Wie weit der Weg vom Maria-Frisé-Anekdoten erzählenden Journalisten und Kollegen, den die geneigten Zuhörer immer wieder aufforderten, die Histörchen zu Papier zu bringen, hin zu dem Autor von „Die Pionierinnen“ gewesen ist, kann nur Rainer Hank sagen. Wir, Leserinnen und Leser, können uns glücklich schätzen, dass er ihn gegangen ist und vor allem, wie er ihn gegangen ist. Es wäre unter seiner Würde und unter deren, der hier beschriebenen und portraitierten Journalistinnen gewesen, hätte er sich auf die bloßen Anekdoten beschränkt. Und so setzt Hank die Portraits der 12 Journalistinnen in einen zeitlichen und politischen Kontext und schlägt die Richtung Sachbuch ein. Der Titel „Die Pionierinnen“ ist mit Bedacht gewählt und steht im engeren Sinne für die Journalistinnen in der jungen Bundesrepublik, grenzt aber all die anderen Pionierinnen, die sich in anderen Berufsfeldern durchsetzten, nicht aus. Hank selbst geht in seinem Prolog darauf ein, wie er auch seine Auswahl der portraitierten Journalistinnen erklärt. Objektiv gesehen ist das Buch ziemlich subjektiv. Eben sehr persönlich. Es ist ein spannender Blick auf das Nachkriegsdeutschland, interessant und unterhaltsam, gestopft mit Wissenswertem, ohne erhobenem Zeigefinger. Für seine Recherche hat sich Rainer Hank nicht nur durch diverse Archive gelesen. Er hat mit den zum damaligen Zeitpunkt noch lebenden Journalistinnen gesprochen, mit den Kindern, Enkelkindern und mit Zeitzeugen. Alles in Allem ist dadurch ein komplexes Bild dieser Frauen entstanden, die nicht darauf warteten, dass die Quote erfunden wurde, sondern – selbst und gerade aus Nischen heraus – die Welt und für sich darin einen Platz eroberten. Und ganz nebenbei waren diese emanzipierten, außergewöhnlichen Frauen maßgeblich an der Gestaltung der jungen Bundesrepublik beteiligt.

Foto: Annette Hauschild
Rainer Hank, geboren 1953, ist Wirtschaftsjournalist. 2001 bis 2018 leitete er die Wirtschafts- und Finanzredaktion der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«, seither ist er als Publizist und Kolumnist für unterschiedliche Medien tätig, insbesondere für die FAS. 2009 erhielt er den Ludwig-Erhard-Preis, 2013 den Karl-Hermann-Flach-Preis und 2014 die Hayek-Medaille. Für sein 2017 erschienenes Buch »Lob der Macht« war Rainer Hank für den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis nominiert. Zuletzt erschien im Penguin Verlag »Die Loyalitätsfalle« (2021).
Sie haben die Entwicklung der frisch gegründeten Bundesrepublik entscheidend mitgeprägt, und doch ist ihre Geschichte nie erzählt worden: die Journalistinnen der ersten Stunde, die dafür sorgten, dass sich in der jungen Demokratie Freiheit, Liberalität und Toleranz entwickelten.
Ganz unterschiedlich überstanden sie den Krieg: im Exil, im Versteck, auf der Flucht oder, indem sie sich mit dem NS-Regime arrangierten. Hinterher berichteten sie über die Nürnberger Prozesse, schrieben über die erwachende Liebe der Deutschen zu ihren Autos und kämpften für die Gleichberechtigung in der Familie. Diese Journalistinnen verstanden es, das vermeintlich rein Private politisch zu machen. Rainer Hank lässt ihre Stimmen für uns wieder hörbar werden.
Penguin Verlag – gebunden – 368 Seiten – 28,00 € – ISBN 978-3-3286-0305-4