Geister weinen nicht, Ane Riel

Auf der Rückseite wird der Roman von der Presse als ebenso gewalttätig wie zärtlich beschrieben. Und es stimmt, gefühlsmäßig beinhaltet die Geschichte wirklich alles. Es sind scharfkantige und dennoch liebenswerte Personen, es geht um tiefe Liebe und ebenso tiefen Hass, um Verlust und Wiederfinden. Was aber diesen Roman so einzigartig macht, ist der Spannungsbogen, der bis zur letzten Seite straff gehalten wird. Denn man kann Alma der Protagonistin irgendwie nicht trauen. Ist sie eine Mörderin oder ist sie derart dement, dass sie nur Fantasien hat? Und um diese geniale Geschichte zu erzählen, braucht die Autorin nur ein Haus in einer Sackgasse und ein Ehepaar, Alma und Otto.

Spannend wie ein Krimi, herzzerreißend wie ein Liebesroman, tragisch wie ein Drama. Großartig beschrieben und verdammt gut erzählt!

Autorinnenfoto: Copyright ® Alex Nyborg Madsen

Ane Riel, Studium der Kunstgeschichte, wurde 1971 in Aarhus geboren. Ihr Debütroman »Blutwurst und Zimtschnecken« wurde als bester dänischer Krimiroman des Jahres ausgezeichnet. Für ihren zweiten Roman »Harz« hat sie gleich alle vier wichtigen skandinavischen Krimipreise bekommen: den dänischen, norwegischen, schwedischen Krimipreis sowie den Preis für den besten Kriminalroman Skandinaviens insgesamt.

Alma ist alt, allein und wird vergesslich. Manchmal vergisst sie sich anzuziehen, vor die Tür geht sie schon lange nicht mehr. Sie weiß auch nicht mehr, wer die Lebensmittel bestellt und bezahlt, die immer wieder vor ihre Tür geliefert werden. Die Zettel auf dem Küchentisch sind ihre Erinnerungen, damit es überhaupt noch funktioniert. Und dann sind da ihre wirklichen Erinnerungen, an Otto ihren Mann, dem peniblen Uhrmacher, den sie so sehr liebte. Daran, dass sie sich nicht an das Gesicht ihrer verstorbenen kleinen Tochter entsinnen kann. Den Tag al Otto im Uhrengeschäft zusammenbrach und sich dann für immer veränderte.  An Lulu ihren kleinen Hund, den Otto tötet, den Brand im Geschäft und die anschließende Wut und den Zorn, die Otto überfluteten. Ausgelöst werden die Erinnerungen von dem kleinen Jungen mit seinem Hund. Er läuft an ihrem Haus vorbei, bis er sie dann regelmäßig besucht. Sie weiß nicht, dass der Junge Thomas heißt, sie nennt ihn Otto und seinen Hund Lulu. Und dann stellt sich eine letzte Erinnerung ein und sie fragt sich: Wo ist Otto hingegangen, damals in der eiskalten Winternacht?

Großartige Spannung, eine Geschichte, die einen packt und immer wieder zweifeln lässt.

Geister weinen nicht, Ane Riel, btb Verlag, Taschenbuchbroschur, 256 Seiten, ISBN: 978-3-442-77427-2, Euro 13,00. Erschienen am 12. Juni 2024, aus dem Dänischen von Julia Gschwilm.

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