Feuer auf den Bergen, Romina Casagrande

Hinterer Seelenkogel ist mit einer Höhe von mehr als dreitausend Meter der zweithöchste Gipfel im Gurgler Kamm der Ötztaler Alpen. Auf seiner Spitze verläuft die Grenze von Italien zu Österreich. 1978 ein gefährlicher Berg für die italienischen Schmuggler, denn vom Schmuggeln lebten die meisten Familien, in der Zeit, als immer mehr Bauern ihre Höfe nicht mehr halten konnten und am Hungertuch nagten. Alkohol, Armut und Brutalität sind auf jedem Hof zu finden. Auch auf dem Hof, von dem der Junge mit dem Halbwolf in die Wälder flieht. Der Junge der sich Hasenohr nennt und seiner Vergangenheit davonläuft. Als es Winter wird und er fast verhungert, landet er im Haus von Pa und lernt dort Luce, sein Tochter kennen. Doch für sein Brot muss man arbeiten und das heißt bei Pa, man muss schmuggeln. Vierzig Jahre später verschwindet auf der österreichischen Seite ein kleiner Junge und der stille, am Berg sehr erfahrene Jan wagt sich auf den Seelenkogel, um ihn zu suchen. Schnell stellt er fest, dass der Junge sich nicht verlaufen hat, er läuft vor etwas davon. Auch wenn sich die Welt verändert, manche Schicksale tun das nie.

Ein überaus berührender Roman über das Leben in den Grenzgebieten Südtirols zu Österreich. Die authentischen Charakteren sind so faszinierend, dass man beim Lesen neben ihnen steht. Eine spannende große Geschichte mit viel Tiefgang und umso mehr Geheimnissen. Das Buch ist eine echte Überraschung von einer Insiderin aus Meran.

Autorenfoto: ® Copyright Roberto Collonello

Romina Casagrande, geboren 1977, lebt in Meran in der Provinz Bozen in Südtirol. Ihre Mutter ist deutsch, ihr Vater Italiener. Mit ihrem Roman »Als wir uns die Welt versprachen« gelang ihr auf Anhieb der Durchbruch als Autorin; auch ihr zweiter Roman »Feuer auf den Bergen« wird in viele Sprachen übersetzt. Romina Casagrande hat klassische Literatur und Geschichte studiert, für Museen in Südtirol gearbeitet und unterrichtet als Mittelstufen-Lehrerin. Sie liebt die Natur, besonders die Berge; ihr Zuhause teilt sie mit ihrem Mann, drei Papageien und zwei Hunden.

Den Namen des vierzehnjährigen Jungen, der eher aussieht wie elf, erfährt man erst zum Schluss, solange bleibt er Hasenohr oder Hase. Der Leser erfährt jedoch schnell, dass er den Namen seines geliebten Bruders angenommen hat, um eine Erinnerung aufrechtzuerhalten. Man spürt und weiß, dass im Leben des Kindes etwas Furchtbares passiert sein muss, doch auch das bleibt viele Hundert Seiten um Dunkeln. Erst einmal begleitet man das Kind und den Halbwolf durch die Wälder und zum Haus von Pa, Oma Ebe, seinem Sohn Klaus und der Tochter Luce. Plötzlich ist da wieder eine Familie, wenn nur das Schmuggeln und die Politik nicht wären. Vierzig Jahre später verschwindet ein kleiner Junge in den Bergen und Jan, dessen Sohn auf dem gleichen Ausflug war, versucht das Kind zu finden. Denn keiner kennt die Wälder und den Gipfel des hinteren Seelenkogels wie er. Wer hätte gedacht, dass diese Suche Jan in seine eigene Vergangenheit führt und den Schmerz berührt, den er für immer verdrängen wollte.

Der Roman ist sehr vielschichtig. Eine historische Erzählung, mit dramatischen Familienszenen, einer zarten Liebesgeschichte, wunderschönen Beschreibungen der Natur dieser Gegend und manchmal ein zum Bersten spannender Krimi. Romana Casagrande weiß, wovon sie schreibt.

Feuer auf den Bergen, Romina Casagrande, Fischer Verlag, gebundene Ausgabe, 432 Seiten, ISBN 978-3-8105-0019-9, Euro 22,00, erschienen 26.04.2023, übersetzt von Teresa Englert.