Tausche zwei Hitler gegen eine Marilyn, Adam Andrusier

Adam Andrusier erzählt die Geschichte seines Aufwachsens in seiner Londoner Familie. In den achtziger Jahren wird er, genannt Doobs, als jüngerer Sohn einer jüdischen Familie geboren. Und dann erfährt man von seinen entrückten, manchmal verrückten Vater mit sehr eigenartigen Hobbys, wie zum Beispiel der Liebe zum israelischen Volkstanz. Einer schweigsamen, unglücklichen Mutter ohne Lebenslust, die in ihrer Ehe völlig fehl am Platz ist. Den Großeltern, die vor den Nazis aus den Tschechischen Gebieten flohen und alle  ihre Verwandten im KZ verloren und Oma Lilly, dem Schrecken aller Söhne und Ehemänner. Doobs sitzt zwischen allen Stühlen, begreift das Leben durch die Autogrammkarten, die er sammelt und betrachtet dabei seine irrwitzige Familie. Er beschreibt sie mit einer fast liebevollen Selbstironie, sodass man manchmal vergisst, wie anstrengend und einengend solche ein Familiendrama sein kann.

Ein komödiantisches Drama oder eine dramatische  Komödie? Auf jeden Fall ist das Buch urkomisch, voller Selbstironie und mit einem scharfen Blick auf fanatische Sammler, abgezockte Händler, ungeeignete Väter, kraftlose Mütter und dem ganz normalen Wahnsinn einer Familie. Um es mit Ephraim Kishon zu sagen: „Humor ist einer ernste Sache.“

Autorenfoto: Copyright ® Jack Ladenburg

Adam Andrusier (*1974), Autor und Autographenhändler, studierte Musik am King’s College in Cambridge und Kreatives Schreiben an der University of East Anglia. Seine Leidenschaft für das Sammeln von und Handeln mit Autogrammen ist die Grundlage sein Romandebüts und inspirierte Zadie Smiths Roman Der Autogrammhändler. Er lebt mit Frau und Kind in London.

 

Adams Vater tanzt voller Leidenschaft und zur Verzweiflung seiner Frau und der beiden Kinder am liebsten die Nächte durch. Und zwar beim Festival des israelischen Volkstanzes, wohin die Familie ihn begleiten muss. Dort gibt er auch seine witzlosen Witze zum Besten und tauscht seine Erfahrung als Sammler von Postkarten zerstörter Synagogen in Europa aus. Adrian ist, wie er ist, doch entfacht bei seinem Sohn Adam die Leidenschaft des Sammelns. Es müssen Autogrammkarten sein und in den nächsten fünfundzwanzig Jahren werden Autogramm die Leidenschaft des Autors. Ganz nebenbei berichtet er von der Ehe seiner Eltern, dem Scheitern, der Enge und seinen eigenen Zwängen, bevor es für alle, wie es scheint, endlich zum Befreiungsschlag kommt. Es ist eine absurd normale Familiengeschichte, die mit ihren Irrwegen kontinuierlich auf einen Punkt zuläuft. Der Versuch eine Vater-Sohn-Geschichte zu erzählen, die sich auf Beschreibungen beschränken muss, denn das Innere eines Vaters zu verstehen, ist auch Adam nicht ganz gelungen.

Liebevoll beginnt Adam Andrusier jedes Kapitel mit einem Autogramm und einem Zitat der berühmten Person. Ein Zitat aus dem Buch hat mir sehr gefallen und darum möchte ich es hier wiederholen, denn es passt zu der Erzählung dieser Familiengeschichte:

„Man könnte sage, dass die Vergangenheit ein Land ist, aus dem wir alle ausgewandert sind, und dieser Verlust ist Teil von dem, was allen Menschen gemein ist.“ Salman Rushdie

Tausche zwei Hitler gegen eine Marilyn, Adam Andrusier, Unionsverlag Paperback, Hardcover, Seiten 288, ISBN: 978-3-293-00593-8, Euro 24,00. Aus dem Englischen von Dirk van Gunsteren

 

 

 

 

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