Caroline Bernard „Ich bin Frida. Eine große Geschichte von Liebe und Freiheit “

Gastrezension: Ulrike Bolte

Die Literaturwissenschaftlerin Caroline Bernard alias Tania Schlie fokussiert ihre Romanbiographie über die mexikanische Malerin Frida Kahlo auf die Zeit von August 1938 bis März 1939. In dieser Zeitspanne wird ihre künstlerische Entwicklung verortet hin zu einer selbständigen Künstlerin mit einer eigenen Formensprache, der ersten Einzelausstellung in New York bis zur Entdeckung der europäischen Ismen und ihrer Avantgarde in der Kunstmetropole Paris. Am sensibelsten sind bei Bernard die Stellen, an denen sie die Verve des zeichnerischen Prozesses und dessen malerische Umsetzung erläutert. Fridas lebenslange Hassliebe (und Konkurrenz) zu Diego Rivera, ihre Abhängigkeit von ihm, aber auch dessen Zuspruch, Unterstützung und Ermunterung prägen sie ebenso wie die notorische Untreue ihres Mannes. Sie versucht, sich aus dieser Beziehung zu lösen, genießt die Liebe zu anderen Männern. Dabei wirkt die Entscheidung zwischen „Liebe und (künstlerischer) Freiheit“ voraussehbar, da sie für viele Künstlerinnen zutrifft und deren Geschichte verwässert. Fridas Geschichte ist geprägt durch den schweren Busunfall im September 1925, bei der eine Stange ihr Becken durchbohrt, sie zu monatelanger Bettruhe im Korsett zwingt und zu zahlreichen Fehlgeburten führt. Rivera, der bekannteste Maler Mexikos mit seinen Wandmalereien („murales“) bringt ihr in der Rekonvaleszenzzeit die Malerei nahe, die zunehmend wichtiger wird und zu einer eigenen Ausdruckskraft führt, aber auch wie in der „Time“ als „Gynäkologische Bilder“ kritisiert wird.

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foto: milena-schloesser

Caroline Bernard ist das Pseudonym von Tania Schlie. Die Literaturwissenschaftlerin arbeitet seit über zwanzig Jahren als freie Autorin. Sie liebt es, Geschichten von starken Frauen zu erzählen. Im Aufbau Taschenbuch und bei Rütten & Loening liegen von ihr »Die Muse von Wien«, »Rendezvous im Café de Flore«, »Die Frau von Montparnasse«, »Fräulein Paula und die Schönheit der Frauen«, »Die Wagemutige“ sowie der Roman »Frida Kahlo und die Farben des Lebens« vor, der lange Zeit die Bestsellerlisten anführte und in zahlreichen Ländern erschienen ist

Im September 1926 malt Frida das erste von 55 Selbstporträts mit dem Grund „Ich male mich, weil ich sehr viel Zeit allein verbringe und weil ich das Motiv bin, das ich am besten kenne“.  Immer wieder setzt sie sich malerisch mit dem eigenen malträtierten Körper auseinander in der intensiven Analyse des Ichs (das manchen Kritikern zu weit ging) wie in einem ihrer Hauptwerke „Was mir das Wasser gab“ (1938/39). Daneben fokussiert sie sich auf ihre mexikanisch-indigene Herkunft durch Kleidung und Schmuck (die „mexicanidad“, zu ihrer Zeit eine Ausnahme), einheimische Pflanzen und ihre Tiere als Ausdruck von Seelenzuständen oder alter egos. Oft wurden die Volkstümlichkeiten in ihren surrealistischen Konstellationen herausgestellt, was Frida jedoch ablehnte – auch wenn sie einer Einladung des Surrealistenpapstes André Breton nach Paris folgte. Die ihr zugesagte Ausstellung fand nicht statt und sie musste in einer allgemeinen Ausstellung über mexikanische Kunst auftreten.

In ihrem Heimatland bekam sie erst wenige Wochen vor ihrem Tod 1953 eine eigene Ausstellung, zu deren Eröffnung sie in ihrem Bett kam. Diego, den sie nach der Scheidung nochmal heiratete, bekannte, sie sei das Wichtigste in seinem Leben gewesen und Frida betonte, ohne Diegos Liebe hätte sie das qualvolle Dasein nicht ertragen können.

Nach ihrem Tod blieb sie vergessen, erst zu Beginn der 70er Jahre wurde sie im Zuge der Frauenbewegung wieder entdeckt in zahlreichen Ausstellungen, die die Popularität Diegos in den Schatten stellte. In zahlreichen Filmen u.a. mit Selma Hajek, Theaterstücken, Opern, Hörspielen wurde sie gefeiert. Ihr Selbstporträt „Diego und ich“ (1949) erzielte bei Sothebys 2021 34,5 Millionen Dollar und überflügelte damit Rivera fast um das Vierfache (Quelle: wikipedia).

Eine inspirierende Wochenendlektüre!

Caroline Bernard „Ich bin Frida – Eine große Geschichte von Liebe und Freiheit“, Aufbauverlag Berlin 2023, ISBN 978-3-7466-4069-3, 14 Euro

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