Alle Artikel von Elke Rossmann

Ravna, Arktische Rache

RAVNA – Arktische Rache von Elisabeth Herrmann

Die Krimis mit der samischen Polizeistudentin Ravna und Lensman Rune Thor sind immer eine kleine Sensation. Auch der dritte Teil hat es wieder in sich, da es um Ravnas Eltern und ihre eigene Vergangenheit geht. Endlich wird sie verstehen, warum ihre Mutter Hedda so eine harte Frau geworden ist. Was aber dem dritten Teil ein wenig den Reiz nimmt, ist, dass es zu achtzig Prozent in Oslo, der Hauptstadt Norwegens spielt. Mich haben die ersten zwei Teile magisch in den Bann gezogen, weil sie in der Heimat der Samen spielen. Draußen in der arktischen Kälte bei den eigentlichen Ureinwohnern des hohen Nordens.

Dennoch ist ›Arktische Rache‹ spannend, flott und mitreißend geschrieben. Denn wenn immer Ravna mit ihrer Selbstkontrolle, ihrer eher unsicheren Art und Rune Thor, der ohne Rücksicht auf Verluste, wie ein Taifun über Menschen hinwegfegt, zusammentreffen, ist das nächste Verbrechen nicht mehr weit. Hoffentlich dürfen wir noch viel von Ravna lesen und dann hoffentlich wieder bei den Samen hoch oben im Fjell!

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Regen, Ferdinand von Schirach

Das neue Buch von Ferdinand von Schirach besteht aus zwei Teilen. Es ist ein Theatermonolog von knappen 57 Seiten und ein sehr intimes älteres Interview mit der SZ von etwa der gleichen Seitenzahl. Ich musste es zweimal lesen, um die hier und da abschweifenden, doch wie immer ungemein klugen Gedanken zu erfassen. Das Theaterstück ist nicht unbedingt klar strukturiert. Es macht den Eindruck, das der Protagonist angeschlagen, weil, als voreingenommener Schöffe abgelehnt, seinen Gedanken freien Lauf lässt. Bei diesen Gedanken geht es wie immer um die, wie es im Deutschlandfunk genannt wurde, Inbegriffe der Menschlichkeit. Und das Hauptthema ist die Liebe, denn ›Regen‹ hat den Untertitel, ›Eine Liebeserklärung‹. Als bekennender Freund Ferdinand von Schirachs Schriften, seiner Wortgewandtheit und auch der klugen, sanften Provokation mit einem Augenzwinkern, ist auch ›Regen‹ für mich wieder ein Buch, das mich sehr erfreut hat. Wahrscheinlich werde ich es auch ein drittes Mal lesen, bevor ich mir die Lesung auf der Bühne anhöre. Denn die Zwischentöne dieses Autors sind nicht immer beim flüchtigen Überlesen zu sehen oder zu hören.

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Tag der Asche, Jean-Christophe Grangé

Zwar ist dieser Grangé schon ein Jahr alt, doch er kam jetzt als Taschenbuch auf den Markt. Jean-Christophe ist der französische Fitzek oder Baldacci. Seine ersten Bücher wie Die purpurnen Flüsse oder Der Flug der Störche waren unübertroffen und zwischendrin hatte er mal eine sehr brutale Phase, in der ich Schwierigkeiten hatten diesen Autor zu lesen. Doch mit seiner Serie um Commandant Niémans und seine Assistentin Ivana hat Grangé zu seinem alten Stil zurückgefunden. Er führt Niémans und die Leser ins Elsass, der alten Heimat von Niémans und dort zu einer Sekte. Denn in einer alten unscheinbaren Kapelle starb einer der sogenannten Gesandten bei Restaurationsarbeiten. Dass es Mord war, findet der Commandant schnell raus, während Ivana undercover als Lesehelferin auf dem Weingut der Sekte arbeitet. Und das ist auch das Problem, der Wein! Es geht um einen Gewürztraminer, für den die Trauben in wenigen Tagen gelesen werden müssen. Und alle in der Umgebung respektieren die Sekte und ihr Erzeugnis, sodass der Pariser Polizist erst einmal auf eine Wand von Widerstand stößt. Doch bei Grangés Polizisten ist eine Wand kein Hindernis und selten bleibt eine Leiche allein.

