Dieses Buch entstand aus der Reihe SPIEGEL GESCHICHTE, dem Heft (01/2018) „Die Nachkriegszeit, Als Deutschland sich neu erfand“. Daher ist jedes der Schicksale mit Zeitzeugenberichten versetzt, was die Betrachtung der noch jüngsten Vergangenheit umso einprägender und schonungsloser zeigt. Ob es um das Thema der Nachkriegsvergewaltigungen, des Verhungerns oder der verzweifelten Heimkehrer, die ihre Familie nicht finden können, geht oder um die Schicksale deutscher Flüchtlinge, die plötzlich Fremde im eigenen Land sind, die Briefe, Aussagen und Tagebucheintragungen erfassen die Fakten so gnadenlos, wie sie waren.
Würde jeder Mensch sich dieses Buch durchlesen und sich in die leidgeprüften Erlebnisberichte der Überlebenden hineinversetzten können, müssten wir nie wieder Angst vor Krieg haben.
Katja Iken, geboren 1972, ist Absolventin der Axel-Springer-Journalistenschule. Seit 2007 ist sie Redakteurin bei SPIEGEL ONLINE. Sie studierte Geschichte und Romanistik und promovierte anschließend in Rom über Feminismus im Ersten Weltkrieg.
Uwe Klußmann, geboren 1961, ist seit 1990 Redakteur des SPIEGEL. Zu den Schwerpunkten des Historikers gehören die deutsche, russische und sowjetische Geschichte. Zuletzt hat er die Werke »Die Weimarer Republik« (2015) und »Das Kaiserreich«(2014)herausgegeben.
Eva-Maria Schnurr, geboren 1974, ist seit 2013 Redakteurin beim SPIEGEL und verantwortet seit 2017 die Heftreihen SPIEGEL GESCHICHTE und SPIEGEL WISSEN. Zuvor arbeitete die promovierte Historikerin als freie Journalistin, u. a. für »DIE ZEIT« und »stern«.
Eigentlich ist es sehr schwierig ein solches Buch zu besprechen, denn jedes Kapitel ist für sich genommen ein ganzes Buch. Jedoch blieben mir die immer wieder abgedruckten Aufzeichnungen der Jahre 1945-1949 eines Arztes im Gedächtnis. Wie er einer Mutter, die ihr lebloses Kleinkind im Arm hält und meint, dass der Kleine gerade noch geatmet hat, sagen muss, dass ihr Sohn in dem Moment verhungert ist. Oder wie er einen Luftschutzkeller, in dem noch Menschen am Leben sind, sperren muss, da sich Typhus dort ausbreitete und er keinerlei Medikamente hat. Der Luftschutzwart, den er mit der Aufgabe betraut, fragt ihn, ob es keine andere Möglichkeit gibt, da seine Frau bei den Kranken da unten liegt, noch lebt und nach ihm ruft.
Wie viel Leid ein Krieg mit sich bringt und wie viel Zerstörung, Wut und Vergeltung die Überlebenden ertragen müssen, können eigentlich nur Zeitzeugen glaubhaft berichten. Ist das der Grund, warum wir in Deutschland wieder einen solchen Rechtsdrift haben, dass den Politikern, die, die gleichen Parolen verkaufen, wie damals die Neonazis, wieder zugehört wird. Weil unsere Großmütter und Großväter nicht mehr von dem Leid dieser Zeit berichten können? Es fragt sich, warum wir alle so ignorant sind, wenn es um Geschichte geht. Hören wir doch auf die Stimmen aus den Gräbern, die durch ihre Texte die Wahrheit und das Leid erzählen. Dieses Buch gehört zu diesen Stimmen. Es sollte vor allem von jungen Leuten gelesen werden, die sich so gar nicht mehr vorstellen können, wie erbärmlich Menschen leiden können.
Als Deutschland sich neu erfand, Die Nachkriegszeit 1945-1949, Ein SPIEGEL-Buch, Penguin Verlag, Taschenbuch, Seiten 320, ISBN 978-3-3281-0441-4, Euro 12,00.