Paula Rodriguez: Dringliche Angelegenheiten

Wer sagt, dass ein Krimi immer ernst, furchteinflößend und spannend bis zum Herzkasper sein muss? Spätestens nach der Lektüre von Paula Rodriguez Debütroman weiß man, es geht auch anders: Schrill, mit schwarzem Humor, thematisiert Rodriguez systemische Polizeikorruption, die Bindung an den römischen Katholizismus und die Macht der Medien. Dabei ausgezeichnet geschrieben mit einem Gefühl für die Sprache, die bei der Polizei, im Fernsehen, im Zusammenhang mit den neuen Technologien und sogar in der Religion verwendet wird. Rodriguez erzählt ihre Geschichte schnell, witzig, mit beißendem Sarkasmus und vielen spannenden Momenten, aber auch sehr unterhaltsam aus der Perspektive der einzelnen Charaktere, die alle unterschiedliche Meinungen und Erklärungen zu den Ereignissen haben. Die Charaktere sind stark und detailliert herausgearbeitet. Und zum Protagonisten Hugo ist zu sagen: erst hatte er kein Glück – als er sich nach einem Mord für die Bahn als Fluchtfortbewegungsmittel entschied, denn der Zug entgleist. Und dann kam auch noch Pech dazu, weil er sein Handy und seine Papiere in dem ganzen Tohuwabohu verliert. Der Polizist Dominguez, der den von Hugo begangenen Mord untersucht, findet Handy und Papiere und kommt so Hugo auf die Spur. Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, hat Hugo eine Schwiegermutter in-spé. Und was für eine! Ein wunderbares Ende rundet die Geschichte ab.

Foto: mgradio.com.ar

Paula Rodríguez, geboren 1968 in Argentinien, ist Journalistin, Schriftstellerin, Redakteurin und feministische Aktivistin. Sie arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen und ist u. a. Mitbegründerin des Magazins La Maga. Sie studierte an der Taller Escuela Agencia in Buenos Aires, wo sie später Journalismus unterrichtete und die sie als Kodirektorin leitete. Für ihren Debütroman Dringliche Angelegenheiten wurde sie für den Premio Memorial Silverio Cañada nominiert. Sie lebt in Buenos Aires.

Peter Kultzen, geboren 1962 in Hamburg, studierte Romanistik und Germanistik in München, Salamanca, Madrid und Berlin. Er lebt als freier Lektor und Übersetzer spanisch- und portugiesischsprachiger Literatur in Berlin.

Hugo muss untertauchen, und zwar sofort. Er wird wegen Mordes gesucht, sein Zug ist entgleist, und am Unfallort wird es von Polizisten gleich nur so wimmeln. Mit einem zerknickten Heiligenbildchen als Beistand ergreift Hugo die Flucht. Bald ist ihm der eigenwillige Polizist Domínguez auf den Fersen, der es mit Moral und Vorschriften nicht so genau nimmt. Womit er nicht gerechnet hat: Der Fall wird zum Medienereignis, und plötzlich schaut ihm das halbe Land über die Schulter. Allen voran Hugos sehr katholische Schwiegermutter, die öffentlichkeitswirksam für die Seele des Unglücklichen betet. Ein Schlamassel, aus dem der Tod für alle Beteiligten der einfachste Ausweg zu sein scheint. Ein rasantes Verbrecherstück, das mit bitterbösem Humor feststellt: Unschuldig ist wirklich niemand.

Unionsverlag – gebunden – 240 Seiten – 24,00 € – ISBN 978-3-2930-0600-3

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