Verlorene Illusionen hat berechtigt seine Awards bei der César Verleihung 2022 erhalten, denn bei dem Film stimmt einfach alles. Die Geschichte, die Schauspieler und die dramaturgische Umsetzung von Xavier Giannoli. Auch wenn Honoré de Balzacs Roman, nach dem der Film adaptiert wurde, um 1821 spielt, ist er heutzutage aktueller denn je. Das mag daran liegen, dass zweihundert Jahre später, jeder dem es gerade einfällt, sich in den sozialen Netzwerken zum Kritiker aufschwingt. Leider entartet es oft zum schieren Dampf ablassen und das gezielt unter der Gürtellinie. Es liegt daran, dass es viel einfacher ist zu kritisieren, als zu kreieren.
Man kann jedoch daraus auch ein perfides, skrupelloses Spiel machen, wie der Film ›Verlorenen Illusionen‹ uns lehrt. Jedes Statement, jeder Roman, jede Handlung kann in sich verkehrt werden. Wie heißt es in dem Film so schön, ist ein Roman romantisch, ist er naiv und ist er klar, nimmt er alles vorweg. So wurde im Paris des neunzehnten Jahrhunderts mit spitzer Feder, beißendem Spott und viel Wortgewandtheit über Werke geurteilt, die der sogenannte kritische Journalist noch nicht einmal gelesen hatte. Hauptsache die Kasse, die Bestechung und Gegenbestechung stimmte. Der am meisten Zahlende gewann. Leider sind die Aufschreie, die Wellen der Empörung in den heutigen Medien nicht halbwegs so intelligent oder auch mal amüsant, wie bei Balzac verfilmter Geschichte im Jahr 1821 beschrieben.
So muss, um zu überleben, der junge Lucien de Rubempré vom Romantiker zum Kritiker aufsteigen, mit den Wölfen heulen, reich und verhasst werden, um am Ende sowohl vom Pariser Adel, als auch von den Kritikerwölfen wieder in die Gosse ausgespuckt zu werden. Eine großartige Verfilmung, die gerade wegen der aufwendigen Gestaltung der Kostüme und des historischen Pariser Ambientes dem Zuschauer etwas Luft lässt. Denn man kann sich so der Empfindung erwehren, dass diese Art vernichtender, schamloser Fake-Berichterstattung ausschließlich in die Vergangenheit verbannt wurde. Definitiv ein Film, den man sich ansehen sollte, in vieler Hinsicht!
Die Geschichte des mittelosen, Gedichte schreibenden jungen Romantikers Lucien beginnt, als er der Liebhaber der adeligen Louise de Bargeton wird. Mir ihr geht er nach Paris, um ein berühmter Autor zu werden. Doch der Pariser Adel wendet ihm den Rücken zu und die Liaison ist für Louise nicht mehr tragbar. So landet er wieder völlig verarmt als Kellner in einer Kneipe.
Dort lernt er Étienne kennen, der Journalisten und Kritiker einer Zeitung ist. Schnell erkennt Étienne Luciens Begabungen und weiß, dessen eloquente und manipulative Rhetorik zu schätzen. Er führt Lucien ein in das große Spiel der Pariser Kritiker, in dem es nie um Inhalte, aber dafür um viel Geld geht. Geld das bezahlt wird, um ein neues Buch, ein Theaterstück oder eine Schauspielerin in dem Himmel zu heben oder zu vernichten.
In diesen Kreisen wird gelogen und betrogen, nur um reich zu werden. Doch wenn man zu schnell aufsteigt, hat man Neider. Und da alles in Paris käuflich ist, wird der gestern noch von allen geliebte Kritiker Lucien, heute mit seinen eigenen Mitteln gestürzt. Falsche Wahrheiten, Bestechung und Rache zerreiben ihn zwischen der adeligen Gesellschaft und seinen eigenen ehemaligen Kollegen.
Ich muss zugeben, ich hatte viele der Schauspieler noch nie vorher in einem Film gesehen und war überrascht, über die grandiosen Leistungen. Vor allem Benjamin Voison, der als Nachwuchsdarsteller mit der Rolle des Lucien und Salomé Dewaels als Coralie den Film tragen. Aber auch Vincent Lacoste mimt die Kritikerhyäne mit Bravour genau wie Xavier Dolan als adeliger Romancier.
Die DVD ist seit dem 28. Juli 2023 erhältlich.
Mit über 980.000 Zuschauern konnte sich VERLORENE ILLUSIONEN über zehn Wochen in den Top 10 der französischen Kinocharts halten. Bei den 47. César-Verleihungen 2022 erhielt VERLORENE ILLUSIONEN 15 Nominierungen in 13 Kategorien. Mit insgesamt sieben Awards ist VERLORENE ILLUSIONEN der große Gewinner der Césars 2022. Folgende Preise konnte Giannolis Meisterwerk mit nach Hause nehmen: Bester Film; Bester Nebendarsteller (Vincent Lacoste); Bester Nachwuchsdarsteller (Benjamin Voisin); Bestes adaptiertes Drehbuch; Bestes Szenenbild; Beste Kostüme und Beste Kamera.
Darsteller: Benjamin VOISIN, Cécile DE FRANCE, Vincent LACOSTE, Xavier DOLAN, Salomé DEWAELS, Jeanne BALIBAR, Gérard DEPARDIEU, André MARCON, Louis-Do LENCQUESAING, Jean-François STÉVENIN.
Ausstattung der DVD:
Bildformat: 1:2,39 / 16:9
Tonformat: Deutsch Dolby Digital 5.1, Deutsch Dolby Digital 2.0, Französisch Dolby Digital 5.1, Französisch Dolby Digital 2.0
Untertitel: Deutsch
Prod.-Jahr: Frankreich 2021
FSK: ab 12 Jahren
Länge: ca. 150 Min.
EAN: 4031846012496
Das Cover und die Szenenbilder wurden freundlicherweise honorarfrei vom CINEMIEN Deutschland zur Verfügung gestellt. Die Szenenbilder werden einen Monat nach Erscheinen der Rezension wieder gelöscht.