Schlagwort: Abrechnung

Liebewesen, Caroline Schmitt, Eichborn

Habe ich jemals ein Buch mit so viel Schmiss über eine so unglaublich traurige und absurde Geschichte gelesen? Hab ich je so oft geschmunzelt über den Wortwitz eines abgrundtiefen Dramas? Wahrscheinlich nicht!

Caroline Schmitt schreibt mit einem Feuer, einer Verve über die Untiefen von Liebesbeziehungen und den schlimmsten Familienexzessen, dass man ihr entgegenrufen möchte: Schreiben Sie weiter, junge Frau. Ihr Stil ist unvergleichlich und Sie sind eine begabte Autorin. Gratuliere zu diesem Debüt!

Liebewesen, irgendwie ein Liebesroman, eine von Opferung geprägte Selbstfindung, die Beschreibung einer Kindheit mit sadistischer Mutter und am Ende eines Durchatmens und Verstehens. Das Ganze ist wie nebenbei erzählt, mit viel Humor und dennoch mit einer emotional fast unspektakulären Beteiligung der Hauptprotagonistin. Ein ziemlich irres, aber geniales Werk!  Weiterlesen

Die Verlassenen, Matthias Jügler

Die Verlassenen von Matthias Juegler

Zitat: „Je mehr ich über meinen Vater nachdachte, desto überzeugter wurde ich, dass etwas ganz Grundlegendes mit ihm nicht stimmte, als wäre irgendetwas an ihm in Unordnung geraten und nie wieder zurechtgerückt worden.“

Das denkt der dreizehnjährige Johannes, nachdem ihn sein Vater mit den Worten, Mach’s gut, Jung, einfach verlässt. Er bleibt zurück bei der Großmutter, die sich ebenfalls in Schweigen hüllt. Mit fünf verlor das Kind seine Mutter, angeblich durch einen Herzinfarkt und sein Vater zieht ihn überfordert und schweigsam groß. Zum Glück gab es Vaters Freund Wolfgang, der immer etwas Freude in seine Kindheit brachte. Doch auch er verschwindet plötzlich. Ohne Eltern lebt er mit einer gütigen Großmutter, bis auch sie stirbt, kurz bevor Johannes vor dem Abitur steht.

Seine traurige so eigenartige Kindheit hinterlässt tiefe Verletzungen und Probleme in Johannes. Auch als er eine Beziehung eingeht und selbst Vater wird, ist sein Leben ein Drahtseilakt der Gefühle und Verwirrungen. Erst als er einen Brief in den Büchern seines Vaters findet, den Vater kurz vor seinem Verschwinden erhielt, wird ihm das Ausmaß der Tragödie seiner Familie klar.

Ein bewegendes, mit unterschwelliger Wut erzähltes Buch, die man gegen Ende des Buchs versteht. Es geht um Opfer und Täter und ein Kind, das mitten in das irrsinnige politische Konstrukt einer langsam zerfallenden DDR gerät. Sehr zu empfehlen!

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