Neuer Fall für den Dirty Harry von Port-au-Prince. Der Autor entführt uns in die Unterwelt von Haiti. Diese Land das absolut in kein Schema passt, das scheinbar nur aus Korruption, Misswirtschaft und Verbrechen besteht, hat einen aufrechten Polizisten. Na ja, aufrecht im Sinne einer rechtstaatlichen Sicht ist das natürlich nicht. Da räumt Inspector Azémar schon mal mit seinem Dienstrevolver Bösewichte von der Bildfläche. Gary Victor ist zu sehr Journalist als das er nicht auch die herrschenden Verhältnisse in Port-au-Prince darstellt.
Gary Victor, geboren 1958 in Port-au-Prince, ist der meistgelesene Gegenwartsautor Haitis. Sein unbestechlicher Blick und seine scharfe Kritik an den Zuständen in seinem Land machen ihn zu einem der subversivsten haitianischen Schriftsteller. Mehrere seiner Figuren wurden zu feststehenden Typen. Dieuswalwe Azémar, der trinkfreudige Inspektor aus den Krimis Schweinezeiten (2013), Soro (2015) und Suff und Sühne (2017) ist auch im deutschsprachigen Raum auf dem besten Weg dazu: Alle drei Bücher konnten sich sowohl auf der Krimibestenliste (ZEIT, bzw. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung/Deutschlandradio Kultur) und auf der Litprom-Bestenliste Weltempfänger platzieren. Gary Victors besondere Handschrift, zu der sich sein scharfer Blick auf die Gesellschaft, überbordende Phantasie und ein Hang zum Surrealistischen und Makaberen verbinden, kommt auch in seinen Erzählungen zum Ausdruck. Auf Deutsch erschienen bisher die Bände Der Blutchor (2007, überarbeitete Neuauflage 2017) und Dreizehn Voodoo-Erzählungen (2017)
Diesmal untersucht Inspector Azémar eine Mordserie, die ihm persönlich nahegeht: Alle Opfer waren wie er dem Clairin, dem lokalen Zuckerrohrschnaps, zugetan, zugetan und als Konsumenten von Katzenfleisch bekannt, das nach Meinung vieler Clairin-Liebhaber besonders gut zu diesem Getränk passt. Als Azémar seine Ermittlungen unterbricht, um einen gewissen Georges zu suchen, den eine Dame aus höchsten Kreisen als vermisst gemeldet hat, ahnt er nicht, dass der scheinbar skurrile Fall solche Kreise ziehen wird, zumal offenbar eine Verbindung zu den Clairin-Morden besteht.
Im Kampf gegen Bandenkriminalität, okkulte Machenschaften und seine persönlichen Dämonen kann Azémar sich nicht einmal auf seine engsten Mitarbeiter verlassen, aber es bleiben ihm seine Tochter Mireya, seine Beretta und die zwei W in seinem Vornamen…
Gary Victors vierter Krimi zeigt einmal mehr Haiti in all seiner brutalen Widersprüchlichkeit, je abstruser desto realistischer. Schwarzer Humor vom Lieblingsautor der Haitianer. Einer meiner auch.
Gary Victor: Im Namen des Katers, aus dem Französischen von Peter Trier
168 Seiten, Softcover, Litradukt Verlag, Trier, ISBN: 978-3-940435-30-9, € 12,00