Erinnern Sie sich? Die 80er Jahre, Talking Head und deren Song „Once in a lifetime“ mit der Zeile „Same as it ever was“, zu Deutsch: Genau so, wie es immer war? Es gibt weitere Gemeinsamkeiten zwischen diesem Song und dem vorliegenden Roman, wie unbewusst zu leben und keinen Kontext zu Ereignissen in seinem Leben herzustellen, den Dingen ihren Lauf zu lassen, statt aktiv und die treibende Kraft seines Lebens zu sein, und dann die lichten Momente, in denen man sich fragt, wie man an einen – diesen – gewissen Punkt kommen konnte und als Reaktion darauf die Dinge sieht, wie sie sind. Aber man sollte sich von dem etwas angestaubten Titel nicht täuschen lassen: dies ist ein großer Roman, der genug bietet, um den ganzen Sommer zu Weiterlesen
Schlagwort: Frauenschicksal
Lügen über meine Mutter, Daniela Dröscher
Es ist ein berührendes, tief bewegendes Buch, über das ich noch lange nachdenken musste, nachdem es gelesen war.
Daniela Dröscher führt uns durch vier Jahre ihrer Kindheit, durch vier Jahre Ehe ihrer Eltern, die man als subtile Ehehölle bezeichnen sollte. Durch vier Jahre eines kaum auszuhaltenden Hunsrücker Landleben und dennoch durch Jahre einer relativ normalen Familie dieser Zeit. So leidet ihre Mutter, die nie mit Vornamen genannt wird unter ihrer Herkunft als Kriegsflüchtling aus Schlesien, unter ihrer Schwiegermutter, die sich was Besseres für den Sohn gewünscht hätte und vor allem unter ihrem Mann, der das Glück und den Frieden der Familie an jedem Gramm Körpergewicht seiner Frau festmacht. Und dennoch behält sich diese Frau, gefangen in familiären Konventionen und den gehassten Kilos immer ihren Blick für das Wesentliche. Den Mut jeden Tag für die zu kämpfen, sie sonst untergehen würden und weiter zu existieren, obwohl der Mensch in ihr, unter all den Fettpolstern nie gesehen wird.
Als Frau fand ich manche Erzählungen unerträglich und mich hielten die erklärenden Retrospektiven der Autorin nach jedem Kapitel über Wasser. Manches Mal störten mich die Anmerkungen der Autorin und mittlerweile erwachsenden Tochter. Doch ich konnte mir meine Meinung bilden und empfinde Respekt für die Mutter, die es viele Jahre aushielt, bis das letzte Kind alt genug war, um ihre persönliches Lebensinferno hinter sich zu lassen.