Ein wichtiger Film! Noch immer, auch wenn es gerade in der Fleischindustrie ein AUS für Werksverträge gab. Dennoch ist nach Angaben der Gewerkschaft noch viel zu tun. Besonders, was die Wohnungssituation der Angestellten, meist osteuropäischen Mitarbeiter, angeht. Immer noch leben bis zu sechs Arbeiter in einer Dreizimmerwohnung und zahlen jeder bis zu 200 Euro dafür (gemäß Labour Net vom April 2021). Und es ist fraglich, ob man den Fokus auf die Fleischindustrie gerichtete hätte, wäre Corona nicht so erheblich in 2020 bei Tönnies aufgetreten.
Dieser Film ist nicht an Effekthascherei interessiert. Er berichtet langsam und ruhig, ohne gruselige Bilder von der Schlachtbank zeigen zu müssen. Er erzählt Schicksale von Menschen, die bei Tönnies arbeiten und gearbeitet haben. Von den Abhängigkeiten der Ärmsten aus Rumänien und Bulgarien. Alles, was man sieht und hört, erinnert an Sklavenarbeit, die für den Fluch von Niedrigpreisen in Discountern, vom Konsumenten einfach ignoriert wird. Nur damit das Billigsteak auf dem Grill vor sich her brutzeln kann? Wirklich? Wollt ihr das, liebe Konsumenten? Na, dann guten Appetit!
Drei Jahre lang hat sich die Münchner Filmemacherin Yulia Lokshina mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen osteuropäischer Werkvertragsarbeiterinnen und -arbeiter rund um die Schlachtfabriken der Firma Tönnies in Westfalen beschäftigt.
Es kommen Inge Bultschnieder, „die Frau die gegen Tönnies kämpft (EMMA Nr 5 2020)“, zu Wort. Arbeiter reden über ihre Wohnsituation, über die Geschwindigkeit, die am Band verlangt wird. Aber es ist nicht nur Tönnies, einer der Arbeiter spricht auch über Wiesenhof, die bekannt sind durch ihre Hähnchen.
Es werden Schicksale ins Visier genommen und parallel dazu die Theaterproduktion einer Münchner Schulklasse verfolgt. Die jungen Menschen proben das Brecht Stück, „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“. Und Brecht hat die Arbeitsbedingungen auf Schlachthöfe im Jahre 1929 in seinem Stück beschrieben, die heute noch erschreckend aktuell ist.
„Hier die Gedankenlosigkeit, dort das Leid. Ein Leid, über das eigentlich jeder Bescheid weiß: Jeder kennt diese Bilder, das Internet ist voll davon“, sagt die Dokumentarfilmerin. „Deshalb musste ich die Geschichte anders erzählen, damit sie beim Zuschauer ankommt.“
Der Debütfilm REGELN AM BAND, BEI HOHER GESCHWINDIGKEIT von Regisseurin Yulia Lokshina wurde mit dem Preis der Deutschen Filmkritik 2020 in der Kategorie Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.
DVD und Blu-Ray sind seit Ende März im Handel.
Die sechs Szenenfotos wurden feundlicherweise honorarfrei von JIP film & verleih Peters & Feit GbR zur Verfügung gestellt und werden einen Monat nach Erscheinen der Rezension wieder gelöscht.
DVD- Informationen:
Extras: Deleted Scenes
Sprachen: Deutsch, Polnisch, Rumänisch, Russisch
Untertitel: Deutsch
Tonformat: 2.0+5.1
Bildformat: 16:9, (4:3)
Regionalcode: 2
Bestellnummer: 205368
EAN: 4015698416084