Ein richtig falsches Leben, Jakob Bodan

Ein bisschen durchgeknallt ist die Geschichte schon, doch gerade deshalb kann man das Buch einfach nicht zur Seite legen.

Die dritte Generation, die für das Attentat auf Alfred Herrhausen und andere verantwortlich war, wollte damals das Ende der DDR rächen. Die Mörder gingen in den Untergrund und sind es zwanzig Jahre später immer noch. Sie leben ein Leben der Anonymität, des Schweigens und der Frustration. Frederic, der in Südfrankreich mit MC eine Scheinehe und eine kleine Marmeladenmanufaktur führt, ist am Ende. Er will endlich raus, denn er hasst MC, seine ehemalige Kampfgenossin, genauso, wie sie ihn verachtet. Doch so einfach kann man als ehemaliges RAF-Mitglied nicht in die Gesellschaft zurück. Ergibt man sich, wird man zu Verräter, taucht man auf eigene Faust unter, so hat man plötzlich nicht nur die Exekutive auf den Fersen, auch die eigene Leute. Es ist aussichtlos, doch als Frederic Constanze kennenlernt, scheint es lohnenswert, noch einmal ein richtiges Leben zu beginnen. Ein Traum könnte wahr werden, wäre da nicht ein Problem. Constanzes Vater wurde damals von der RAF hingerichtet, sie selbst ist ein Opfer von Frederics früherer Gesinnung.

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Jakob Bodan ist ein Schriftsteller und Filmemacher. Einige Male hat ihn der Atem der Geschichte aus der Nähe gestreift, nicht zuletzt der Terrorismus der RAF. So folgt er der Maxime: Wovon man nicht schweigen darf, davon muss man schreiben. Aufgewachsen in den Voralpen, lebt er zur Zeit in Monterey und Moabit.

Frederic war einmal ein Mitglied eines RAF-Kommandos und nun seit zwanzig Jahren untergetaucht. Zusammen mit seiner Genossin MC mimen sie in Südfrankreich ein Ehepaar, das von dem Verkauf selbstgemachter Marmelade lebt. Mehr durch einen Zufall gerät Constanze mit ihrem kleinen Sohn David in das Geschäft. Die dicke Frau Marie-Claire benimmt sich unmöglich zu Constanze und schmeißt sie mehr oder weniger raus. So ist es ein reiner Zufall, dass Frederic der vermeintliche Ehemann der Matrone mit dem Rennrad vor Constanzes Auto gerät.

Etwas entwickelt sich dann zwischen Constanze und Frederic, doch beide wissen noch nicht voneinander. Und je mehr sie erfahren, umso schwieriger wird die Situation. Denn Frederic war an Attentaten der RAF beteiligt und Constanzes Vater, der ein Lobbyist unter Kohl war, eines der damaligen Terroropfern. Als beide sich die vermeintliche Wahrheit beichten und Frederic schwört, nichts mit der Erschießung von Stephan Schelling zu tun hatte, verspricht er ihr, die Wahrheit herauszubekommen.

Auch Constanze gräbt erneut in den damaligen Ereignissen, den Lügen und Vertuschungen. Dabei geraten beide in ein gefährliches Spiel, in dem die ehemalige DDR-Staatssicherheit, der Verfassungsschutz, untergetauchte Terroristen und Politiker die unangenehmen Fragen mit allen Mitteln stoppen wollen.

Wie schon gesagt, die Geschichte ist absurd gut, grotesk real und wenn auch kaum zu glauben, nachvollziehbar. Sehr gute Unterhaltung mit einem scharfen politischen Gehalt.

Ein richtig falsches Leben, Jakob Bodan, Droemer, broschiert, Seiten 383, ISBN 978-3-426-20711-3, Euro 14,99.