Spannender Thriller, der zwar auch wieder so seine blutigen Stellen hat, aber nicht mehr so exzessive Brutalitäten wie in den Vorgängerromanen. Weiterlesen

Nebelblau, Tove Alsterdal, III. Teil der Krimitrilogie um Eira Sjödin

Eine Trilogie sollte eigentlich nach dem dritten Buch aufhören, doch wenn man sich mal mit der Polizeiermittlerin, Eira Sjödin, bekannt gemacht hat, liebt man ihre Geschichte einfach. So bleibt vielleicht eine vage Hoffnung, dass nach dem großen Erfolg dieser drei Bücher, vielleicht doch der eine oder andere Krimi mit Eira noch erscheinen wird.

So ist es aber vorerst der Krimi Nebelblau, der einen echten Höhepunkt der drei Roman darstellt. Denn Tove Alsterdal geht ein geschichtlich sehr brisantes Thema an. Den Vietnamkrieg und Schwedens Unabhängigkeit von den USA. Denn Schweden war eines der wenigen Länder, die Deserteure, fahnenflüchtige US Soldaten aufnahm. Brisant vor allen jetzt, da Schweden um den Beitritt zur NATO kämpft und seine Bündnisfreiheit aufgeben möchte. Nebelblau ist zum Teil ein spannender Rückblick auf die Verhältnisse in Schweden im Jahr 1968. Wie immer verwebt die Autorin den Kriminalfall eng mit der Familiengeschichte der Ermittlerin. Die zusätzlichen Ängste und Geheimnisse, die dadurch geweckt werden, treiben Eira in einen stetigen Zwiespalt, der dem Krimi erst die richtige Würze gibt.

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Staatskunst, Henry Kissinger

Henry Kissinger, ein Mann, der wegen der Politik aus seiner Heimat flüchten musste und der mit Mitte vierzig, als Sicherheitsberater und vier Jahre als Außenminister in die Politik ging. Dem man den Friedensnobelpreis verlieh und der dieses Jahr 100 Jahre alt wurde. Dieser Mann kannte die politischen Führer über die er in diesem Buch spricht.

Die Kernaussage ist wohl, dass es kein Erfolgsrezept für die Führung eines Staates gibt. Es kommt auf die Situation an und was gerade benötigt wird. Welcher Charakterzug hilfreich ist in Krisensituationen, um diese zu überwinden. So spricht Henry Kissinger über Konrad Adenauers Führung als die Strategie der Demut, Charles de Gaulle Politik als die des Willens, Nixons Strategie des Gleichgewichts, Anwar el-Sadat Überwindungsstrategie, Lee Kuan Yews Strategie der Spitzenleistung und Margaret Thatchers Strategie der Überzeugung.

Geschichte ist immer anfällig für Verfälschung. Bei einem Zeitzeugen jedoch wird Geschichte aus erster Hand erzählt. Und wenn man sich die Auswahl seiner Staatsführer ansieht, könnte man nur bei Nixon einmal kurz die Stirn in Falten legen, weil Kissinger sein Außenminister war. Mich hat das Buch begeistert, was die Fakten angeht, die ich nicht alle so kannte, der Stil des Autors und seine sehr neutrale, diplomatische und unaufgeregte Art über die Geschichte dieser sechs Staatsführer zu berichten.

