Aurélie Bastian backt

Sympathisch lächelnd ziert Aurélie Bastian das Cover ihres neuen Backbuches. Mit Vorfreude öffne ich das Buch und mir gefällt was ich sehe: das Inhaltsverzeichnis ist originell gestaltet, mit einem jeweiligen kleinen Foto des Kuchens bzw. der Torte in vier Kapitel unterteilt. Die folgenden Begriffserläuterungen unter Basics erscheinen mir willkürlich und zufällig zusammengestellt. Und – die erfahrenen Bäcker und Bäckerinnen, die die aufwendigen und komplizierten Rezepte nachbacken können, fühlen sich – wie auch ich – zu Recht auf den Schlips getreten. Wem die Begriffe nicht geläufig sind, wird feststellen, dass noch ein langer Backweg vor ihm/ihr liegt, bis eines der Rezepte umgesetzt werden kann. Ich fange noch einmal von vorne an. Das Cover. Nach wie vor lächelt mich die Autorin nett an. Aber ich stelle fest, dass ich blauäugig auf den Untertitel „Meine besten Kuchen, Torten und Tartes für jeden Anlass“ hereingefallen bin, der juristisch korrekt ist, aber ethisch und moralisch mindestens fragwürdig ist, denn die Autorin suggeriert, dass es sich um ihre eigenen Rezepte handelt und nicht um traditionelle Rezepte, die ich bereits aus anderen Veröffentlichungen kenne.  Ich akzeptiere, dass hier mehr Expertise als mein Laienwissen und meine Begeisterung fürs Backen gefragt ist und hole mir Unterstützung bei Angelika (leidenschaftliche Bäckerin) und Gerhard (Bäcker- und Konditormeister). Angelika konzentriert sich auf die Optik. Zufällig hatte sie den Marmorkuchen mit Käsefüllung aufgeschlagen und kommentiert das Foto so: „Das sehen wir nicht so gern, dass der Kuchen nicht durchgebacken und noch klitschig ist, während die meisten anderen Kuchen zu dunkel gebacken sind“.  Beim Tourteau fromager (Verbrannter Kuchen aus dem Baskenland) bin ich mir nicht sicher, ob es noch zeitgemäß ist, einen absichtlich verbrannten, kohlrabenschwarzen Kuchen zu propagieren, wo man schon lange um die krebserregenden Stoffe in verbranntem Essen weiß. Gerhard hat jedes Rezept unter die Lupe genommen und kommt zu folgendem Ergebnis: „Die Basics sind für Anfänger, aber die meisten Rezepte sind für Anfänger zu schwer nachzubacken. Das Buch hat viele schöne Akzente, aber für den Hausgebrauch sind sie nicht geeignet.“ Wie Angelika (und ich) stört sich Gerhard an dem übertriebenen Gebrauch von Lebensmittelfarbe – Möhrenkuchen, Herztorte, Gehirn-Kuchen, Adventskranz-Kuchen. Punkten tut Bastian mit der Erdbeertorte, die ganz köstlich aussieht und der Pavlova-Torte. Warum die Taube auf dem weißen Pfingstkuchen grün ist, erklärt die Autorin nicht. Bei diesen aufwendigen Rezepten ist es nicht zu verstehen, dass die Autorin zu Convenience Produkten greift wie bei der Croustade zu Strudelteigblättern und bei der Béret-basque-Torte zu Schokoladenstreuseln. Schade. Die Autorin teilt mit mir ihre besten Kuchen, Torten und Tartes für jeden Anlass, teilt aber nicht mit mir, was diese Gebäcke für sie besonders macht. Lediglich zur Erdbeertorte schreibt sie, dass ihr Sohn ihr diesen Kuchen jedes Jahr zum Geburtstag zubereitet. Vielleicht hätte dieser persönliche Aspekt mich darüber hinweggetröstet, dass für mich zu einem modernen Backbuch Zeit- und Kalorienangaben wie auch Alternativen für Alkohol in Rezepten gehören.

Aurélie Bastian, eine Französin, die die Liebe nach Deutschland geführt hat, wollte auch in ihrem neuen Lebensraum nicht auf die gute französische Küche verzichten. Weil ihre Rezepte begeistern, ist ihr Blog „franzoesischkochen“ der wohl bekannteste deutsche Blog für französische Rezepte. Auch im MDR kann man regelmäßig ihre neuen Kreationen bestaunen. Außerdem besitzt die studierte Pädagogin ein Koch- und Backatelier, in dem sie Koch- und Backkurse für Kinder und Erwachsene gibt. In ihrem Onlineshop bietet sie ausgewählte französische Spezialitäten und Küchenzubehör an.

Aurélie Bastian sorgt seit vielen Jahren mit ihrem französischen Charme für gute Laune und kulinarische Erlebnisse auf ihrem Blog „franzoesisch kochen“ und im Fernsehen beim Mitteldeutschen Rundfunk. Sie präsentiert hier ihre liebsten Kuchen, Torten und Tartes. Von Creme-Brûlée-Torte über Gâteau Breton und Schokoladenkuchen bis zu französischen Klassikern wie Tarte Tatin ist für jeden geselligen Anlass und Feiertag etwas dabei. Aurélies Rezepte sind einfach, fröhlich und köstlich.

Südwest Verlag – gebunden – 176 Seiten – 22,00 € – ISBN 978-3-5171-0268-9

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert