Herausgeber: Margaret Atwood & Douglas Preston: Vierzehn Tage

Man nehme eine Idee, zwei namhafte Initiatoren und sechsunddreißig Autoren, die die Idee umsetzen. Douglas Preston zeichnet verantwortlich für die lebendige, etwas vorhersehbare Rahmenhandlung und erzählt sie in der Person der Hausmeisterin Yessenia Grigorescu, einer Frau, der das Leben viele Zitronen geschenkt hat, die dennoch aufrecht steht, widerstandsfähig und stark ist. Jeden Abend kommen die Bewohner um 19.00 Uhr auf dem Dach des Wohngebäudes zusammen. Die einzige Möglichkeit während des Lockdowns in der Lower East Side von New York frische Luft zu schnappen und dem medizinischen Personal zu applaudieren.  Anschließend werden Geschichten erzählt. Und damit kommen wir zu der Besonderheit oder dem Neuen dieses Projektes: jede Geschichte ist von einem anderen Autor geschrieben. Es ist natürlich spannend herauszufinden, aus welcher Feder welche Geschichte stammt. Nicht alle Namen der Autoren sind mir geläufig, was mich auch angesichts der Einwohnerzahl der USA nicht wirklich verwundert. Was mich aber überrascht, ist, dass es nicht immer die großen Namen sind, die mich mit ihren Geschichten berühren. Erfreulicherweise hält Prestons Rahmengeschichte alles am Laufen. Es ist der 31. März, Tag 1 – 13 weitere werden folgen – des Lockdowns in New York und dieser Tag startet übermütig mit Geschichten von Merengueros Tochter und der „Therapeutin“, eigentlich Maria Hinojosa und Celeste Ng, verankert in der Dominikanischen respektive in der Chinesischen Kultur, thematisieren die Autorinnen Diversität und machen diese Geschichten zu einem Highlight des Buches. So unterschiedlich die Autoren sind, so verschieden sind die Geschichten und Genres: Geistergeschichten, eine Kriegsgeschichte, Geschichten über Verrat und Rache und ein Bericht des Wissenschaftlers James Shapiro über Shakespeares Seuchenerfahrung.

Es gibt so gut wie keine Hintergrundinformationen über das Entstehen des Buches oder darüber, nach welchen Gesichtspunkten die Autoren ausgewählt wurden. Fakt ist allerdings, dass es Autoren aus den Genres Fiction und Nonfiction sind und dass die Authors Guild of America etwas Neues, ganz anderes als das, was man schon gelesen hat, kreieren wollte. Am Ende ist alles was zählt das Ergebnis.  Und das ist besonders, es ist durchdacht, intelligent, spitzfindig und sehr gut beobachtet. Und der Literaturhinweis auf Shakespeares und Boccaccios Dekameron ist – gewollt!

Foto: Luis Mora

Margaret Atwood, geboren 1939 in Ottawa, lebt in Toronto und gilt heute als die bedeutendste Autorin Kanadas. Ihr international mit zahlreichen Preisen ausgezeichnetes Werk umfasst Romane, Kurzgeschichten, Gedichte und Essays. Ihre Bücher wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt.

 

 

Foto: Deborah Feingold

Der 1956 in Cambridge, Massachusetts, geborene Autor Douglas Preston studierte in Kalifornien u. a. Biologie, Chemie, Physik, Geologie und Englische Literatur. Nach dem Examen arbeitete er am „American Museum of Natural History“ in New York – mit seinem riesigen Dinosaurierskelett in der Eingangshalle die ideale Kulisse für einen Thriller, wie Preston fand. So entstand der Roman „Relic – Museum der Angst“, den er zusammen mit seinem Koautor Lincoln Child schrieb und der 1996 in Hollywood verfilmt wurde. Gemeinsam mit seinem Landsmann schrieb der Amerikaner weitere Bestseller wie „Riptide – Mörderische Flut“, „Thunderhead – Schlucht des Verderbens“ oder „Fever – Schatten der Vergangenheit“. Douglas Preston lebt mit seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern im US-Bundesstaat Maine.

Alle Autoren dieses Buchs: Charlie Jane Anders, Margaret Atwood, Jennine Capo Crucet, Pat Cummings, Joseph Cassara, Angie Cruz, Sylvia Day, Emma Donoghue, Dave Eggers, Diana Gabaldon, Tess Gerritsen, John Grisham, Maria Hinojosa, Mira Jacob, Erica Jong, CJ Lyons, Celeste Ng, Tommy Orange, Mary Pope Osborne, Douglas Preston, Alice Randall, Caroline Randall, Ishmael Reed, Roxana Robinson, Nelly Rosario, James Shapiro, Hampton Sides, R.L. Stine, Nafissa Thompson-Spires, Monique Truong, Scott Turow, Luis Alberto Urrea, Rachel Vail, Weike Wang, DeShawn Charles Winslow, Meg Wolitzer

New York im April 2020. Während des ersten Lockdowns treffen sich die Bewohner eines Mietshauses abends auf dem Dach und erzählen einander Geschichten. Jeder Mieter und jede Mieterin steuert eine Geschichte bei (wahr oder zumindest gut erfunden) und ein neues Decamerone für unsere Zeit nimmt seinen Anfang. Die Erzählungen sind so unterschiedlich wie die Menschen, die sich hier versammeln, und über die Geschichten in dieser Ausnahmesituation entwickelt sich ein ganz neuer Zusammenhalt. Allmählich findet die Runde zu einer unerwarteten Gemeinschaft und Anteilnahme füreinander.

Ein einzigartiges Romanprojekt, das 36 der hochkarätigsten Autorinnen und Autoren der US-Gegenwartsliteratur versammelt – von Margarete Atwood bis Sylvia Day, von Celeste Ng bis John Grisham.

dtv – gebunden – 480 Seiten – 25,00 € – ISBN 978-3-4232-9002-9

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