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Die Liebe in Zeiten von Mao Zedongs, Liao Yiwu

Der Autor, ist ein Mann, der vier Jahre in Haft vom chinesischen Regime gequält und erniedrigt wurde. Ein Mann, der seinen Hass mit genau der Brutalität aufs Papier gebracht hat, wie er sie durch Misshandlung erlebte. Da dieses Buch seinen Anfang im Gefängnis nahm, wo es im Geheimen geschrieben und herausgeschmuggelt wurde, trägt jede Zeile dieses Erbe. Die Geschichte ist gezeichnet von dem Wahnsinn, der Heranwachsende, der Kinder und jungen Menschen in China in ihrer gottgleichen Verehrung zu Mao Zedong befiel. Die chinesische Kulturrevolution, ein ebenso schwarze Geschichte der Menschheit, wenn es um die Verführung der Jugend geht, wie die Verblendung der Hitler Jugend. Ein Kapitel, das gekennzeichnet war vom Verrat an Eltern, Liebenden und Freunden, bis die eigene Identität nur noch eine leere Hülle wurde, in der Seele und Herz von falsch verstandener Euphorie und Menschenverachtung aufgefressen. Liao Yiwus Protagonist ist Zhuang Zigui, am Anfang ein Jüngling, noch keine Mann, aber schon ein kleiner roter General, der für seinen Führer Mao sterben würde. Ein Mensch, dem die menschlichsten aller Gefühle durch die Revolution abhandengekommen sind. Denn Liebe kann nur ein kontrarevolutionäres Verhalten von Kapitalisten und Royalisten sein, das mit Zähnen und Fäusten aus den Leibern der Feinde gebissen und geschlagen werden muss.

Ein sehr interessantes Buch, über die Verirrung eines Volkes durch politische Propaganda. Aber nicht einfach auszuhalten, denn der Autor nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es um die aller unwürdigsten und zu tiefst verstörenden Handlungen von Mensch an Menschen geht.

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Genial Normal, William Sutcliffe – Jugendbuch –

Ein unglaublich witziges Kinder- und Jugendbuch, bei der die Illustration des fünfzehnjährigen Sam auf dem der Einband, einem schon einen Vorgeschmack auf die tolle Geschichte gibt. Denn Sam ist verwirrt, regelrecht genervt, als seine Eltern zu Geld kommen und von einem durchschnittlich normalen Vorort Londons ins elitäre Künstlerviertel nach Hamstead ziehen. Als er, sein älterer Bruder Ethan und die kleine Schwester Freya auch noch auf der Nord-London-Akademie für Begabte und Talentierte angemeldet werden, ist für Sam die Katastrophe eingetreten. Auf dieser Schule sind alle einfach nur bekloppt. Dort wird aus dem früher beliebten Schüler Sam ein Außenseiter und Loser. Komisch nur das Ethan und Freya die neue Schule lieben. Es liegt wahrscheinlich daran, dass Sam weder begabt noch talentiert ist. Sam ist einfach nur stinknormal.

Die Dialoge sind witzig und so treffend für pubertierende Teenager, dass einem sofort klar wird, der Autor kennt sich mit heranwachsenden Kindern bestens aus. Ein tolles Kinder- und Jugendbuch mit viel Tiefgang, was soziale Klischees betrifft.

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Film: Perfect Addiction, für junge Erwachsene und Teenager, DVD und Blu-Ray

Perfect Addiction ist definitiv ein Film für junge Leute, Teenager und altersmäßig etwas darüber. In dem Alter hätte es mir der Film auch angetan, genau wie die Twilight Saga oder Dirty Dancing, um mal einen alten Film dieses Genres zu nennen. Es geht um die erste gefühlt große Liebe, den ersten Betrug, Rache und die Einsicht, dass man immer erst sich selbst verwirklichen sollte, bevor man sich auf einen Partner konzentrieren kann. Diese Dreiecks-Geschichte ist im Milieu der Marshall Art, des Ultimate Fighting Championship aber auch den verbotenen Fight Clubs angesiedelt. Eine harte Sportart, die wenn sie undercover geht, tödlich enden kann. Dort wird meist ohne Limits gekämpft. Erstaunlicherweise spielt Sienna, eine sehr sportliche junge Frau, die Trainerin eines dieser Champions. Ein junger Mann, der durch einen Motorradunfall fast nicht mehr auf die Beine kommt. Sienna gibt ihm sein Selbstbewusstsein zurück und durch Disziplin auch seine Fitness. Mittlerweile sind sie auch ein Liebespaar und leben zusammen. Wieder auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Fight Champion angekommen, dankt er es Sienna, indem er mit ihrer kleinen Schwester Sex hat. Sienna schwört Rache und trainiert ab dem Moment seinen größten Konkurrenten.

