Chinesische Literatur ist immer etwas Besonderes. Die Denkweise der Autoren und die Möglichkeit frei zu schreiben sind stark eingeschränkt. Das vorliegende Büchlein macht hier eine Ausnahme; geradezu direkt spricht der Autor Korruption und gesellschaftliche Verhältnisse an. Da wird ein junger Mensch verkauft, gesundheitliche Produktionsbedingungen geschildert und Eltern Kind Verhältnisse problematisiert. Das Ganze verpackt der Schriftsteller in brillante Ausdruckskraft. Das Büchlein ist schon länger auf dem Markt täuscht aber nicht darüber hinweg, das die Verhältnisse in China sich nicht geändert haben.
Dai Sijie, geboren 1954 in der Provinz Fujian in China, wurde von 1971 bis 1974 im Zuge der kulturellen Umerziehung in ein Bergdorf geschickt. Nach Maos Tod studierte er Kunstgeschichte und emigrierte 1984 nach Paris. „Balzac und die kleine chinesische Schneiderin“, sein erster Roman, wurde ein großer internationaler Erfolg und in einer französisch-chinesischen Produktion erfolgreich verfilmt. Zuletzt erschien von ihm auf deutsch „Der kleine Trommler“.
Der Kantinendirektor kauft den dreizehnjährigen Neffen der Stummen für einen monströsen Plan Die kleine Eistänzerin ist überzeugt davon, dass ihr Vater, der Wächter des Stausees, ihre Mutter ermordet hat … Die alte Schmiedin schürt noch einmal das Feuer, um eine Kette herzustellen, mitder sie ihren Sohn an einen Baum fesseln kann …Auf der Insel der Edlen gibt es eigentlich nur Müll und die Ärmsten der Armen, die versuchen, durch „Wertstoffgewinnung“ ihr Leben zu bestreiten. Vor dieser sehr realen Kulisse, die dennoch jedem Science-Fiction-Film zur Ehre gereichen würde, spielen drei gespenstisch gute Geschichten, in denen Dai Sijie dem modernen China ein unvergessliches Gesicht gibt.
Dai Sijie: Der kleine Trommler, Drei chinesische Geschichten, Piper Verlag, gebunden, 160Seiten, ISBN 9-783492-054935, € 17,50