Dank Marion Lagoda und ihrem gelungenen Debütroman »Ein Garten über der Elbe« müssen wir nicht mehr neidvoll Richtung England und seine berühmten Gärtnerinnen schauen. Auch wir haben eine Gertrude Jekyll namens Else Hoffa. Lange unbekannt und wäre nicht das 100-jährige Jubiläum des Gartens über der Elbe 2013 gefeiert worden, würde die Protagonistin, im Roman Hedda Herzog, wohl immer noch auf ihre Entdeckung warten. Nun aber hat sie ihren verdienten Platz in der Reihe großer Pionierinnen als erste Obergärtnerin Deutschlands. Als würde der Beruf ihr nicht schon genug abverlangen, stellt der Nationalsozialismus die Halbjüdin wie Ihre jüdischen Arbeitgeber vor eine schwierige Herausforderung. Während die Bankiersfamilie nach Amerika auswandert, entscheidet sich Hedda für England. Ihre Geschichte ist weitestgehend fiktiv, aber nichtsdestoweniger spannend, bewegend und interessant. Ein Leben, dass sie konsequent den Pflanzen und Gärten gewidmet hatte, den Erfolg hart erarbeiten musste und dafür auf eine eigene Familie verzichtete. Der Garten der Bankiersfamilie Warburg – im Roman die Familie Clarenburg – in Hamburg, Blankenese, ist real und noch heute zu besichtigen. Bei der Beschreibung der Gartenanlagen, der Planung und Umsetzung bewegt sich die Autorin auf sicherem Terrain: sie hat mehrere Garten Sachbücher und zahllose Artikel über Natur und Garten geschrieben und teilt ihr umfangreiches Wissen gern mit dem Leser. Und so verwundert es auch nicht, dass das Verhältnis zwischen Fiktion und Realität nicht immer ausgewogen ist und das Pendel zu Gunsten der Realität ausschlägt. Auch wenn ich mir bei den fundierten Gartenbeschreibungen eine Prise Poesie gewünscht hätte, hat mich dieser wunderbare Roman bis zum Schluss gefesselt.
Marion Lagoda ist im Bergischen Land aufgewachsen und studierte Kunstgeschichte, bevor sie ein Volontariat bei der Rheinischen Post begann. Sie arbeitete als Journalistin u.a. für die Frankfurter Rundschau und spezialisierte sich später auf die Themen Natur und Garten. Sie ist Autorin zahlreicher Gartenbücher und schreibt Gartenreportagen für verschiedene Magazine. Marion Lagoda hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit ihrem Mann in Hamburg.
Hamburg, 1913: Als Hedda ihre Stelle als Obergärtnerin bei der jüdischen Bankiersfamilie Clarenburg antritt, hat sie es nicht leicht. Auf dem parkähnlichen Anwesen oberhalb der Elbe ist sie die erste Frau auf diesem Posten und wird von den ausschließlich männlichen Kollegen entsprechend kritisch beäugt. Auch körperlich wird ihr viel abverlangt, denn das Anwesen über der Elbe ist riesig, und der Erste Weltkrieg fordert ihr gärtnerisches Können noch einmal besonders heraus. Trotzdem gelingt es Hedda, hier ihren gärtnerischen Traum zu verwirklichen – bis hin zum Amphitheater im römischen Stil, das zum Mittelpunkt prachtvoller Feste und Theateraufführungen wird. Doch als sich in den 1930er Jahren die Zeiten verdüstern, geraten sowohl Hedda, die jüdische Vorfahren hat, als auch die Familie Clarenburg immer mehr in Bedrängnis.
C.Bertelsmann Verlag – gebunden – 384 Seiten – 22,00 € – ISBN 978-3-570-10401-9