Hans Rath: Jetzt ist Sense | Interview: Fünf Fragen an den Autor

Genau! Zeit für geistreiche, unterhaltsame Lektüre! Und Hans Rath hält mit seiner Geschichte was Titel und Cover – in Anlehnung an Dennis Hoppers kultisches Gemälde Nighthawks – versprechen. Eine spannende Story, in der die Protagonistin, die Psychologin Olivia, Bekanntschaft macht mit einem äußerst attraktiven Griechen namens Zino alias Thanatos, Gott des sanften Todes. Ist es wirklich ein Irrtum, dass er bei ihr klingelt? Aber irren sich Götter? Die engagierte Therapeutin muss erkennen, dass einem Unsterblichen nicht zu helfen ist. Warum sollte er aufhören zu rauchen? Was würde sich für ihn ändern, wenn er keinen Alkohol mehr tränke? Und sein Burnout-Syndrom könnte nur von Hades, dem Gott der Unterwelt, durch eine Generalamnestie behandelt werden. Aber eine ausgeglichene Work-Life-Balance ist im

göttlichen Plan nicht vorgesehen. Mir gefallen die Charaktere, die der Autor für diese Geschichte erschaffen hat. Sie sind fein herausgearbeitet und sehr authentisch. Das Dreamteam für mich sind Liv und Zino! Temporeich und lebendig die Gespräche, man hört es knistern und als Leser wittert man schon eine Romanze zwischen den beiden. Den griechischen Göttern sei Dank, sie lassen den Autor nicht ins Triviale abdriften. Soweit geht es mit der Fantasy nun doch nicht. Stattdessen: Gedanken, die den Leser wieder auf den Teppich bringen, vielleicht für manches zwischen »Himmel und Erde» Denkansätze bieten. Denn was so temporeich, leichtfüßig wie eine Komödie beginnt, dreht sich fast unmerklich – und das ist eine der Besonderheiten dieses Romans – zu einer tiefgründigen, anspruchsvollen Lektüre

Foto: Mirjam Knickriem

Hans Rath, Jahrgang 1965, studierte Philosophie, Germanistik und Psychologie in Bonn. Er lebt mit seiner Familie in Berlin, wo er unter anderem als Drehbuchautor tätig ist. Mit der Romantrilogie «Man tut, was man kann», «Da muss man durch» und «Was will man mehr» hat Rath sich eine große Fangemeinde geschaffen. Zwei der Bücher wurden bereits fürs Kino verfilmt. «Und Gott sprach: Wir müssen reden» sowie «Manchmal ist der Teufel auch nur ein Mensch» wurden ebenfalls zu Bestsellern.

Ausgerechnet an ihrem 50. Geburtstag bekommt die Psychologin Liv Bentele Besuch von einem attraktiven Südländer in schwarzem Cape. Leider hat sich der Mann nur in der Tür geirrt. Aber dann ist plötzlich die alte Dame tot, nach der er sich erkundigt hat, und Liv stellt ihn zur Rede. In Wahrheit sei er Thanatos, der griechische Gott des sanften Todes, antwortet er freundlich, und ja, es deprimiere ihn zutiefst, wie unwürdig das Sterben heute sei. Liv sieht in ihm eher einen von Todessehnsucht geplagten Neurotiker und bietet ihm therapeutische Hilfe an. Bei ihrem lebhaften Austausch stellt sich heraus, dass Livs neuer Klient tatsächlich der Sensenmann ist – und sich nicht in der Tür geirrt hat.

dtv Verlag – Taschenbuch – 288 Seiten – 15,95 € – ISBN 978-3-423-26334-4

Fünf Fragen an den Autor, gestellt von Angela Perez

Lieber Herr Rath,

herzlichen Glückwunsch zu Ihrem neuen Roman der heute in Berlin vorgestellt wird. Leser:innen sind neugierige, wissbegierige Menschen und deshalb würde es mich sehr freuen, wenn Sie Antworten auf meine Fragen haben.

So sehr ich das Lesen Ihres Buches genossen habe, so sah ich die Geschichte auch immer als Film vor mir. Arbeiten Sie schon am Drehbuch und können wir uns auf einen Film freuen?

Sagen wir mal, es gibt zartes Interesse an dem Stoff, wobei der Roman ja offiziell erst im Februar erscheinen wird. Die meisten Produzent:innen warten ab, ob sich ein Buch verkauft, bevor sie konkret werden. Eine Verfilmung hängt zwar nicht allein davon ab, ob ein Buch ein Bestseller wird, aber es ist hilfreich, wenn ein Filmprojekt auf einem Roman basiert, der bereits viele Leser:innen begeistert hat.

Die Figur der Olivia ist so gelungen und realistisch, dass man sich fragt, gibt es eine reale Person, die der Protagonistin zugrunde liegt?

Witzig, dass Sie das fragen. In meinen ersten Roman habe ich von vier Männern in der Midlifecrisis erzählt und wurde bei Lesungen oft gefragt, ob ich selbst mich hinter der Hauptfigur verberge. Ich habe dann immer geantwortet. „Die Figur entspricht mir etwa zur Hälfte, aber die andere Hälfte ist frei erfunden. Ich werde Ihnen allerdings nicht verraten, welche Hälfte mich betrifft.“ So ähnlich verhält es sich auch mit Olivia. In ihren Grundzügen entspricht sie einem realen Menschen, der Rest ist frei erfunden. – Es freut mich übrigens sehr, dass Sie Olivia offenbar mögen.

Kennen Sie die Angst vor der ersten Seite?

Ich kenne das Warten auf den ersten Satz und den Kampf um die erste Szene. Angst empfinde ich dabei nicht. Diese Arbeit kann im Gegenteil sogar Spaß machen. Dass man vor der ersten Seite Angst haben kann, verstehe ich allerdings sehr gut. Man will Interesse wecken, neugierig machen, dabei gut unterhalten. Und das alles in wenigen Sätzen. Es steht also eine Menge auf dem Spiel. Wenn Leser:innen ins Buch blättern, dann sind es meist die ersten Sätze, die darüber entscheiden, ob sie es mitnehmen. Der Anfang eines Buches sollte also besonders gut sein – was natürlich nicht heißt, dass man dann nachlassen darf.

Eine Geschichte begleitet den Autor über eine gewisse Zeit: Idee, Recherche, Schreiben, Veröffentlichung, Bewerbung, Lesungen… Haben Sie ein Ritual diese Phase abzuschließen, sozusagen das Buch ins Regal zu stellen?

Sie meinen, so etwas wie den Drink und die Zigarette, den sich der Autor in Stephen Kings Misery nach jedem abgeschlossenen Buch gönnt? Nein, so ein Ritual habe ich nicht. Ich schaue mir allerdings den Roman nach der finalen Abgabe der Druckfahne erst wieder an, wenn ich ihn als Buch in den Händen halte. In den Monaten dazwischen lasse ich ihn sozusagen ruhen.

Nach dem Buch ist vor dem Buch. Gibt es bereits Ideen für eine neue Geschichte?

Ja, die gibt es. Aber zunächst freue ich mich darauf, das aktuelle Buch in die Welt entlassen zu können. Die offizielle Premiere findet am 22. Februar im Berliner Kriminal Theater statt. Benno Fürmann, Michaela Wiebusch und ich werden dabei sein, und ich hoffe, dass ich danach noch viele Gelegenheiten haben werde, aus „Jetzt ist Sense“ zu lesen. Die Lesereisen sind etwas, dass ich wie viele Kolleg:innen während der Pandemie sehr vermisst habe. Aber jetzt darf man sich zum Glück ja wieder begegnen.

Vielen Dank!