Geschwister sind einfach nervig, vor allem jüngere, auf die man immer aufpassen muss. Aber Karl hat das Problem mal zehn, ach was, mal hundert. Sein Zwillingsbruder Moritz ist behindert. Bei der Geburt bekam er einfach zu wenig Sauerstoff und jetzt ist es in seinem Kopf anders, als in anderen Köpfen, die Karl sonst kennt. Moritz muss nicht in einem Rollstuhl sitzen, aber dafür ist er laut, stur und einfach unberechenbar. Da die Familie erst in ein Haus aufs Land gezogen ist, muss die Mama der beiden Vollzeit im Krankenhaus arbeiten und Papa hat Projekte im Ausland. Nur so kann alles für Mo bezahlt werden. Darum hat Karl Mo jeden Tag nach der Schule an der Backe. Ausgerechnet jetzt, da er eines der Mädchen in seiner Schule sehr mag und ausgerechnet er hat einen so peinlichen Bruder. Am liebsten würde er Mo auf den Mond wünschen, bis zu dem Moment, als Mo wirklich verschwindet.
Ein großartiges Kinderbuch, bei dem der Autor ungemein gut recherchiert hat, um die Situation eines geistig behinderten Jugendlichen und seiner Angehörigen realistisch wiederzugeben. Das Buch ist eine sehr schöne Geschichte, zum Lachen und Weinen und vor allem wird sie bei Kindern einen sehr positiven Eindruck von geistig behinderten Altersgenossen hinterlassen. Ein Buch, das Empathie schafft.
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Oliver Scherz, geboren 1974 in Essen, zählt zu den erfolgreichsten deutschen Kinderbuchautoren. Nach dem Schauspielstudium in Leipzig und Engagements an Theatern und beim Fernsehen, machte er sich 2012 als Kinderbuchautor selbstständig. Seine Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet und sind in über zwanzig Ländern erschienen. 2015 wurde er vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum „Lesekünstler des Jahres“ gewählt. Oliver Scherz lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Freiburg.
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Philip Waechter, geboren 1968 in Frankfurt am Main, studierte Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Illustration an der Fachhochschule Mainz, unter anderem bei Professor Albrecht Rissler. Sein erstes Buch veröffentlichte er 1995 im Ellermann Verlag. Philip Waechter lebt heute als freier Grafiker und Illustrator in Frankfurt am Main. 1999 gründete er mit anderen Illustratorinnen und Illustratoren die Ateliergemeinschaft LABOR.
Mo meint es nicht so, wenn er die Kühe des Bauernhofs in helle Aufregung versetzt, sein Gesicht in die Rühreier mit Ketchup tunkt, den Therapie-Hamster badet, was gründlich schief geht oder brüllend laut und jeder Zeit Karnevalsmusik hört. Und Karl hat Mo sehr lieb, so wie er ist. Doch jeden Tag nach der Schule, ist Mo seine Verpflichtung, seine Verantwortung und vor allem sein Problem. Er kann nicht mit Freunden abhängen oder zum Fußball gehen. Karl sorgt dafür, dass Mo etwas zu Mittag isst, sich nach einer Ketchup Orgie wäscht und wenn er sich mal vor Aufregung in die Hose macht, prügelt sich Karl nicht nur mit den Kindern, die ihn auslachen, er säubert auch seine Trainingshose. Bei all dem sieht Mama nicht, was Karl mit Mo so erlebt, auch nicht, dass Karl immer schlechter wird in der Schule. Als er endlich mit dem rothaarigen Mädchen eine Verabredung zum Schwimmen hat, bittet er Mama an dem Tag einmal ohne Mo zu sein. Nach langen Hin und Her stimmt sie zu, die Schicht mit einer Kollegin zu tauschen, doch irgendjemand meint es nicht gut mit Karl. Denn das Kind der Kollegin wird krank und dann sitzt Karl wieder da, leider mit Mo. Er entscheidet, seinen Bruder alleine zu lassen und sich eine Stunde wegzuschleichen. Natürlich kann das nicht gut gehen!
Aber am Ende wird alles wieder gut und auch Karls und Mos Eltern müssen einsehen, dass auch Karl noch ein Kind ist und Hilfe braucht. Wie so oft bei den Kinderbüchern bei Thienemann vergebe ich das Prädikat ›sehr wertvoll‹ für dieses Kinderbuch! Die Illustrationen sind so passend und liebenswert, dass man Mo und Karl bei jeder Zeile vor sich sieht.
Sieben Tage Mo, Oliver Scherz, Illustrator Philip Waechter, Thienemann Verlag, gebundenes Kinderbuch ab 11 Jahre, Seiten 176, ISBN 978-3-522-18648-3, Euro 16,00, erschienen am 30.08.2023.