Die New York Times hat es richtig beschrieben: „Tana French schreibt große Romane in denen auch Verbrechen geschehen.“ Ihr Buch „Der Sucher“ ist eine Sozialstudie eines kleinen irischen Dorfes, in dem eigene Gesetze und Machtgefüge herrschen. Das merkt der ehemalige amerikanische Cop Calvin aus Chicago recht schnell. Doch er wird dort gut aufgenommen und man hilft ihm mit der Renovierung seines kleinen Hauses. Er soll einer von ihnen werden und besonders sein alter, cleverer Nachbar Mart sorgt dafür. Wahrscheinlich wäre das auch geglückt, wenn nicht ein Jugendlicher, Trey, bei ihm aufgetaucht wäre. Das Kind ist wild und tendiert ins Asoziale, doch es ist auch verletzt, denn sein größerer Bruder ist spurlos verschwunden. Der Instinkt des ehemaligen Cops wird bei Cal geweckt und er will dem Kind helfen. Anscheinend ist das der größte Fehler, den er machen konnte.
Tana French ist die irische Version von Juli Zeh. Sie ist eine Beobachterin und Menschenkennerin par excellence und führt die Leser mit einer unheimlichen Leichtigkeit in menschliche Abgründe. Das nenn ich gute Literatur!
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»Meisterhaft, wie Tana French Stimmungen einfängt und geniale Plots konstruiert«, sagt die Washington Post über Tana French. Mit ihrer eindrücklichen Sprache zeichnet die irische Autorin markante Gesellschaftsporträts und schaut tief in die Seelen der Menschen. Tana French wurde für ihr Werk vielfach ausgezeichnet; ihre Romane stehen weltweit auf den Bestsellerlisten. Sie wuchs in Irland, Italien und Malawi auf, absolvierte eine Schauspielausbildung am Trinity College und arbeitete für Theater, Film und Fernsehen. Tana French lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern im nördlichen Teil von Dublin.
Was zeichnet einen guten Krimi aus, was eine erstklassige Beschreibung und wie muss ein guter Beobachter Stimmungen einfangen? Da fragt man am besten Tana French, denn sie schafft es, dass der Leser nicht nur die Landschaft vor Augen hat, man riecht die grünen Weiden und selbst den irischen Regen bei ihren Beschreibungen. Sie fängt die düsteren unheimlichen Stimmungen mit einer Mühelosigkeit ein, dass es einen gruselt. Oft steht man in den Schuhen des Protagonisten und fragt sich, was würde ich tun und meistens ist die Antwort: Weit weglaufen!
Der ehemalige Cop Calvin aus Chicago kam ins ländliche Irland, weil er völlig ausgebrannt war. Seines Berufs überdrüssig, eine schlimme Scheidung hinter sich und die Beziehung zu seiner geliebten Tochter ist in Unverständnis verloren gegangen. So erwartet er von seinem neuen Leben nichts, renoviert das baufällige Haus, schaut den Krähen zu und hat gute Chance, vom Dorf aufgenommen zu werden. Doch dann ereignen sich ein paar Dinge, mit denen Cal nicht gerechnet hat. Jemand schlachtet auf bestialische Weise die Schafe der Nachbarn ab und ein einheimischer Jugendlicher, Trey, steht vor seinem Haus. Warum Cal mit dem Kind eine Freundschaft schließt, weiß er anfänglich selbst nicht. Als ihn Trey bittet seinen Bruder Brendan zu suchen, der vor Monaten wie vom Erdboden verschwand, wird der ehemalige rastlose Cop in Calvin wach. Dass seine Suche die brutalsten menschlichen Abgründe in dem Dorf an die Oberfläche bringt, hätte Cal nie gedacht. Doch in dem Moment ist es schon zu spät.
Was Juli Zehs Bestseller „Unterleuten“ für Deutschland war, ist Tana Frenchs „Der Sucher“ für Irland. Ein großartiges kluges Buch, bei dem auch ein Verbrechen passiert.
Der Sucher, Tana French, Fischer Scherz, gebundenes Buch, Seiten 492, ISBN: 978-3-651-02567-7, Euro 22,00, erschienen 29.9.2021.