmäßiger Klamauk, denn sehr viel mehr kann man beim besten Willen nicht in dem Film hineininterpretieren. Bestimmt hatte die Drehbuchautorin und Regisseurin Höheres geplant, doch der Anspruch ging unterwegs etwas verloren. Was eigentlich schade ist, denn das Thema ist super und hätte viel mehr hergeben können. Es hätte eine Satire oder eine zynische Erzählung aus unserer  „Woke-Zeit“ werden können. In der das Wort „Woke“, eigentlich ein Ausdruck, der für das Bewusstsein gegen Rassismus und mangelnder sozialen Gerechtigkeit steht, sich langsam schon zu einem Negativum entwickelt hat. So spult sich ein manchmal witziger Film, der durch seine Schauspieler und nicht unbedingt durch seine Handlung wirkt vor unseren Augen ab. Das einzige Frauenbad Deutschlands wird zur Drehscheibe der Kulturen und vielem mehr. Frauen, die unterschiedlicher  Kultur, Hautfarbe, Geschlechtsidentitäten und vor allem Meinungen sind. Richtig interessant ist es, das sich alle dort im Frauenfreibad über den Nächsten aufregen und manchmal zu Separatitinnen werden. Doch separiert man sie, passt das dann auch nicht.

Dieser Film von Doris Dörrie hat mich nicht überzeugt, aber er ist ein gutes Thema für Diskussionen mit Freunden. Daher sehen Sie ihn sich ruhig an. Er wird bestimmt einen interessanten Diskurs anregen, denn um ihn einfach von der Hand zu weisen, dafür ist er zu brisant. So kam der Film bei den Besprechungen der FAZ und Süddeutschen auch erstaunlich gut davon. Bei beiden Zeitungen hatte ich den Eindruck es war zwar kein Verriss, aber auch ein eher zögerliches Lob, das man zwischen den vielen Zeilen suchen musste.

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Leonardo Padura: Wie Staub im Wind

Es ist meine erste Begegnung mit Leonardo Padura und über Kuba wusste ich auch nur das übliche: Castro, Zigarren, Rum und Rumba. Dieses Buch ändert das, denn die Geschichte des Autors zeigt ein sehr differenziertes, lebendiges Bild von Kuba und die Liebe des Autors zu seiner Heimat ist spürbar. Es ist fesselnd, wie die Geschichte die Gesellschaft und das Leben in Kuba in all seiner Komplexität widerspiegelt; von den verlorenen Illusionen, Widersprüchen, den Vor- und Nachteilen des Lebens auf der Insel erzählt und mit einer kritischen, etwas traurigen Haltung, aber auch Liebe für die Menschen und ihre Bestrebungen, begleitet. Dabei thematisiert Padura stets die kubanische Diaspora. In diesem Roman schildert er das Leben einer Gruppe von Freunden (des Clans) und wie sie, obwohl aus verschiedenen Gründen in alle Winde verstreut, den Weiterlesen

Die zweite Entdeckung der Welt, Bettina Schary

Ich hatte schon vorher diese Art Cartoons oder gezeichneten und getexteten Geschichten (Graphic Novels) berühmter Menschen gesehen. Doch ich muss sagen, bisher hat mir noch kein Buch dieses Genre so gut gefallen wie „Die zweite Entdeckung der Welt“ von Bettina Schary. Das hat zwei Gründe. In ihrer Zeichentechnik nutzt sie mal Schwarz-Weiß-Zeichnungen, mal Farbe, mal einen Stil, der an die japanischen Mangas erinnert und dann wieder einen Comic-Stil, der den französischen Abenteuern von Tintin oder Tim und Struppi, wie sie bei uns bekannt sind, ähnelt. Das macht dieses Buch visuell wunderbar interessant. Der zweite Grund ist ihre teilweise Adaption der Geschichte mit heutiger Technik. So nutzen Humboldt und sein Gefährte Smartphones, haben einen Block, der von ihren Fans verfolgt wird und sie fotografieren und telefonieren natürlich. Langsam, runzeln Sie jetzt nicht gleich die Stirn, es ist so geschickt eingebaut, dass es dieser Lebensgeschichte, die ja Mitte des achtzehnten Jahrhunderts anfängt, nichts Verfälschendes anhaftet. Im Gegenteil, mein Interesse für Humboldt war geweckt. Denn ich hatte außer bei dem Buch von Daniel Kehlmann, Die  Vermessung der Welt, nie wirklich Begegnungen, geschweige denn ein Faible für Humboldt. Ganz hervorragend finde ich auch, dass in dieser Graphic Novel die vermutete Homosexualität Alexander von Humboldts ganz natürlich mit eingebaut ist.

Wenn Geschichte so verlockend illustriert und beschrieben wird, dann kann sich jung wie alt daran begeistern und eine Menge lernen. Bravo Frau Schary, ich hoffe, wir sehen noch mehr Lebensgeschichten dieses Genre von Ihnen!

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Tim Sullivan, Der Kriminalist, Der erste Fall für Detective Cross

Was man zu diesem Buch wissen muss „Asperger-Syndrom“. Das Asperger-Syndrom ist eine nach dem Kinderarzt Hans Asperger benannte Variante des Autismus. Merkmale sind Besonderheiten und Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie Unterschiede in der Wahrnehmung und Reizverarbeitung, insbesondere sensorische Über- oder Unterempfindlichkeiten. Beeinträchtigt ist vor allem die Fähigkeit analoge Kommunikation wie Gestik, Mimik, Blickkontakt bei anderen Personen auszuwerten oder selbst auszusenden. Das Verhalten von Asperger-Autisten wirkt daher merkwürdig auf andere Personen. Die Intelligenz ist in den meisten Fällen normal ausgeprägt.  Doch wird ihr Verhalten von anderen als wunderlich angesehen. Das Asperger-Syndrom kann sogar mit Stärken verbunden sein, etwa in den Bereichen der objektiven, nicht emotionalen Wahrnehmung, der Aufmerksamkeit und der Gedächtnisleistung. Tim Sullivans Auftaktkrimi für seine neue Krimireihe mit einem Kommissar mir Asperger-Syndrom finde ich sehr mutig und gewagt. Doch nach der Lektüre muss ich mich eines Besseren revidieren und habe große Hochachtung vor Tim Sullivan.

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