Über zwanzig Jahre ist es her, das Saras dem Haus ihrer Oma im Bergdorf der Apenninen den Rücken kehrte. Sie verließ die Welt des Aberglaubens, um Medizin zu studieren und den schlimmsten Vorfall ihrer Kindheit zu vergessen. Den Tag, als ihre beste Freundin Claudia verschwand. Das kleine Mädchen tauchte nie wieder auf, bis man ausgerechnet bei Bauarbeiten am Fluss ihre Überreste findet. Jetzt weiß Sara, dass sie nicht länger fortlaufen kann, sie muss ihre Mitschuld an Claudias Verschwinden bezahlen, indem sie Rebecca findet. Die Kleine die nur Stunden nach Claudias Beerdigung verschwand.
Monte Argento ist nicht nur ein spannender Kriminalroman, er taucht auch ein in die zum Teil mystische Welt alter Bergdörfer und ihrer Bewohner. Wo das Kräuterhexlein und die Heilerin vor hundert Jahren dort noch ein Segen waren, um die abgeschiedene Bevölkerung irgendwie medizinisch zu versorgen, so sind diese wissenden Frauen mittlerweile fast ausgestorben. Oder etwa nicht?
Autorinnenfoto: Copyright ® Lorenzo Crescentini
Emanuela Valentini lebt in Rom und arbeitet als freie Lektorin. Für ihre Kurzgeschichten hat sie bereits zahlreiche Preise gewonnen. In ihrer Freizeit fotografiert sie gern natürliche und urbane Lebensräume. »Die toten Mädchen vom Monte Argento« ist ihr Debüt im Thriller-Genre und wurde in mehrere Sprachen übersetzt.
In diesem Bergdorf ist alles alt, die Häuser, die Leute, die Einstellung, der Gaube, der Hass und vor allem die Angst. Die Furcht vor dem bösen Blick ist genauso gegenwärtig, wie der Glaube an ein menschliches Wesen mit einem Hirschkopf. Dem allem wollte Sara entfliehen und wurde eine engagierte aber getriebene Chirurgin in einer Großstadt. Als man die Überreste ihrer Kindesfreundin Claudia findet, kehrt sie für die Beerdigung in das Dorf zurück. Erstaunlicherweise sind alle noch oder wieder da. Ihr Freund Marco, der ebenfalls Arzt wurde und eine kleine Klinik am Fuß des Berges führt. Emilia auch Teil ihrer Kinderclique, die als suspendierte Polizistin dort lebt. Carlo, Rodolfo, der alte Apotheker, Claudias Mutter und natürlich Saras Oma, ihre Nonna Dada leben mit der geheimnisvollen Vergangenheit des Dorfes. In der Klinik trifft Sara auf die Elfjährige Rebecca, die Tochter des Bürgermeisters und das Mädchen entpuppt sich als Heilerin, denn sie stoppt bei einer kleinen Wunde an Saras Finger den Blutfluss. Auch wenn Sara den Vorgang halb belächelt und dennoch ernst nimmt, weil man eine Heilerin etwas für den Dienst geben muss, verlässt sie das Dort wieder und kehrt nach Bologna zurück. Doch etwas zieht sie magisch wieder zurück, etwas, dass sie noch tun muss. Sie muss ihre Schuld am Verschwinden von Claudia bezahlen. Und als plötzlich Rebecca ähnlich und abrupt verschwindet, weiß Sara, es ist ihre Gelegenheit Sühne zu tun. Sie muss Rebecca finden.
Eines hat dieser Krimi auf jeden Fall. Er hat das Flair eines italienischen Bergdorfs in sich aufgesogen. Man sieht die Szenerie buchstäblich vor sich. Ein sehr spannendes, vielleicht einen Tick zu langes Buch mit viel Mystik, Wandlungen und definitiv der Liebe zu den Apenninen. Tolles Debüt, ich hoffe, es kommt mehr von Emanuela Valentini.
Die verschwundenen Mädchen von Monte Argento, Emanuela Valentini, Heyne Verlag, Paperback, Klappenbroschur, Seiten 432, ISBN: 978-3-453-42632-0 Euro 15,00. Erschienen am 14.12.2022. Aus dem Italienischen von Janine Malz.