Erdschwarz, Tove Alsterdal, Teil II der Trilogie

Wie schön, dass recht schnell der zweite Teil der schwedischen Krimireihe um die Polizistin Eira Sjödin erscheint, denn diese Protagonistin hat das gewisse Etwas. Noch vor Kurzem hatte Eira kaum Zeit zu schlafen, doch plötzlich ist in ihrem Leben zu viel Zeit. Ihre Mutter musste ins Pflegeheim, da ihre fortschreitende Demenz nichts anderes mehr zulässt. Ihr Bruder Magnus wird immer noch für Jahre weg sein, nur weil er einer Jugendliebe und seinem Wort treu bleibt. Und jetzt sitzt die Polizistin alleine in ihrem Elternhaus.

Der Fall des vermissten Hasse Runne ist auch nicht eindeutig, wahrscheinlich nur ein Mann, der sich in der Midlife-Crisis eine Auszeit nimmt. Doch da irrt sich Eira gewaltig, denn der Mann wird im Keller eines verlassenen Hauses gefunden, verdurstet, verhungert und ihm fehlen zwei Finger. Ein Mafia-Mord? Zum Glück holt Chefermittler Georgsson von der Abteilung Gewaltverbrechen sie in sein Team. Gerade rechtzeitig, denn sie entdeckt einen zweiten ähnlichen Fall, nur dieses Mal hat das Opfer überlebt. Und dann verschwindet eine weitere Person und es wird für Eira sehr persönlich.

Auch Erdschwarz lebt von der außergewöhnlichen, aber komplizierten Ermittlerin. Die junge Frau, die so ein untrügliches Gespür für Verbrechen hat, aber sich als Mensch so sehr anzweifelt. Und natürlich endet der zweite Teil mit einem Cliffhanger im Privatleben von Eira Sjödin. Darum freuen wir uns auf Nebelblau, der im Juli 2023 veröffentlicht wird.

Autorinnenfoto: Copyright ® Annika Marklund

Tove Alsterdal, 1960 geboren, hat als Journalistin und als Autorin für Theater und Film gearbeitet, sie zählt zu den renommiertesten schwedischen Spannungsautorinnen. Ihre Romane erscheinen in zwanzig Ländern und wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Schwedischen Krimipreis 2014.

Wer überlässt Männer in Kellern verlassener Orte dem Tod? Was hat es mit den fehlenden Fingern zu tun? Betrachtet man das Privatleben der Opfer, erweist sich die Vermutung, die russische Mafia hätte damit zu tun, als absurd.

Eira, geboren und aufgewachsen in Angermanland verlässt sich auf ihren Instinkt. Sie kennt die Menschen hier oben, fokussiert sich auf die Tatorte und stellt die richtigen Fragen. Wer lebte einmal in den verlassenen Häusern? Warum musste das Opfer hier völlig alleine verhungern und verdursten? Was verschweigt der Mann, der im letzten Moment befreit werden konnte? Und wenn sie von zwei Opfern wissen, wie viel könnten es wirklich sein? Privat ist Eira vor sich und ihren Gefühlen auf der Flucht. Sie hat ab und an mal wieder Sex mit ihrem jungen Kollegen August, der sich mittlerweile in Stockholm verlobt hat. Auch frischt sie bei Gelegenheit ihre Jugendliebe mit Ricke, dem Freund ihres Bruders auf. Wenn sie jedoch ehrlich ist, dann hat sie sich in ihren Chef verliebt, der momentan gerade eine echte Lebenskrise durchmacht. Erst als er verschwindet und für einen Polizisten völlig untypisch sein Handy zurücklässt, befürchtet sie das Schlimmste.

Auch bei diesem Teil schwankt man als Leser zwischen verschiedenen Möglichkeiten, doch kommt nie ganz an die Wahrheit heran. Auch wenn der Kriminalfall Erdschwarz geradliniger ist als Sturmrot, so bleibt er spannend bis zur letzten Seite. Der Fall wird zwar geklärt, dennoch serviert uns die Autorin auf besagten letzten Seiten gleich zwei Cliffhanger, die Eiras Privatleben ziemlich durcheinanderhauen werden. Ein Krimi erster Sahne oder wie man auf Schwedisch sagt: bästa Grädde! 

Erdschwarz, Tove Alsterdal, Rowohlt Polaris, Taschenbuch Klappenbroschur, Seiten 400, ISBN: 978-3-499-00779-8, Euro 17,00, erschienen 18.10.2022. Übersetzt von: Hanna Granz