Nur noch eine Nacht muss sie überstehen, dann verlässt sie dieses abgelegene Haus mit den ungewöhnlichen Ereignissen. Die Ahnung, dass hier etwas Böses passieren wird, lies Soldis nicht mehr los. Die Angst ist ihr ständiger Begleiter. Und genau in der Nacht passiert es. Eigentlich mag ich weder Bücher noch Filme, die das Ende vorwegnehmen und dann mit der Zeit Vorher beginnen. Und dann beginnt dieses Buch mit brutalen, blutigen Morden. Ich hatte das Buch schon beiseitegelegt. Nach zwei Tagen doch den Mut aufgebracht, das Buch weiterzulesen. Gut, dass ich das gemacht habe, denn sonst hätte ich dieses spannende und mitreißende Buch von Yrsa Sigurdardóttir verpasst. Man soll doch seine Voreingenommenheit des Öfteren zurücknehmen und einfach weiterlesen. In diesem Fall hat es mehr als gelohnt.
Autorinnenfoto: Copyright ® Silla Pals
Yrsa Sigurdadóttir, geboren 1963, ist eine vielfach ausgezeichnete isländische Bestsellerautorin, deren Romane in über 30 Ländern erscheinen. Die Ikone zählt zu den „besten Krimischriftstellerinnen der Welt“ (The Times). Ihre faszinierenden Thriller, in denen sie meisterhaft die unbarmherzige Natur Islands beschreibt, werden von Presse und Publikum gleichermaßen geliebt. Ihr letzter Thriller „Schnee“ stand monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Reykjavik.
Die junge Lehramtsstudentin Soldis schreibt gerade an ihrer Diplomarbeit, als ihr Freund sie mit mehr als bösen Worten beleidigt. Auch wenn Soldis keine Schönheit ist, dass hat sie nicht nötig. Um aus dem gemeinsamen Leben und der Wohnung herauszukommen, nimmt sie eine Stelle auf einem weit abgelegenen Gehöft hinter dem Fjord, als Hauslehrerin und Wirtschaftshilfe an. Ein Taxi holt sie vom Bahnhof ab und bringt sie den langen Weg zu dem Gehöft. Um die Fahrt etwas zu verkürzen, erzählt der Fahrer, dass er schon zwei andere Studenten zu dem Gehöft gebracht hat, doch die sind nie lange geblieben. Erwartet hatte Soldis ein altes Bauerngehöft. Doch das entpuppt sich neu gebautes stilistisches modernes Haus bewohnt von einer reichen Familie mit zwei jungen Mädchen und einem alten renovierten Bauernhaus. Das renovierte Bauernhaus ist für Soldis als alleinige Bewohnerin. Noch nie hatte Soldis ein ganzes Haus für sich. Die Mädchen sind etwas nervig, doch schafft es Soldis schnell guten Kontakt aufzubauen. Es gibt zwar gewisse Richtlinien, doch wenn man sich daranhält, ist diese Idylle perfekt. Schon bald passieren ungewöhnliche Dinge. Sachen verschwinden, sind trotz intensiver Suche nicht aufzufinden und dann plötzlich wieder da. Natürlich gibt es die eine oder andere Verdächtigung, nur keine Klärung. Dann gibt es bedrohliche Schmierereien an den Fensterscheiben. Ist das nur Soldis Einbildung oder steckt da etwas ganz Böses dahinter. Soldis will nur noch weg. Der Taxifahrer kann sie aufgrund eines Unwetters erst am nächsten Tag abholen. Also noch eine Nacht.
Yrsa Sigurdardóttir hat es bestens geschafft, trotz, dass das Ende bekannt ist, in wechselnden Kapiteln zwischen Vorher und dem Ermittlerteam die Geschichte von Soldis in dem abgelegenen Landhaus, mit der rauen Wirklichkeit des isländischen Winters und dem Schicksal der Familie so gekonnt rüberzubringen, dass man mit jeder Seite mitfiebert. Ebenso geschickt hat sie das neu zusammengesetzte Ermittlerteam um Tyr und Karolina in die langen kalten Nächte an den Fjord hinausgeschickt. Mit jedem Kapitel gibt es neue Ermittlungskenntnisse. Führen sie zu dem oder die Täter*innen. Oder gibt eine ganz andere Lösung?
Nacht, Yrsa Sigurdardóttir, btb Verlag, ISBN 978-3-442-76241-5, Taschenbuch, Seiten 432, € 18,00, erschienen 30. August 2023.