Fast auf den Tag genau vor 2 Jahren erschien das erste Buch von Hika Harada auf Deutsch: 3000 Yen fürs Glück, eine Familiengeschichte und eine Geschichte über das Sparen, mittlerweile ein Nr. 1 Bestseller in Japan, erfolgreich verfilmt und von mir an dieser Stelle besprochen. Und nun „Das kleine Antiquariat von Tante Sango-San“. Wieder eine Familiengeschichte, wieder geht es unter anderem auch ums Sparen, vielmehr um FIRE – Financial Independence, Retire Early, also finanzielle Unabhängigkeit und frühzeitige Rente, im besten Fall mit 30. Nach wenigen Seiten erkläre ich meinem Mann, dass ich ihm unbedingt etwas vorlesen müsse, weil die Sprache so schön ist. Bald teilt er meine Begeisterung und es geht uns wie der Protagonistin Mikiki, die sagt „…und als ich neulich auf dieses Paradebeispiel stieß, wollte ich erst mal nur überfliegen, Sanuki no Suke (japanischer Autor aus der Heian Zeit, 794 -1192) jedoch schilderte alles mit solch eindringlichen Worten, dass ich am Ende ganz darin versank“. An dieser Stelle möchte ich Janett Blesch, die Übersetzerin, erwähnen. Mit ihrer Arbeit wird sie sicherlich zum Erfolg des vorliegenden Romans beitragen.
Das besondere an Hika Haradas Familiengeschichten? In erster Linie ist das wohl der rückhaltlose Zusammenhalt, die gegenseitige Unterstützung – sowohl in emotionaler als auch finanzieller Hinsicht und ein respektvoller Umgang miteinander. Harada zerrt keine dunklen Familiengeheimnisse ans Licht, die Familienmitglieder sind nicht verfeindet, sondern leben harmonisch zusammen, die Eltern werden von der Familie versorgt und nicht in eine Einrichtung abgeschoben. Sango, mittlerweile 70 Jahre, erbt von ihrem älteren Bruder Jiro ein kleines Antiquariat in Jimbocho, dem Bücherviertel von Tokio. Um das Erbe anzutreten verlässt sie ihre Heimatinsel Hokkaido und das Abenteuer Tokio nimmt seinen Lauf. Unterstützung erfährt Sango von ihrer Großnichte Mikiki, einer Literaturstudentin und den Nachbarn. Aber es ist auch eine Geschichte über Bücher, japanische Literatur und japanische Gerichte – Genuss auf allen Ebenen. Harada lässt beide Protagonistinnen im Wechsel die Geschichte erzählen und es wäre keine Harada-Geschichte, würde sie nicht zu aller Wohlgefallen enden.

Foto: Takeshi Kito
Hika Harada wurde 1970 in der japanischen Präfektur Kanagawa geboren. Sie hat bereits mehrere sehr erfolgreiche Bücher veröffentlicht und wurde mit dem Subaru-Literaturpreis ausgezeichnet.
Nach „3000 Yen fürs Glück“ ist „Das kleine Antiquariat von Tante Sango-San ihr zweiter Roman auf Deutsch und war in ihrem Heimatland ein Bestseller.
Aus dem Japanischen von Janett Blesch.
Ein Jahr ist das kleine Antiquariat in Tokios Bücherviertel Jimbocho geschlossen gewesen, als Sango-san den Rolladen nach oben schiebt. Voll Elan macht sie sich ans Kehren, Abstauben, stellt Bücherkisten nach draußen … nur, was dann? Zeitlebens hat die 70-Jährige sich um die Bedürfnisse anderer gekümmert, aber ein Geschäft hat sie noch nie geführt. Und so drückt sie ihren Kunden überraschende Buchempfehlungen in die Hand und lädt sie zu Tee, Sushi, Sobanudeln oder Curry ein. Lange wird das nicht gut gehen. Zum Glück kann die 70-Jährige auf die Hilfe ihrer Großnichte zählen. Für Mikiki bedeutet der Laden mit den seltenen, längst vergriffenen Büchern mehr, als sie sich bisher eingestanden hat …
dtv Verlag – gebunden – 256 Seiten – 22,00 € – ISBN 978-3-4232-8475-2