Oxen Nr. 4: Lupus, Jens Henrik Jensen und ein Interview mit dem Autor

Nach der dreiteiligen Oxen-Serie, um den traumatisierten Jägersoldaten Niels Oxen, der die kriminelle Vereinigung des Danehofs zerschlägt, nun ein brandneuer OXEN mit dem Titel Lupus.

Alle Fans von Niels Oxen haben bestimmt schon sehnsüchtig auf diesen vierten Band gewartet. Man kommt auch auf seine Kosten bei der neusten Verschwörung, die von dem ehemaligen Elitesoldaten, der Geheimdienstmitarbeiterin Margarethe Franck und dem pensionierten Chef des PET, Axel Mossmann aufgedeckt wird. Jedoch hätte das Buch gut und gerne einige Seiten weniger haben können. Leider ist es für Oxen-Fans am Anfang sehr langatmig. Für neue Leser aber bestimmt notwendig, um die Hintergründe zu erklären.

Eine sehr spannende, gut durchdachte Geschichte voller Action und Thrill. Die noch besser hätte sein können, wenn auf das eine oder andere Wort verzichtet worden wäre.

Dennoch kann ich den vierten Oxen-Band jedem Leser ohne Vorbehalt empfehlen. Falls Sie jedoch OXEN nicht kennen, dann fangen Sie unbedingt mit Band 1, OXEN Das erste Opfer, an.

Fotocopyright: Heike Bogenberger Autorenfotos

Jens Henrik Jensen wurde 1963 in Søvind, Dänemark, geboren. Er hat 25 Jahre als Journalist gearbeitet und war in verschiedenen Funktionen, u. a. als Redakteur und Ressortleiter, für die Tageszeitung ›JydskeVestkysten‹ tätig. Seit 2015 widmet er sich ganz dem Schreiben von Büchern. Sein Debütroman, ›Wienerringen‹, erschien 1997, in den folgenden Jahren veröffentlichte er die Kazanzki-Trilogie sowie die Nina-Portland-Reihe. Im Rahmen der Recherche für seine Bücher reiste Jensen nach Murmansk, Krakau und durch den Balkan. Weitere Reisen führten ihn nach Australien und Neuseeland sowie nach Nord- und Südamerika. Die drei Bände der OXEN-Reihe, die in Dänemark von 2012 bis 2016 erschienen, stehen an der Spitze der Bestsellerlisten, wurden bereits in zehn Länder verkauft, und SF Studios sicherte sich die Filmrechte. 2017 gewann Jens Henrik Jensen den Danish Crime Award. Er lebt mit seiner Frau und zwei Söhnen in seiner Heimatstadt.

Hier der Autor mit den Redakteuren des Eschborner Stadtmagazins auf der Buchmesse.

 

 

 

Niels Oxen der ehemalige hochdekorierte Jägersoldat bemüht sich sehr, seine PTBS mit Therapie in Griff zu bekommen. Mittlerweile sieht er seinen fünfzehnjährigen Sohn Magnus regelmäßig, auch wenn ihr Zusammensein eher holprig und nicht gerade von liebevoller Näher begleitet ist. Obwohl Niels sich sehr bemüht, hat er das Gefühl auf der Stelle zu treten, und seine Flashbacks und Albträume nicht in den Griff zu bekommen.

Als Axel Mossmann, der ehemalige Geheimdienstchef wieder bei ihm auf der Matte steht und ihn bittet, nach einem Mann zu suchen, ist Oxen für die Abwechslung dankbar. Dass er mit diesem Schritt in eine langjährige Verschwörung gezogen wird, ahnt der Jägersoldat in dem Moment noch nicht. Im Gegenteil, er ist davon fasziniert, in der Natur zu sein, in einem Teil Dänemarks in dem sich Wölfe wieder angesiedelt haben. Doch es gibt nicht nur reale Wölfe in diesen Wäldern, die menschlichen Raubtiere der Lupus-Verschwörung sind nicht weit entfernt und planen ihre nächsten Schritte.

Jens Henrik Jensens Geschichte spielt in verschiedenen Zeitzonen. Es wird die brutale Geschichte der Entführung eine jungen Mädchens im Jahre 1963 erzählt, die sehr zu Herzen geht. Dann wird Margrethe Francks Unglück vor zwölf Jahren näher beschrieben. Wie sie damals ihr Bein verlor, und was dieses Ereignis mit Lupus zu tun hatte. Die dritte Ebene ist das hier und jetzt, das Oxen in die Wälder Dänemarks und den Hof Harrildholm in Jütland begleitet.

Persönlich hätte ich mir etwas weniger Oxen und ein bisschen mehr von Margrethe Franck und Agnethe, dem entführten Mädchen gewünscht. Oxens Leid und seine PTBS kannte ich schon zu gut aus den drei Vorgängerbänden.

Nichtsdestotrotz gute Unterhaltung und wir warten auf OXEN Teil fünf.

OXEN Lupus, Jens Henrik Jensen, Goldmann, dtv, 605 Seiten, ISBN 978-3-423-26243-9, Euro 16,90.

 

Interview mit Jens Henrik Jensen, Autor der Oxen-Reihen, über sein neues Buch: LUPUS

Eschborner Stadtmagazin: Lieber Jens Hendrik Jensen, es ist ein Vergnügen, Sie wieder interviewen zu dürfen. Wir haben bereits zweimal auf der Frankfurter Buchmesse über die Oxen Trilogie gesprochen, bei dem es um die Machenschaften des Danehof ging. Ich erinnere mich, Sie zeigten mir damals eine Grafik, die die Verbindungen vieler dänischer Firmen und Familien aufzeigte. Obwohl der Danehof nur eine Fiktion war, so hatte die Trilogie doch einen Funken Wahrheit in sich.

  1. ES: Wie ist das bei dem Buch LUPUS. Glauben Sie, dass Kriminalbeamte in der Realität auch das Gesetz in die eigenen Hände nehmen? Natürlich rede ich nicht von einer Art Lynchjustiz, wie bei Idris Nasser in ihrem Buch. Ich rede eher davon, Beweise zu manipulieren.

Jens Hendrik Jensen: Ja, das glaube ich. In jedem Aspekt der Gesellschaft spielt der menschliche Faktor eine Rolle. Und wo Menschen handeln, wird immer ein Risiko existieren. Denn man kann auf vielen Wegen manipulieren: Dinge können gedreht und gewendet werden, um Fakten einer Ermittlung in die eine oder anderer Richtung zu verändern. Aber es kann auch so manipuliert werden, dass Dinge einfach nicht getan werden, die man hätte tun müssen. So werden Ermittlungen und Beweise am Ende immer beeinflusst durch die Art, wie daran gearbeitet wird. Kurz gesagt: Beeinflusst durch den Faktor Mensch!

Ich könnte Folgendes fragen: Wenn du weißt, dass eine Person zu einhundert Prozent schuldig daran ist, jemand anderen schwer verletzt zu haben, aber es gibt nicht genug Beweise, um es vor Gericht zu bringen. Würdest du als Polizeibeamter nicht auch den großen Wunsch hegen, für Gerechtigkeit zu sorgen? Das ist nur natürlich, genauso natürlich, wie Fehler in unseren Beurteilungen.

  1. ES: Besonders in dem Buch LUPUS fiel mir auf, dass ziemlich alle Personen die mitbekommen, das Oxen einmal ein Mitglied des Jægerkorpset, also ein absoluter Elitesoldat war, ihn mit Hochachtung entgegentreten. Sie idealisieren Oxen und bewundern ihn. Ist das in Dänemark wirklich so?

JHJ: Für Dänemark trifft das absolut zu. Die Mitglieder des Jægerkorpset werden von der Gesellschaft mit wenigen Ausnahmen sehr respektiert. Das hat wohl etwas mit der Geschichte, der Eliteeinheit zu tun. Seit ihrer Gründung 1961 wurden beim Jægerkorpset nur dreihundert Soldaten ausgebildet. Jeder von ihnen hat eine Nummer. Es ist ein enorm extremes Training. Man wird sowohl in physischer als auch psychischer Hinsicht ausgewählt. Die meisten, die dieser Einheit beitreten möchten werden abgelehnt. Es gibt bei der Einheit einen Spruch, der heißt: Es ist einfacher, ein Kamel durch ein Nadelöhr zu bekommen. Das gilt mehr oder weniger auch für die Leute, die ein Mitglied dieser Einheit werden. Alle Personen die zum Jægerkorpset gehören oder gehörten, wird, egal was auch passiert, ein sehr spezieller Respekt entgegengebracht.