Ein netter Film, bei dem mir gefallen hat, dass die Hauptdarstellerin eine gestandene und selbstbewusste junge Frau ist. Sie lässt die beiden harten Kerle ganz schön schwitzen, nicht nur beim Sport, denn auch die Liebe kommt nicht zu kurz. Ein netter Film und gute Unterhaltung für einen kurzweiligen Abend.

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Meine Wildkräuter, Martina Fischer

Der Zufall wollte es, dass ich gerade zurück bin aus Tirol, wo ich unter anderem eine Kräuterwanderung mitgemacht habe. Und dann fiel mit dieses wunderschöne Buch von Martina Fischer, der Sennerin und ausgebildeten Heilkräuter und Wildpflanzenberaterin in die Hand. Sie erzählt gekonnt von fast dreißig Kräutern, Bäumen und Wildbeeren. Über jedes Kraut, jede Beere erfährt man ein paar historische Sachen, wann und wo man am besten sammelt, die Verwendung und natürlich wie und was es heilen kann. Auch sind in jedem Kapitel nicht nur Anleitungen für Heiltinkturen, Salben und Tees vorhanden, sondern wenn möglich auch leckere Rezepte zum Kochen und Genießen. Wunderschöne Fotos der einzelnen Kräuter machen die Identifizierung einfach.

Zum Einstieg in die Heilkräuterwelt und das Sammeln, ein idealer und schöner Begleiter.

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Feuer auf den Bergen, Romina Casagrande

Hinterer Seelenkogel ist mit einer Höhe von mehr als dreitausend Meter der zweithöchste Gipfel im Gurgler Kamm der Ötztaler Alpen. Auf seiner Spitze verläuft die Grenze von Italien zu Österreich. 1978 ein gefährlicher Berg für die italienischen Schmuggler, denn vom Schmuggeln lebten die meisten Familien, in der Zeit, als immer mehr Bauern ihre Höfe nicht mehr halten konnten und am Hungertuch nagten. Alkohol, Armut und Brutalität sind auf jedem Hof zu finden. Auch auf dem Hof, von dem der Junge mit dem Halbwolf in die Wälder flieht. Der Junge der sich Hasenohr nennt und seiner Vergangenheit davonläuft. Als es Winter wird und er fast verhungert, landet er im Haus von Pa und lernt dort Luce, sein Tochter kennen. Doch für sein Brot muss man arbeiten und das heißt bei Pa, man muss schmuggeln. Vierzig Jahre später verschwindet auf der österreichischen Seite ein kleiner Junge und der stille, am Berg sehr erfahrene Jan wagt sich auf den Seelenkogel, um ihn zu suchen. Schnell stellt er fest, dass der Junge sich nicht verlaufen hat, er läuft vor etwas davon. Auch wenn sich die Welt verändert, manche Schicksale tun das nie.

Ein überaus berührender Roman über das Leben in den Grenzgebieten Südtirols zu Österreich. Die authentischen Charakteren sind so faszinierend, dass man beim Lesen neben ihnen steht. Eine spannende große Geschichte mit viel Tiefgang und umso mehr Geheimnissen. Das Buch ist eine echte Überraschung von einer Insiderin aus Meran.

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