  1. ES: In LUPUS stellten Sie Tobias vor. Ein obdachloser, recht junger Mann, der mitten in den Wäldern lebt. Oxen freundet sich mit Tobias an und dieser hilft ihm. Aber abgesehen davon konnte ich nicht recht erkennen, welche Rolle Tobias spielt. War die Einführung von Tobias vielleicht wichtig, weil er in einem der nächsten Bücher eine Rolle spielen wird?

JHJ: Meiner Meinung nach ist Tobias eine sehr wichtige Person in LUPUS. Erstens spielt er eine große Rolle in der Entwicklung des Plots. Er weiß von dem Wolfskadaver, hat den Mann mit dem Actionbike gesehen und weiß, wo er wohnt. Er ist irgendwie Oxens Augen bei Nacht. Zweitens ist er auf jeden Fall eine Reflexion oder ein Spiegelbild von Oxen. Das Spiegelbild eines Niels Oxen, wie er werden könnte: isoliert, einsam und nicht gesund. (Erinnern Sie sich an den Traum den Oxen im Buch hat? Als er der Bewohner des Bauwagens im Wald ist und seinem Sohn die Tür öffnet). Mit anderen Worten, bewegt Tobias Niels Oxen über sein eigenes Leben nachzudenken. Drittens spielt Tobias für mich eine sehr wichtige Rolle, weil ich damit persönlich meine Stimme erheben wollte. Es geht darum, dass die dänische Gesellschaft sich besser um ihre schwächsten Mitbürger kümmern muss. In den letzten Jahren wurde immer weniger Geld ausgegeben, um Menschen mit physischen und psychischen Krankheiten zu helfen.

  1. ES: Auf der einen Seite haben wir in ihrem Buch die Organisation, die sich Lupus nennt, deren Mitglieder das Gesetz eigenmächtig in die Hand nehmen. Auf der anderen Seite die Bauern, die der Meinung sind ein Recht zu haben, Wölfe zu töten. Bloß weil der Wolf an sich ein Raubtier ist. War die Wolfsgeschichte in ihrem Buch eine Metapher für die Lupus-Organisation?

JHJ: Ja, eine Metapher dafür, dass jemand einfach das Gesetz in die eigene Hand nimmt. Ich wusste dabei von Anfang an, dass der Wolf getötet würde. Während der Arbeit zu meinem Buch wurde wirklich ein Wolf in Dänemark getötet. Die erste und einzige bewiesene Tötung eines Wolfes in Dänemark. So hat mich die Realität wie ein Blitz getroffen und beim Schreiben inspiriert.

  1. ES:Und die letzte Frage liegt auf der Hand. Was passiert als nächstes mit Niels Oxen? Worum geht es im nächsten Buch? Ich hatte gehört, dass Sie im Dschungel auf Reisen waren. War das nur ein Urlaub oder Recherche? Haben Sie vor, Oxen in die heiße Hölle des Dschungels zu schicken?

JHJ: Der Trip in den Dschungel war nur ein Familienurlaub! (smiley)

Ich habe bereits mit dem fünften Oxen begonnen. Es wird eine Geschichte werden, mit den bekannten Charakteren und wieder ein abgeschlossenes Buch, genau wie Lupus.

Jedoch wird es eine sehr, sehr dunkle Geschichte aus der Unterwelt, wie wir sie uns kaum vorstellen können. (drei lachende Smileys)

ES:Vielen Dank für Ihre Zeit und die Antworten. Ich hoffe, wir sehen uns auf der Frankfurter Buchmesse wieder. Für Sie alles Gute und viel Erfolg!

 

Das Interview führte unserer Redakteurin Elke Rossmann.